Die Regierung verbessert den Rechtsschutz an der Börse.

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Es waren deutliche Worte, mit denen der Europäische Gerichtshof (EuGH) vor einem halben Jahr Reformbedarf an der Wiener Börse aufzeigte: Die Kommission, die Übernahmen von börsennotierten Aktiengesellschaften prüft, sei "kein unabhängiges und unparteiisches Gericht". Zudem sei gegen ihre Bescheide kein "wirksamer Rechtsbehelf" möglich.

Mit einem Gesetzesentwurf, der derzeit zur Begutachtung aufliegt, bessert das Justizministerium nun nach. Entscheidungen der Kommission sollen künftig leichter überprüft werden können. Dafür will das Ministerium am Oberlandesgericht Wien eine neue Instanz einführen, die nicht nur Rechtsfragen, sondern auch den Sachverhalt prüfen kann.

Defizite beim Rechtsschutz

Aufgabe der Übernahmekommission ist es, die Einhaltung der Vorschriften im Übernahmegesetz zu überprüfen. Erlangen Großaktionäre etwa eine kontrollierende Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft, müssen sie laut dem Gesetz allen anderen Anteilshabern ein Angebot zum Kauf von deren Aktien machen. Das soll kleineren Aktionären die Möglichkeit geben, ihre Anteile ebenfalls an die übernehmenden Großaktionäre zu verkaufen.

Im Fall eines Verstoßes erlässt die Behörde einen Feststellungsbescheid. Im Anlassverfahren (EuGH 9.9.2021, C-546/18) sah der Gerichtshof dabei allerdings zwei Probleme beim Rechtsschutz.

Zum einen ist der Feststellungsbescheid der Kommission im nachfolgenden Verwaltungsstrafverfahren bindend. Problematisch ist das deshalb, weil zwar die Gesellschaften selbst, nicht aber deren Vorstände im Verfahren Parteienrechte haben. Sie können sich also nicht aktiv am Verfahren beteiligen.

Zum anderen kann der Bescheid der Kommission nur beim Obersten Gerichtshof bekämpft werden. Das Höchstgericht prüft jedoch nur reine Rechtsfragen und nicht die Sachverhaltsfeststellungen der Behörde. Aus Sicht des EuGH müssten die Entscheidungen jedoch vollumfänglich anfechtbar sein, weil die Kommission selbst kein "unabhängiges und unparteiisches Gericht" sei.

Neue Gerichtsinstanz

Künftig soll gegen Entscheidungen der Übernahmekommission daher ein Rekurs an das Oberlandesgericht Wien möglich sein. Damit könnte fortan auch überprüft werden, ob die Kommission den Sachverhalt richtig festgestellt hat.

Zudem soll die Parteistellung von betroffenen Personen wie Vorständen verbessert werden. Sie dürfen künftig am Verfahren der Kommission teilnehmen. Wird ihnen das verwehrt, darf auf Basis der Entscheidung keine Strafe gegen sie verhängt werden. In Kraft treten soll die Novelle bereits dieses Jahr. (Jakob Pflügl, 25.4.2022)