Im Gastblog hat der Journalist Neil Rafferty den Vortrag von Außenminister Schallenberg mitverfolgt.

Solange Putin in Russland an der Spitze stehe, werde es keine Rückkehr zu den Beziehungen mit Russland wie vor dem Krieg geben, betonte Außenminister Alexander Schallenberg beim Mediengipfel in Lech. "Putins brutaler Überfall auf die Ukraine hat den Glauben zerschlagen, dass unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung sich von allein auf der Welt durchsetzt", sagt Schallenberg. Wobei er eine enge Anbindung der Ukraine durch eine Vollmitgliedschaft an die EU kritisch sieht. Stattdessen plädiert er dafür, auf dem Westbalkan endlich "Nägel mit Köpfen" zu machen. Diesen Ländern stehe man hinsichtlich EU-Beitrittsverhandlungen im Wort. Unbestritten sei hingegen die Wichtigkeit einer weiteren Vertiefung der Beziehungen zur Ukraine. "Wir exportieren unser westliches Lebensmodell mit seinen Grund- und Freiheitsrechten", betont der Minister.

Alexander Schallenberg beim Mediengipfel in Lech.
Foto: ProMedia/Florian Lechner

Mehr Mitgliedschaftsmodelle

In Österreich wie auch in der EU insgesamt gebe es schon konkrete Pläne, wie man sich in den nächsten zwei bis drei Jahren in puncto Gas unabhängig von Russland mache. Das aktuelle Prinzip – entweder EU-Vollmitgliedschaft oder Nichtmitglied – sei für ihn nicht flexibel genug. Stattdessen brauche es aus seiner Sicht mehr Modelle in den Assoziierungsverträgen. Eine Möglichkeit wären zum Beispiel Mitentscheidungsrechte von Nichtmitgliedern in der EU-Energie-Strategie: "Da müssen wir rote Linien übertreten."

Bezogen auf den Krieg in der Ukraine sagte Schallenberg: "Österreich ist militärisch neutral, aber nicht politisch." Den Beitritt zu einem Militärbündnis schloss er kategorisch aus. Stattdessen forderte er eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Fragen: "Wie kann man sich als neutraler EU-Staat militärisch positionieren? Welche Stellung nimmt das Bundesheer ein?" In der Sicherheitspolitik der EU-Länder brauche es seiner Meinung nach bessere Kooperation. Die Sanktionen gegenüber Russland seien aus seiner Sicht notwendig, "denn wir befinden uns in einem harten Wettbewerb der Lebensmodelle", sagt Schallenberg. Doch für Europa sehe er gute Chancen, diesen Kampf zu gewinnen. Dazu sollte sich die EU ihrer eigenen Stärke bewusst werden. (Neil Rafferty, 27.4.2022)