Der am Wochenende beschlossene Digital Services Act hat es in sich. Nicht nur, dass den Social Networks einheitliche Regeln im Kampf gegen Hass im Netz vorgegeben werden – auch ihre Algorithmen werden stärker unter die Lupe genommen, und die Einschränkungen in der digitalen Werbung werden ihnen ebenfalls zusetzen. Das schützt wiederum die Menschen in Europa ebenso wie die neuen Maßnahmen gegen Betrug und Produktpiraterie im Onlinehandel. Alles gut also? Das wäre schön. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass bei EU-Digitalgesetzen Wunsch und Wirklichkeit in etwa so weit auseinanderliegen wie Oslo und Lissabon.

Der neue Digital Services Act soll unter anderem vor Betrug im Internet schützen.
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So war auch die DSGVO gut gemeint, sorgte bei ihrem Inkrafttreten vor knapp vier Jahren aber hauptsächlich für Augenrollen aufgrund dutzender E-Mails, die um Zustimmung zur Datenverarbeitung bettelten. Nach kurzem Murren haben wir den Social Networks doch wieder unsere Daten anvertraut. Und die meisten Menschen akzeptieren stets alle Cookies einer Website, obwohl sie Tracking per se ablehnen. Ähnliches gilt beim österreichischen Hass-im-Netz-Gesetz: Das ist zwar eine gute Sache, seine Möglichkeiten wurden bisher aber kaum ausgereizt. Damit hier mehr Bewegung hineinkommt, braucht es mehr als nur die legislativen Bemühungen: Das gesamte System – von der Userin bis zum Richter – muss die neuen Chancen nutzen. Tun wir dies nicht, so bleiben wir im Kampf gegen das Unrecht im Netz weiterhin zahnlos. (Stefan Mey, 24.4.2022)