Nicht immer sind Kinder so glücklich beim Zähneputzen, dennoch gehört die richtige Zahnpflege von Anfang an dazu.

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Ab dem ersten Zahn sollten die Zähne geputzt werden – diesen Satz kennen die meisten Jungeltern. Aber kaum ist der erste Zahn da, tauchen bei vielen Fragen auf: Sollte man gleich eine Zahnbürste benutzen? Welche Zahncreme sollte man für sein Baby verwenden? Und ab wann steht eigentlich der erste Zahnarztbesuch an?

Steht man dann vor dem Zahnpastaregal, werden die vielen Fragezeichen nicht unbedingt weniger. Im Gegenteil: Die riesige Auswahl an Produkten für Kinderzähne verunsichert oft noch mehr. Katrin Bekes, Leiterin des Fachbereichs Kinderzahnheilkunde an der Med-Uni Wien, rät: "Wichtig ist, von Beginn an eine Kinderzahnbürste zu benutzen und mit einer fluoridierten Zahnpasta zu putzen."

Die richtige Zahncreme

Fluorid ist das Stichwort. Derzeit werden vermehrt Kinderzahnpasten ohne Fluorid beworben. Der Grund dafür könnte sein, dass in den vergangenen Jahren immer wieder Stimmen aufkamen, die Fluorid als Gift bezeichneten oder behaupteten, dass es den IQ beeinflussen würde. Denn: Studien aus den USA und der Schweiz haben diese Faktoren bei Fluorid untersucht. Die Studien konnten jedoch keine konkreten Ergebnisse liefern, und bis jetzt gab es auch keine weiteren Studien, die bestätigen konnten, dass sich Fluorid negativ auf den Körper auswirken könnte. Richtig ist allerdings, dass größere Mengen an Fluorid tatsächlich giftig sein können. Aber um wirkliche Vergiftungssymptome zu entwickeln, müsste ein Kleinkind schon eine ganze Tube Zahnpasta auf einmal essen.

Was jedoch wissenschaftlich belegt ist, ist die Wirkung von Fluorid auf die Zahngesundheit. Bekes weiß: "Fluoride wirken zuverlässig, um die Mundgesundheit und Kariesprophylaxe zu fördern und dem Kariesbefall entgegenzuwirken." Die Fluoride lagern sich im Zahnschmelz ein, machen ihn dadurch widerstandsfähiger und bilden eine Schutzschicht auf der Schmelzoberfläche. "Selbst wenn beginnende kariöse Läsionen bereits durch weiße Verfärbungen auf den Zähnen erkennbar sind, können sie durch Fluorid wieder remineralisiert, also geheilt werden", weiß die Expertin.

Damit das Fluorid richtig wirken kann, sollten die Kinderzähne zweimal täglich mit entsprechender Zahncreme geputzt werden. Wie viel davon dabei zum Einsatz kommen soll, hängt vom Alter des Kindes ab. Bekes: "Die empfohlene Menge in Kinderzahncremen ist 1.000 ppm Fluorid (kurz für Parts per Million, Anm.). Babys ab dem ersten Zahn bis 24 Monate bekommen eine reiskornkleine Menge davon auf die Zahnbürste. Zwischen dem zweiten und dem sechsten Lebensjahr wird dann auf eine erbsengroße Menge erhöht.

Damit Kinder von Anfang an lernen, wie richtiges Zähneputzen geht, sollten Eltern es ihnen zeigen. Ab zwei Jahren können die Kleinen dann schon anfangen, selbst die Zähne zu putzen. Bis zum neunten Lebensjahr allerdings sollten Eltern die Kinderzähne in jedem Fall noch einmal nachputzen.

Weitere Hilfsmittel

Dennoch reicht regelmäßiges Zähneputzen allein nicht bei allen Kindern aus. Stehen die Zähne sehr eng aneinander, sollte auch Zahnseide bereits bei den Kleinsten verwendet werden. Bekes weiß: "Bei den Backenzähnen eines Erwachsenen gibt es nur einzelne Kontaktpunkte zum Nachbarzahn. Anders verhält es sich bei den Milchzähnen. Da liegt bei eng anstehenden Milchzähnen fast die gesamte Fläche am anderen Zahn an." Es ist also sehr viel Kontaktfläche vorhanden, wo die Zahnbürste allein nicht dazwischenkommt und Karies leicht entstehen kann. Diese Zwischenräume können nur mit Zahnseide gereinigt werden.

