So könnte Tupandactylus imperator – hier in künstlerischer Rekonstruktion – ausgesehen haben.
Bild: Bob Nicholls

Es gehört einiges Glück dazu, wenn Lebewesen, die vor hundert Millionen Jahren verstorben sind, noch bis heute Spuren auf der Erde hinterlassen haben und neugierige Menschen auf sie stoßen. So ist es auch mit dem Fossil eines Flugsauriers, der in Brasilien entdeckt und der Art Tupandactylus imperator zugeordnet wurde. Heute sind die technischen Möglichkeiten sogar so gut, dass auch winzigste Bestandteile dieser uralten Überreste unter die Lupe genommen – oder genauer: in das Rasterelektronenmikroskop gelegt – werden können.

Dabei machte das internationale Forschungsteam eine bemerkenswerte Entdeckung, über die es im Fachmagazin "Nature" schreibt. Das Lebewesen besaß nämlich offenbar Federn, die jenen von Vögeln ähnlicher sind als bisher gedacht. Noch dazu hatten die Federn unterschiedliche Färbungen, was darauf hindeutet, dass sie auch der Kommunikation zwischen Tieren dienten – und nicht nur dem Kälteschutz oder der Aerodynamik.

Federn oder Pycnofasern?

Um die Bedeutung des Fundes zu verstehen, ist es hilfreich, sich den aktuellen Wissensstand rund um den Saurierstammbaum und bisherige Funde vor Augen zu führen. Pterosaurier – oder Flugsaurier – sind selbst keine Dinosaurier, aber mit diesen verwandt, wie auch etwa mit Vögeln und Krokodilen. In den vergangenen Jahrzehnten konnten Fachleute mit wachsender Sicherheit feststellen, dass einige Dinosaurier ein Federkleid trugen. Rund um die Flugsaurier war die Lage aber nicht so klar: Ihnen wurden nur haarartige Strukturen zugesprochen. Um sie von Vogelfedern sowie von "echten" Haaren, die den Säugetieren zu ihrem Fell verhalfen, zu unterscheiden, bezeichnete man die Strukturen der Flugsaurier mit einem völlig anderen Begriff, nämlich als Pycnofasern.

Doch nicht alle Paläontologinnen und Paläontologen sind mit dieser Sonderkategorie einverstanden. Im Kontext der aktuellen Pterosaurier-Studie, an der sie ebenfalls beteiligt war, spricht die Paläobiologin Maria McNamara vom University College Cork in Irland von Federn. Sie geht davon aus, dass bereits die gemeinsamen Vorfahren von Flug- und Dinosauriern einfache Federn besaßen – damit wäre das Federkleid evolutionär älter als angenommen, nämlich bis zu 250 Millionen statt etwa 180 Millionen Jahre alt.

Tupandactylus imperator und sein Kamm

Die neue Studie zeigt, dass Flugsaurier auch etwas komplexere (Proto-)Federn besaßen. Der 113 Millionen Jahre alte brasilianische T. imperator beherrschte die Luft mithilfe seiner Membranflügel, die zwischen jeweils einer Körperseite und einem langen Finger aufgespannt waren; seine Spannweite betrug etwa fünf Meter. Am Großteil seines Körpers hatte der Pterosaurier offenbar etwa fünf Millimeter kurze, einfache Filamentstrukturen, die für viele Fachleute zum Prinzip der Pycnofasern passen dürften. Außerdem entdeckte die Forschungsgruppe aber auch längere Fasern, die eher an Federn erinnern.

T. imperator hatte unterschiedlich strukturierte und gefärbte Federstrukturen, zeigt die Studie.
Bild: Julio Lacerda

Diese befinden sich an jener Struktur, die einem bei den Rekonstruktionen von T. imperator wohl als Erstes ins Auge sticht, nämlich dem hohen Kopfkamm. Von der Hinterseite dieses Kamms bis zum Nacken spürte das Team die komplexeren Federn auf.

Diese dienten womöglich nicht nur dem Schutz vor Kälte – womit die Forschenden Argumente in Bezug auf einen weiteren Streitpunkt liefern, nämlich für die Funktion der (Proto-)Federn. Die meisten Forschenden betonen vor allem die wärmende Funktion des Flaums, der sich zu diesem Zweck bei den vermutlich warmblütigen Tieren entwickelt haben soll.

Kommunikativer Kopfschmuck

Die Nackenfedern könnten aber zudem der Kommunikation gedient haben, schreiben McNamara und ihr Team. Denn im Rasterelektronenmikroskop betrachtet fanden sie heraus, dass diese Federn verschiedenförmige Pigmentkörnchen aufwiesen, die man Melanosomen nennt. Sie wurden nun erstmals bei Flugsauriern nachgewiesen. Die Zellen, die das Pigment Melanin enthalten, gibt es ebenfalls bei Dinosauriern, vor allem aber bei Vögeln – und sie sorgen für die Färbung von Federn.

Aus den gefärbten Elementen schließen die Fachleute, dass damit womöglich eine Signalfunktion einherging. Diese wurde bereits für den – nach bisherigen Kenntnissen noch auffälligeren – Kopfkamm vermutet: Auch er dürfte bisherigen Funden zufolge mit gewissen Mustern Aufmerksamkeit erregt haben und könnte beispielsweise bei der Paarung seine volle Geltung entfaltet haben.

Ausdiskutiert ist die Frage nach den Federn der Flugsaurier damit gewiss noch nicht, aber das Forschungsteam liefert ein wichtiges Puzzleteil, um mehr über Aussehen und Verhalten der rätselhaften Lebewesen zu erfahren. Anzeichen für ein so schickes und dichtes Federkleid wie bei vielen heute lebenden Vögeln gibt es in dieser Tiergruppe noch nicht – doch sie waren bei einem solch imposanten Kamm vielleicht auch gar nicht nötig. (Julia Sica, 23.4.2022)

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