Auch Starkregen soll die Leistung kaum schmälern.

Foto: NRL

Drahtlose Stromübertragung klingt nach Science-Fiction, ist aber in einfacher Ausführung bereits Teil unseres Alltags. Viele Smartphones, aber auch andere Alltagsgegenstände wie elektrische Zahnbürsten können ohne Kabelverbindung oder Batterietausch aufgeladen werden. Möglich macht dies das Verfahren der Gegeninduktion. Manche Hersteller arbeiten hier bereits an Systemen, die die drahtlose Energieversorgung unserer Gadgets in Wohnräumen ermöglichen sollen.

Die US-Armee bäckt da etwas größere Brötchen. Forscher des Naval Research Laboratory (NRL) der US Navy arbeiten daran, Stromversorgung aus dem Weltall Realität werden zu lassen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist kürzlich gelungen: Man konnte erfolgreich Strom über einen Kilometer Entfernung übertragen.

USNRL

SCOPE-M

"Power Beaming" nennt sich die Technologie, die in diesem Fall auf Mikrowellenübertragung aufbaut. Bei einem Feldversuch am Militärgelände Blossom Point (Maryland) konnte man das gesteckte Ziel einer Maximalleistung von einem Kilowatt (1.000 Watt) deutlich übertreffen und sogar 1,6 kW erreichen. Bei einem Testlauf auf einem Gelände des MIT konnte diese Leistung zwar nicht erreicht werden, dafür aber eine höhere durchschnittliche Leistung.

Bei dem "SCOPE-M"-Verfahren ("Safe and Continuous Power Beaming – Microwave") wird die Energie vom Sender in Form eines stark fokussierten Richtstrahls mittels Mikrowellen "verschickt". Am anderen Ende steht eine Gleichrichtantenne, die diese Wellen einfängt und mittels einer Diode in Gleichstrom umgewandelt. Hier fehlt theoretisch nur noch ein Wechselrichter, um letztlich nutzbaren Wechselstromoutput zu erzeugen.

Bei der Übertragung operiert man im Zehn-GHz-Spektrum, auch weil hierfür das benötigte Equipment bereits gut entwickelt ist. Bei der Entwicklung achte man auch auf die Sicherheit für Lebewesen, heißt es seitens des NRL. Während bei früheren Power-Beaming-Versuchen, in denen man mit Lasern arbeitete, das System automatisch ausgeschaltet wurde, wenn sich Menschen oder Tiere dem Strahl annäherten, sei die Leistungsdichte bei diesem Verfahren gering genug, um keine gesundheitliche Gefahr darzustellen.

24/7-Stromversorgung aus dem All

Die Entwickler sehen ihre zwei erfolgreichen Tests als den wichtigsten Fortschritt für "Power Beaming" seit 50 Jahren. Das derzeitige terrestrische System ist ein Proof-of-Concept. Ziel ist, diese Form der Energieversorgung aus dem All zu entwickeln und rund um die Uhr zu ermöglichen, um die Abhängigkeit der Bodentruppen von konventioneller Strom- und Treibstoffzufuhr zu verringern. Das SCOPE-M-System ist laut den Entwicklern auch recht resilient gegen Wettereinflüsse. Selbst bei Starkregen liege der Leistungsverlust bei weniger als fünf Prozent. Ein Paper zur Entwicklung hat man im "IEEE Journal of Microwaves" (PDF) veröffentlicht.

Versorgungslogistik ist bei militärischen Operationen eine zentrale Herausforderung. Eine, mit der die russischen Truppen beim Angriffskrieg gegen die Ukraine immer wieder zu kämpfen hatten. Insbesondere beim mittlerweile abgebrochenen Vorstoß auf die Hauptstadt Kiew kam es durch schlechte Planung und ukrainische Angriffe auf die Nachschublinien immer wieder zu erheblichen Problemen. Bilder von Militärlastwagen und Panzern, die mangels Treibstoff zurückgelassen und von Ukrainern teilweise mit Traktoren abgeschleppt wurden, gingen um die Welt. (gpi, 25.4.2022)