Im Gastblog sprechen die Journalisten Chiara Köck und Benedikt Kapferer mit Matthew Caruana Galizia.

Es ist ein Nachname, der sich in den vergangenen Jahren in die Welt des europäischen Journalismus eingebrannt hat wie kaum ein anderer: Caruana Galizia. Er erzählt seine ganz eigene Geschichte. Als am Nachmittag des 16. Oktober 2017 auf Malta eine Bombe unter einem Autositz explodierte, änderte sich für die Familie alles: Daphne, 53 Jahre alt, starb an Ort und Stelle. Der Grund: Sie hat ihre Arbeit gemacht.

Daphne Caruana Galizia war maltesische Investigativjournalistin. Sie wurde ermordet, weil sie Korruption und Geldwäsche bei Politikerinnen und Politiker aufdeckte. Auf der Mittelmeerinsel war sie für ihre Recherchen gefürchtet. Ihr Sohn Matthew, selbst Journalist, führt nun ihre Arbeit fort. Seiner Meinung nach wurde sie ermordet, weil sie ihren Job richtig und mit Leidenschaft ausgeübt habe. "Je besser du diesen Job machst, desto mehr wirst du verfolgt werden", sagt er im Gespräch beim Mediengipfel.

Matthew Caruana Galizia beim Mediengipfel in Lech.
Foto: Medienakademie

Klagen als Hürden

Damit kritisiert er die schwierigen Bedingungen für investigative Reporterinnen und Reporter in Europa. In den vergangenen Jahren hätte vor allem die juristische Verfolgung große Hindernisse in den Weg gelegt. "Zum Zeitpunkt ihrer Ermordung kämpfte meine Mutter gegen 46 Klagen", spricht er die unerträglichen Zustände in ihrer Arbeit an. Sie raubten schlichtweg Zeit und Energie, diese Hürden zu überwinden.

Matthew Caruana Galizia spricht dabei über sogenannte SLAPP-Klagen. Der englische Begriff steht für "Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung". Mit ihnen versuchen Amtsträger und Behörden, kritischen Reporterinnen und Reportern Steine in den Weg zu legen. Nun werden sie gegen ihn und seine Familie weitergeführt.

Der Kampf gegen mafiöse Strukturen und Korruption werde so gleichsam zum Kampf gegen Windmühlen. Noch dazu, weil seine Mutter weitgehend allein war. Sie sei zwar über 30 Jahre im Journalismus tätig gewesen und habe gute Quellen und Informanten gehabt. "Sie war aber sehr isoliert und musste eigenständig arbeiten", sagt er.

Vom Mord zum Daphne-Project

Der Versuch, mit dem Attentat kritische Berichterstattung mundtot zu machen, schlug jedoch fehl. Denn neben politischen Rücktritten löste es auch eine Welle der Solidarität aus. In der Branche verstärkte sich dadurch der Drang zu Kooperationen. Gemeinsame Rechercheprojekte wurden zum neuen Standard. Beispielsweise konnte Caruana Galizia im International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) viele Verbündete finden. So war er etwa auch bei den gemeinsamen Recherchen zu den Panama Papers involviert. Nicht zuletzt erhielt er dafür den Pulitzer-Preis.

Mit dem von ihm mitbegründeten "Daphne Project" hält er die Erinnerung an seine Mutter wach. Er spürt aber auch eine große Last auf seinen Schultern: "Die Leute zählen auf uns, sie sehen Daphnes Vermächtnis als eine Chance. Wenn wir nicht erfolgreich sind, würde das viele entmutigen. Der Kampf um Gerechtigkeit inspiriert die Menschen", sagt er.

Letztlich erzählt er damit nicht nur ihre Geschichte weiter, sondern er setzt viel grundlegender an: "Es geht nicht nur um den Journalismus, sondern um unsere Demokratien als Ganzes". Fünf Jahre nach ihrem Mord bleibt der Name von Daphne Caruana Galizia eine Mahnung für die Mediengesellschaften des 21. Jahrhunderts. (Chiara Köck, Benedikt Kapferer, 26.4.2022)