"Complimenti an Marine Le Pen, allein gegen alle, kohärent und lächelnd. Weiter gemeinsam!" So kommentierte Italiens bekanntester Rechtspopulist Matteo Salvini nach der Wiederwahl von Emmanuel Macron tapfer.

Bisher kein siegverwöhntes Gespann: Matteo Salvini und Marine Le Pen.
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Der Chef der fremdenfeindlichen und EU-kritischen Lega und ehemalige Innenminister ist zu Hause in Italien seit Monaten auf Talfahrt in den Umfragen – und auch bei seiner strategischen Partnerin in Frankreich hat er kein Glück.

Absturz in den Umfragen für Salvini

Eine mehr als blamable Figur hatte Salvini auch vor zwei Monaten gemacht, als sein Idol Wladimir Putin die Ukraine überfiel und der Lega-Chef sich nicht herausreden konnte aus seiner vormaligen Bewunderung für den russischen Präsidenten.

Bei den jüngsten Umfragen in Italien lag die Lega nur noch bei 15 Prozent der Stimmen; bei der Europawahl 2019 hatte die Partei noch mehr als das Doppelte erzielt.

Aus dem persönlichen Niedergang Salvinis abzuleiten, dass die Rechtspopulisten in Italien insgesamt ihre besten Zeiten hinter sich hätten, wäre aber verfehlt. Denn was Salvini derzeit verliert, das gewinnt Giorgia Meloni: Die Chefin der postfaschistischen Fratelli d'Italia legt in den Umfragen stetig hinzu: Die "Brüder Italiens" gelten mit 22 Prozent inzwischen als die (potenziell) stärkste politische Kraft im Land. Bei den Europawahlen war Melonis Partei nur auf sechs Prozent gekommen.

Die Distanz zu Putin schlägt sich in guten Umfragewerten nieder: Giorgia Meloni, Chefin der Fratelli d'Italia.
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Zählt man die 15 Prozent der Lega und die acht Prozent der liberal-konservativen Berlusconi-Partei Forza Italia dazu, kommen die rechtspopulistischen Parteien in Italien immer noch auf 45 Prozent.

Siegt Meloni 2023?

Meloni hat die Putin-Begeisterung Salvinis nie geteilt, was ihr nun zugutekommt. Hinzu gesellt sich der "Draghi-Effekt": Solange der angesehene und beliebte ehemalige EZB-Präsident die Regierung anführt, dürften die Populisten in den Umfragen jeweils unter ihrem wahren Wert geschlagen werden. Draghis Zeit als Premier läuft jedoch ab, und er wird bei den Parlamentswahlen im Frühling 2023 erklärtermaßen nicht kandidieren.

Es ist also sehr gut möglich, dass Giorgia Meloni in elf Monaten genau das schaffen wird, was Marine Le Pen verwehrt blieb: als erste Frau ins mächtigste Amt ihres Landes gewählt zu werden. (Dominik Straub aus Rom, 25.4.2022)