Sollte es trotz aller Bemühungen zu Karies in den Milchzähnen kommen, ist eine Behandlung unbedingt notwendig. Denn: Karies in den Milchzähnen kann die darunterliegenden Zähne im Kiefer beschädigen. Außerdem kann es zu Sprachentwicklungsstörungen kommen, wenn etwa die Schneidezähne so stark betroffen sind, dass die Zähne kaum noch vorhanden sind. Kinder fangen schnell zu lispeln an, wenn die Zunge keinen Widerstand mehr durch die Schneidzähne hat. "Die einfachste Form der Behandlung kariöser Zähne sind Füllungen. Wenn ein Zahn schon sehr stark betroffen ist, können sogar Kronen zum Einsatz kommen", erklärt die Expertin.

Da frühkindliche Karies mittlerweile zu den häufigsten chronischen Erkrankungen bei Kindern zählt, sollte auch bereits ab dem ersten Zahn ein Termin beim Zahnarzt vereinbart werden. Zum einen gewöhnen sich die Kinder an die Zahnärztin, sodass Ängste erst gar nicht entstehen, und zum anderen bekommen auch die Eltern dort wichtige Tipps zum richtigen Putzen der Zähne.

Hypomineralisierter Zahnschmelz

In den vergangenen Jahren ist in der Zahnmedizin ein weiteres Thema immer größer geworden: die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, kurz MIH – umgangssprachlich auch als Kreidezähne bekannt. Der Name Kreidezähne kommt daher, dass der Zahnschmelz der betroffenen Zähne sehr leicht bröckelt – ähnlich wie ein Stück Kreide, das man zwischen den Fingern zerbröseln kann. Seit wann es MIH gibt, ist nicht bekannt, aber Bekes weiß: "Erst 2001 wurde der Begriff dafür definiert. Das heißt aber nicht, dass es das nicht schon vorher gab. Nur hatte man eben keinen Namen dafür."

Von MIH sind in der Regel nicht die Milchzähne, sondern die ersten bleibenden Zähne betroffen. Meistens sieht man das Phänomen bei Backenzähnen, aber auch Schneidezähne können zusätzlich die Demineralisationsstörung aufweisen. "Typischerweise haben die Zähne an den betroffenen Stellen weißliche oder gelb-braune Fleckungen. Je dunkler und je größer sie sind, desto stärker ist auch die Porosität des Zahnes", erklärt die Kinderzahnärztin.

Datenlage dünn

Wie viele Kinder von MIH betroffen sind, darüber gibt es in Österreich keine genauen Zahlen. In Salzburg gibt es ältere Daten, die von elf Prozent aller Kinder sprechen. In Graz sind es sieben Prozent. In Deutschland weisen aktuelle Daten allerdings auf knapp 30 Prozent hin. "Wobei man sagen muss, dass ein Großteil der Kinder, die betroffen sind, nur einen sehr milden Grad aufweisen, etwa einen weißen Fleck auf dem Backenzahn." Dieser macht keinerlei Beschwerden und fällt meistens auch erst beim Zahnarztbesuch auf. Sind jedoch größere Stellen betroffen, hilft nur noch, die betroffenen Stelle durch eine Füllung zu ersetzen. In seltenen Fällen kann es sogar so weit kommen, dass der betroffene Zahn durch eine Krone ersetzt werden muss.

Was der Grund für Kreidezähne ist, darüber gibt es noch keine aussagekräftigen Studien. Hinweise, dass etwa Getränke aus Plastikflaschen Auslöser sein könnten, haben sich nicht bestätigt. Da sich die ersten Ansätze der betroffenen Zähne bereits im Mutterleib kurz vor Ende der Schwangerschaft bilden und erst mit dem fünften Lebensjahr abgeschlossen sind, wird der Fokus der derzeitigen Forschungen auf diese Jahre gelegt. Bekes erklärt: "Die Hauptverdächtigen sind derzeit verschiedene Kinderkrankheiten wie fieberhafte Infekte, Mittelohrentzündungen, Bronchitiden und Lungenentzündungen, genauso wie Medikamente, allen voran Antibiotika." (Jasmin Altrock, 28.4.2022)