Einer hat – immerhin – etwas gesagt. Während die restliche ÖVP-Spitze die Finanzaffäre ihrer Vorarlberger Filiale niederzuschweigen versucht, nahm Wolfgang Sobotka in der ZIB 2 Stellung. Obendrein ließ sich das Statement gar nicht so unkritisch an. Die Politik dürfe nicht "durchtauchen" und Vorwürfe "beiseiteschieben", mahnte der Nationalratspräsident, sondern müsse "Fehler eingestehen".

Wolfgang Sobotka wünscht sich, dass die Finanzaffäre in Vorarlberg nicht kriminalisiert wird.
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Doch ehe dem verblüfften Publikum ein spontanes Lob entfleuchen konnte, kratzte Sobotka die Kurve von der Reflexion zur Verharmlosung. "Aber man soll aufhören", fügte er an, "das zu kriminalisieren."

Von dem Appell dürfen sich nicht nur Staatsanwälte, Oppositionelle und Medien angesprochen fühlen. Es ist niemand Geringerer als der Gesetzgeber, der jenes potenzielle Delikt, um das sich die im schwarzen Wirtschaftsbund Vorarlbergs angesiedelte Causa dreht, unverschämterweise ins Kriminal rückt. Wer wissentlich Steuern nicht zahlt, wird doch glatt mit bösen Strafen bis hin zum Gefängnis bedroht. Auf den Gesetzesentwurf, um das zu ändern, darf man gespannt sein. Eine Mehrheit zu finden könnte für die ÖVP schwer werden.

Damit soll nicht gesagt sein, dass wirklich bewusst Steuern hinterzogen wurden. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Doch falls Sobotka da etwas verwechselt haben sollte: Präventiver Freispruch ist damit nicht gemeint. (Gerald John, 24.4.2022)