Jakob Jantscher hat sich an das Jubeln gewöhnt. Er trifft selbst ins Tor oder bereitet Treffer für die Mitspieler vor. Von den Ideen seines Trainers Christian Ilzer ist er überzeugt.

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Jakob Jantscher ist bescheiden. Der 33-Jährige nennt nicht drei Faktoren, um den Lauf von Sturm Graz zu begründen. "Mir genügt ein Faktor. Wir haben vor zwei Jahren den Schnitt gemacht, eine durchgehende Spielphilosophie entwickelt. Gibt es eine Idee, und wird sie umgesetzt, kommt der Erfolg. Uns fehlte die Konstanz." Ideengeber waren Trainer Christian Ilzer und sein Betreuerstab. "Ilzer ist erfolgshungrig. Er hat uns diese Gier vermittelt, auf uns übertragen. Wie sind alle bereit, das Maximum aus uns rauszuholen."

Stürmer Jantscher lebt auf. Das System, 4-4-2 mit Raute, ist maßgeschneidert auf ihn. "Anlaufen, Pressing, das taugt mir. Wir provozieren beim Gegner Ballverluste." Sturm ist fünf Runden vor Schluss Zweiter, hat acht Zähler plus auf Rapid. Am Sonntag kommt es in Hütteldorf zum direkten Duell, vor einer Woche in Graz gab es ein 2:1. Jantscher erzielte dabei sein elftes Saisontor.

Die österreichische Fußballliga besteht bekanntlich aus Red Bull Salzburg und dem elf Vereine umfassenden Rest. Salzburg kann mit einem Sieg gegen die Wiener Austria rechnerisch den Titel fixieren, erst den neunten hintereinander. Jantscher akzeptiert diese Dominanz. "Vielleicht ist sie etwas mühsam, aber sie ist Fakt. Sie haben eben mehr Geld und die besseren Ideen, schon lange eine durchgehende Philosophie. Aber ich denke schon, dass die Lücke kleiner werden kann." Momentan beträgt sie zwölf Punkte, das ist ein großes Loch.

Uneitel

Jantscher ist ein Teamplayer. Er zählt nicht zu jenen Stürmern, die ohne eigenen Torerfolg depressiv werden und in Hungersnot geraten "Es ist schön, selbst zu treffen, aber genauso wunderbar ist es, ein Tor aufzulegen. Es geht ja immer um den Erfolg der Mannschaft, nicht um persönliche Eitelkeiten."

Rückblick: Jantscher ist eine Sturm-Ikone, der Steirer kann noch romantische Geschichten erzählen. Als Bub stand er, in einen schwarz-weißen Schal gehüllt, auf der Tribüne – und schwärmte vom aus Ivica Vastic, Hannes Reinmayr und Mario Haas bestehenden magischen Dreieck. "Mit Haas hab ich dann selbst noch gespielt. Was will man mehr, Träume können wahr werden." 2007 holte ihn Franco Foda von den Amateuren in die Kampfmannschaft, Jantscher bekam die Nummer 13. "Weil keine andere frei war. Mit Aberglauben kann ich nicht dienen." 2010 wechselte er zu Salzburg, um dann halb Europa zu erkunden: Russland (Dynamo Moskau), die Niederlande (Nijmegen), die Schweiz (FC Luzern), die Türkei (Rizespor). "Wichtige Erfahrungen, obwohl ich nicht überall der Welt einen Hax’n ausgerissen habe." Er bestritt 23 Länderspiele (ein Tor). Ob er je wieder das Teamleiberl tragen wird, weiß er nicht. "Keine Ahnung, ob der neue Teamchef auf mich wartet. Ich wäre bereit, es wäre eine große Ehre."

Durcheinander

Im Jänner 2018 kehrte er heim zu Sturm. Sein Vertrag läuft bis 2023. "Ich lasse mir alles offen. Geld ist natürlich nicht unwichtig, aber die Aufgabe, die Herausforderung zählen." Vor ein paar Monaten wurde Gerüchte über einen Wechsel in die USA gestreut. "Letztendlich nichts Konkretes." Das Comeback in Graz war zunächst etwas mühsam, ein Durcheinander. Sturm wechselte Trainer fast so oft wie ein Zwei-Sterne-Hotel die Bettwäsche. Heiko Vogel, Günther Neukirchner, Roman Mählich, Nestor El Maestro und Thomas Hösele waren Ilzers unmittelbare Vorgänger. "Mit Ilzer kam die Wende, die Ordnung."

