Das Prinzip ist klar: Künftig sollen nicht mehr in jedem Fall Mieterinnen und Mieter die Maklerprovision bezahlen, sondern derjenige, der die Dienste der Maklerin auch in Anspruch nimmt. Sprich: Beauftragt die Mieterin einen Makler mit der Wohnungssuche, zahlt die Mieterin. Beauftragt ein Vermieter eine Maklerin mit der Mietersuche, zahlt der Vermieter.

Dieses sogenannte Bestellerprinzip wird von Mieterschützerinnen und Mieterschützern seit langem verlangt, vor kurzem ist der Entwurf von Justizministerin Alma Zadić vorgestellt worden. Rund um den Jahreswechsel soll es in Kraft treten. Doch welche Auswirkungen es auf den heimischen Wohnungsmarkt haben wird, das ist noch nicht ganz klar. Makler-Interessenvertretungen erwarten massive Einkommenseinbußen, in Zahlen: 28,8 Millionen Euro pro Jahr. Gleichzeitig würden sich Mieterinnen und Mieter rund 50 Millionen Euro jährlich an Maklerprovisionen ersparen.

Weniger Mietwohnungen?

Dass ein Bestellerprinzip aber auch grundlegende Veränderungen für den jeweiligen Wohnungsmarkt bedeutet, zeigt das Beispiel Deutschland. Hier ist das Gesetz am 1. Juni 2015 eingeführt worden. Seitdem zahlt, wer engagiert.

"Ich habe ein Experiment gemacht", sagt Christian Osthus, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Immobilienverbands Deutschland. "Ich habe am 31. Mai auf diversen Immobilienportalen nach Mietwohnungen geschaut, und dann am 1. Juni wieder. Über Nacht ist knapp die Hälfte des Angebots verschwunden." Denn das Vermarkten von Mietwohnungen sei für die meisten Vertreter der Branche nicht mehr lukrativ.

Demnach ist sich Osthus sicher, dass für Mieterinnen und Mieter zwar oft die Kosten der Maklerprovision wegfallen, die Chance auf die richtige Wohnung aber sehr viel niedriger ist.

Dieses Argument sieht Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund nicht. "Wenn Mieterinnen und Mieter Probleme haben, eine passende Mietwohnung zu finden, dann liegt es sicher nicht am Bestellerprinzip, sondern an der generell hitzigen Situation am Markt."

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Getty Images

Für Hartmann hat das Gesetz aus Mieterinnen- und Mietersicht genau das erfüllt, wofür es eingeführt wurde: "Die Mieter wurden entlastet, und die Zahl der Umgehungsversuche über Servicegebühren oder Möbelabschlagszahlungen hält sich auch sehr in Grenzen." Das bestätigt auch der Endbericht des Gesetzes, den das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im Juli 2021 im Auftrag der Bundesregierung aufgesetzt hat: "Zusammengefasst ist das mit dem Bestellerprinzip verfolgte Ziel der Entlastung der Mieter demnach überwiegend erreicht worden." Auch die Befürchtung, dass Vermieterinnen und Vermieter die Mehrkosten der Maklerprovision durch höhere Mieten ausgleichen wollen, trat nicht ein. "Die Ergebnisse zeigen, dass empirisch keine Überwälzung der Maklerkosten auf die Miete durch das Bestellerprinzip zu erkennen ist – auch nicht im Teilmarkt der Neubauwohnungen", heißt es in dem Bericht.

Osthus beobachtet, dass viele Vermieterinnen und Vermieter wieder zum Maklerservice zurückgekommen sind. "Eine Wohnung zu vermieten ist ja auch ein Aufwand. Wenn Sie eine Wohnung in Toplage haben, werden Sie mit Anfragen überschüttet. Dazu kommt noch die zu wahrende Privatsphäre und die generelle Überforderung mit der Aufgabe", sagt er. Doch die Zahlen sind klar: Statt 62 Prozent nehmen nun im Schnitt 35 Prozent der Vermieter einen Makler zur Vermarktung, heißt es im Endbericht.

Schlagendes Argument

Osthus kritisiert derweil die andere Seite. Es sei nicht möglich, dass ein Mieter einen Makler engagiert, um auf Wohnungssuche zu gehen. Denn wenn ein Makler eine Mietwohnung findet und sie vom Mieter nicht als passend empfunden wird, also kein Vertrag zustande kommt, ist die Wohnung für den Makler "verbrannt" (Osthus). Der Makler hat die Wohnung ja quasi schon gefunden, kann sie also nicht mehr suchen. Die einzige Möglichkeit, diese Wohnung nun anderen potenziellen Mieterinnen und Mietern anzubieten, besteht darin, mit dem Vermieter ein Engagement einzugehen. Dieser hat dann aber auch die Provision zu bezahlen.

Was Österreich von Deutschland lernen kann? Osthus empfiehlt, das Prinzip, das heuer für den Verkauf von Immobilien in Deutschland eingeführt wurde, auch auch Mietwohnungen zu übertragen. Das besagt, dass die Provision quasi zwischen Verkäuferin und Käufer aufgeteilt wird. "Das ist ja nur mehr als fair, schließlich ist der Makler für beide Seiten da", sagt Osthus. Mieterschützerin Hartmann hält dagegen: "Es macht das, was es soll."

In Österreich wird es wohl darauf hinauslaufen, dass man das deutsche System kopieren wird. Im Durchschnitt mussten deutsche Maklerbüros Umsatzeinbußen von rund 37 Prozent hinnehmen. Das dürfte der Branche auch hierzulande blühen. Gleichzeitig dürften Mieterinnen und Mieter ordentlich Geld sparen. Der Endbericht rechnet vor: "Die meisten Mieter […] sparen durch die Einführung des Bestellerprinzips im Schnitt etwa 2,4 Nettokaltmieten pro Monat bei der Neuanmietung einer Wohnung. […] Bei einer durchschnittlichen Bruttokaltmiete von 533 Euro je Wohnung in Deutschland entspricht das rund 1.280 Euro pro Neuanmietung." Für Mieterinnen und Mieter ein schlagendes Argument. (Thorben Pollerhof, 23.4.2022)