Als die Unis auf Distanzlehre umstellten, zogen viele Studierende aus ihren Zimmern aus. Nachträglich steht fest, dass sie in vielen Fällen ihre Verträge sofort hätten kündigen können.

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Als im März 2020 die Pandemie über Österreich hereinbrach, verließen zahlreiche Studierende schlagartig ihre Studentenheime und kündigten die Verträge. Manche Betriebe zeigten sich kulant, andere bestanden weiterhin auf Mietzahlung. Eine Studentin, die zwei Jahre lang prozessierte, um ihr Geld zurückzubekommen, hat nun vom Obersten Gerichtshof recht bekommen. (OGH 23.2.2022, 4 Ob 191/21y)

Distanzlehre

Da die Fachhochschule der Studentin aufgrund des Lockdowns auf Distanzlehre umstellte, zog sie im März 2020 zurück in ihre Heimatstadt Bratislava. Wenig später wandte sie sich mit einer Mail an ihr Studentenheim und kündigte ihren Vertrag: Sie benötige das Zimmer wegen der Distanzlehre nicht mehr. Ihre Familie sei zudem in einer sozialen Notlage, weil sich ihr Vater aufgrund der Pandemie in finanziellen Schwierigkeiten befinde. Das Studentenheim lehnte jedoch ab. Es ließ die Kündigung zwar mit Ende Juni zu, verlangte für April aber weiter Miete und behielt für Mai und Juni die hinterlegte Kaution ein.

Wenig später klagte die Studentin und verlangte das Geld zurück. Das Bezirksgericht Donaustadt und das Landesgericht Wien gaben allerdings dem Heim recht. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Vertragsauflösung waren aus Sicht der Richterinnen und Richter nämlich nicht erfüllt. Schließlich sei ein Studentenheimzimmer trotz Umstellung auf Distanzlehre weiterhin "brauchbar". Die Studentin habe den Studienort "freiwillig verlassen", wofür sie selbst verantwortlich sei.

"Nicht zumutbar"

Der Oberste Gerichtshof sah das in seiner aktuellen Entscheidung nun anders: Die Corona-Pandemie, die Umstellung auf Distance-Learning sowie die Reisebeschränkungen zwischen dem Studienort Wien und der Slowakei seien ein "wichtiger Grund" gewesen, den Vertrag mit dem Wohnheim vorzeitig zu beenden. Das Zimmer trotz Distanzlehre weiterhin zu benutzen sei der Studentin deshalb "nicht zumutbar" gewesen. Die zu viel bezahlte Miete muss das Studentenheim nun zurückbezahlen.

Somit steht nachträglich fest, dass in vielen Fällen Studierende ihre Verträge wohl sofort hätten kündigen können. Wer damals keine Kündigung einreichte, hat allerdings keine Möglichkeit mehr, das Geld zurückzubekommen. (japf, 22.4.2022)