Gläubige feiern den orthodoxen Ostersonntag in der zerstörten Kirche der Ortschaft Peremoha, die in der Hauptstadtregion liegt.

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Selbst am Ostersonntag des orthodoxen Christentums schwiegen die Waffen in der Ukraine nicht. Fast schon zynisch wandte sich Russlands Präsident Wladimir Putin in einer Botschaft an alle Gläubigen und alle Russen und sprach davon, dass Ostern das "Beste in den Menschen" hervorbringe und den "Glauben an den Triumph von Leben, Güte und Gerechtigkeit" inspiriere.

Gleichzeitig ging der Beschuss des Stahlwerks in der belagerten Hafenstadt Mariupol mit Bomben aus der Luft und Artillerie weiter. Tausende Menschen halten sich noch in der riesigen Industrieanlage versteckt – darunter nicht nur Bewaffnete, sondern auch Zivilisten. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak fordert von Moskau erneut eine "Sonderrunde" der Friedensgespräche, um die Eingeschlossenen zu befreien. Kiew will gefangene russische Soldaten gegen eine Feuerpause und einen humanitären Korridor aus Mariupol tauschen. Russland solle eine echte Waffenruhe zu Ostern verkünden und einen Rest seines Rufs schützen, schrieb Podoljak.

Mehr Waffen

In einer Pressekonferenz am Samstag in einer Kiewer U-Bahn-Station warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die russische Seite, dass es keine Friedensverhandlungen geben werde, wenn auch nur ein Verteidiger im Stahlwerk getötet werde. Gespräche könnten ebenso wenig stattfinden, sollte Russland weiter an seinem Vorhaben festhalten, in den besetzten Regionen von Cherson und Saporischschja Unabhängigkeitsreferenden abzuhalten.

Noch sei es den ukrainischen Truppen nicht gelungen, den Belagerungsring um Mariupol zu brechen, aber man hoffe auf größere Waffenlieferungen aus dem Ausland. "Sobald wir genügend haben", sagte Selenskyj, "werden wir sofort besetzte Gebiete zurückerobern."

Hoher US-Besuch

Über militärische Hilfen sollten am Sonntag US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin mit dem ukrainischen Präsidenten beraten. Die beiden Männer waren laut Selenskyjs Büro in Kiew erwartet worden. Es sollte der höchstrangige US-Besuch in der ukrainischen Hauptstadt seit dem russischen Einmarsch werden. Ein Sprecher der ukrainischen Regierung vermeldete am späten Abend, dass Blinken in Kiew eingetroffen sei, ohne weitere Details zu nennen.

In Sachen Waffenlieferungen könnte Deutschland demnächst 100 Kampffahrzeuge vom Typ Marder in die Ukraine exportieren. Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall Landsysteme hat einen entsprechenden Antrag bei der deutschen Bundesregierung eingebracht, wie die Welt am Sonntag berichtet. Es handelt sich dabei um das erste Ansuchen um Rüstungsexporte der deutschen Industrie seit dem russischen Einmarsch vor zwei Monaten.

UN-Diplomatie

Diese Woche bringt sich auch der Generalsekretär António Guterres ins Spiel und reist heute, Montag, in die Türkei, das eine vermittelnde Rolle zwischen der Ukraine und Russland eingenommen hat. Selenskyj hat erst am Sonntag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan über Schiffsblockaden und mögliche Sicherheitsgarantien gesprochen. Am Dienstag trifft Guterres schließlich den russischen Präsidenten Wladimir Putin, um am Donnerstag mit Selenskyj in Kiew zu sprechen.

Im Ausland für Aufsehen gesorgt hat eine Aussage des österreichischen Außenministers Alexander Schallenberg, der sich am Samstag gegen einen EU-Vollbeitritt der Ukraine, aber für "maßgeschneiderte Angebote" von Brüssel an Kiew ausgesprochen hat. Er verwies beim Mediengipfel in Lech auf die Emotionalität des Moments und erinnerte daran, dass auch andere Länder wie Bosnien-Herzegowina schon länger der Union beitreten wollen.

Schlechte Kampfmoral

Die russische Armee musste laut britischen Geheimdienstinformationen diese Woche Rückschläge an der Front im Osten des Landes hinnehmen. Obwohl es den Streitkräften gelungen ist, mehr Territorium einzunehmen, würde die ukrainische Armee zahlreiche Angriffe verhindern. Außerdem sollen Ortschaften im Süden wieder unter ukrainische Kontrolle gelangt sein. Die russische Armee leide vor allem unter schlechter Moral und zu wenig Zeit, um sich neu zu formieren.

Im Norden verstärkt Moskau indessen laut ukrainischen Informationen seine Streitkräfte. In Belgorod sollen sich zusätzliche Einheiten und mobile Raketenwerfer vom Typ Iskander-M befinden. (Bianca Blei, 24.4.2022)