Wolfgang Katzian sagt auch den durch die hohen Gaspreise gestiegenen Profite der Stromversorger den Kampf an: Er fordert Sondersteuer.

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ÖGB-Chef Wolfgang Katzian will der Teuerung nicht nur in den Lohnverhandlungen, sondern auch durch die Senkung der Mehrmehrsteuer auf Lebensmittel entgegenwirken. Die Steuer sollte man "halbieren oder sogar für ein halbes Jahr aussetzen", so Katzian im Interview mit "oe24". Auch den Stromversorgern, die derzeit vom hohen Gaspreis profitieren würden, will der ÖGB-Chef mit Sondersteuern die Daumenschrauben ansetzen – wie hoch diese ausfallen sollte, sagte er nicht.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner geht sogar noch einen Schritt weiter: Sie fordert die Regierung angesichts der explodierenden Preise auf, die Mehrwertsteuer für Lebensmittel auf null zu setzen. Die EU habe dies mit einer neuen Richtlinie ermöglicht. Und diesen Vorschlag sollte die Regierung nun umsetzen, sagte sie am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Denn "es kann nicht sein, dass der Staat noch profitiert von der Teuerung".

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"Strudelteig"-Gespräche

Rendi-Wagner drängte einmal mehr zu raschem Handeln. Es gelte, "eine soziale Krise zu verhindern", viele Menschen könnten sich das tägliche Leben nicht mehr leisten. Auch der ÖGB-Chef fordert mehr Tempo: Die Gespräch mit dem Finanzministerium zur Bekämpfung der Inflation liefen, würden sich aber "wie ein Strudelteig" ziehen. "Die Leute im Land sind schon richtig angefressen."

Nötig wären für die SPÖ-Chefin "gezielte Maßnahmen", um die Preise zu senken und die Menschen steuerlich zu entlasten: Zeitlich befristete Senkung von Mineralölsteuer oder der Mehrwertsteuer auf Gas und Strom, Energiepreisdeckel für Niedrigverdiener, vorgezogene Pensionserhöhung um fünf bis sechs Prozent und Steuerreform mit 1.000 Euro jährlicher Ersparnis für arbeitende Menschen.

Das würde in Summe auch drei bis vier Milliarden Euro Entlastung ausmachen, aber treffsicherer helfen, argumentierte Rendi-Wagner. Die aktuell diskutierte Abschaffung der Kalten Progression würde sie auch begrüßen – allerdings mit einem Automatismus nur für untere und mittlere Steuerstufen.

Breite Oppositionskritik

FPÖ-Obmann Herbert Kickl sowie SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch kritisierten am Sonntag ebenfalls die Trägheit der Regierung in Sachen Inflation und nahmen in ihren jeweiligen Aussendungen Bezug auf eine Umfrage des Instituts für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD) im Auftrag der "Kronen Zeitung". Laut dieser könne mehr als die Hälfte der Bevölkerung ihre Ausgaben für Einkauf, Strom, Gas und Treibstoff nur noch schwer stemmen. Eine überwiegende Mehrheit von 80 Prozent habe wegen der Inflation bereits ihr Konsumverhalten geändert.

Für Kickl "ist die Senkung der Steuern auf Energiekosten, Treibstoffe und Grundnahrungsmittel das Gebot der Stunde". Deutsch plädierte indessen dafür, dass die Teuerung "von der Regierung zurückgegeben werden" müsse und fordert eine "Geld-Zurück-Garantie".

Keine temporären Lösungen

Aus dem Finanzministerium hieß es indessen, die Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) "raten zur Bekämpfung der Inflation auf strukturelle Veränderungen statt auf temporäre Einzellösungen zu setzen. Wir tun das in Österreich bereits und zudem haben wir ein Entlastungspaket in Höhe eines Prozents unseres BIP in Umsetzung", sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in einer Aussendung im Anschluss an die Tagungen des IWF und der Weltbank der vergangenen Tage.

Die Weltbank-Experten würden zudem eine Rückkehr zu einer nachhaltigen Budgetpolitik empfehlen, sofern das im Rahmen der Krise möglich sei. Das würde der Europäischen Zentralbank (EZB) weiteren Handlungsspielraum im Kampf gegen die Inflation geben. Dieser Handlungsspielraum sei derzeit nur begrenzt vorhanden, so Brunner.(APA, etom, red, 24.4.2022)