Jantscher, er ist verheiratet und hat zwei Kinder, fühlt sich pudelwohl. Er kennt das Geschäft, weiß, dass Vereinstreue ein Auslaufmodell ist. "Es ist wichtig, dass die Spieler, die da sind, in einer kurzen Zeit etwas bewirken." Er führt Kelvin Yeboah als Beispiel an, der im Winter zu Genua wechselte. "Er war eine Bereicherung." Jantscher lechzt nach dem Match gegen Rapid. "Von den Emotionen her ist es die aufregendste Partie in Österreich. Die Stimmung ist immer großartig, es wird ein Kampf. Unsere Stärke ist, dass wir unberechenbar sind." In der Schützenliste liegen drei Grazer mit je elf Toren auf Platz drei. Yeboah kann nicht mehr zulegen. Im Gegensatz zu Manprit Sarkaria und Jantscher.

Nach der Karriere, wann immer das auch sein mag, bleiben er und seine Familie in der Nähe von Graz. Die Jantschers haben eine Obstplantage, bauen Äpfel und Birnen an, die man bekanntlich nicht vermischen darf. Der selbst produzierte Williams-Brand soll hervorragend sein. Jantscher sagt: "Ich habe eben Visionen – als Familienmensch und als Fußballer." (Christian Hackl, 23.4.2022)

Mögliche Aufstellungen der 6. Runde der Meistergruppe:

SK Austria Klagenfurt – WAC (Klagenfurt, Wörthersee Stadion, 14.30 Uhr, SR Eisner). Bisherige Saisonergebnisse: 1:1 (h), 1:2 (a), 2:1 (a)

Klagenfurt: Menzel – Blauensteiner, Gkezos, Saravanja, Schumacher – Rieder, Rep, Moreira – Fridrikas, Pink, Jaritz

Ersatz: Moser – Maciejewski, Von Haacke, Amanda, Miesenböck, Pecirep

Es fehlen: Timossi Andersson, Cvetko, Gemicibasi (alle gesperrt), Mahrer, N. Wimmer, Paul, Fuchs, Hasenhüttl, Hadzic (alle verletzt)

WAC: A. Kofler – Jasic, Dedic, Lochoshvili, Novak – Veratschnig, Leitgeb, Liendl, Taferner – Röcher, Vizinger

Ersatz: Kuttin – D. Gugganig, Spranger, Tauchhammer, Wernitznig, Stratznig, Baribo

Es fehlen: Scherzer (Sprunggelenk), Baumgartner (Muskelprobleme)

Fraglich: Peretz (Muskelprobleme)

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Red Bull Salzburg – Austria Wien (Wals-Siezenheim, Red-Bull-Arena, 14.30 Uhr, SR Altmann). Bisherige Saisonergebnisse: 1:0 (h), 1:0 (a), 2:1 (a)

Salzburg: Köhn – Kristensen, Solet, Wöber, Ulmer – Capaldo, Camara, Sucic, N. Seiwald – Adeyemi, Okafor

Ersatz: Mantl – Van der Brempt, Piatkowski, Bernardo, Junuzovic, Aaronson, Kjaergaard, Sesko, Adamu

Es fehlen: Koita (im Aufbautraining), Okoh (Knie), Vallci (Fersenprobleme), Guindo (Rücken)

Fraglich: Junuzovic (Wade)

Austria: Pentz – Mühl, Martel, Galvao – Martins, Braunöder, Fischer, Suttner – Keles, Vucic, Jukic

Ersatz: Helac – Handl, Ivkic, Schoissengeyr, Demaku, Grünwald, Ohio, Djuricin

Es fehlen: Teigl (Kopfverletzung), El Sheiwi (nach Kreuzbandriss), Huskovic (muskuläre Probleme)

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SK Rapid Wien – SK Sturm Graz (Wien, Allianz Stadion, 17.00 Uhr, SR Gishamer). Bisherige Saisonergebnisse: 0:3 (h), 2:2 (a), 1:2 (a)

Rapid: Hedl – Stojkovic, Hofmann, Dibon, Moormann – M. Oswald, Ljubicic – Demir, Druijf, Grüll – Zimmermann

Ersatz: Gartler – Querfeld, Arase, Schick, Knasmüllner, Binder, Schobesberger, Kitagawa

Es fehlen: K. Wimmer, Aiwu (beide gesperrt), Gartler (verletzt/erkrankt), Auer (Oberschenkel), Grahovac (Wade), Greiml (nach Knie-OP), Schuster (Knochenmarksödem), Petrovic (Trainingsrückstand)

Sturm: Siebenhandl – Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Dante – Hierländer, Gorenc-Stankovic, Sarkaria, Prass – Jantscher, Höjlund

Ersatz: Schützenauer – Lang, Ljubic, Jäger, Kuen, Niangbo, Kronberger

Es fehlt: Geyrhofer (rekonvaleszent)

Fraglich: Kiteishvili (angeschlagen)