Immer öfter ist es möglich, auch abseits von "männlich" oder "weiblich" etwas ankreuzen zu können. Ein kleiner Ausbruch aus der binären Geschlechterordnung.

Foto: imago images/Christian Ohde

Auch die Sprache der Emanzipation ändert sich. War während der zweiten Frauenbewegung und viele Jahre danach vorwiegend von der "Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen" die Rede, haben sich Formulierungen rund um Gleichstellungspolitik geändert und immer öfter und durchaus ganz bewusst ist nun von Gleichstellung "zwischen den Geschlechtern" die Rede.

Das verdankt sich der in den vergangenen Jahren lauter gewordenen Kritik an einem binären Geschlechtersystem. Diese Formulierung macht darauf aufmerksam, dass sowohl staatliche Institutionen als auch unser gesamtes Sozialleben von der Annahme geprägt ist, dass nur Buben oder Mädchen, Männer oder Frauen existieren. Doch sowohl auf der Ebene des biologischen Geschlechts, also "Sex", als auch auf der des sozialen Geschlechts, Gender, ist das bei weitem nicht die ganze Wahrheit. Intergeschlechtliche Menschen werden etwa mit körperlichen Merkmalen geboren, die sich nicht nur als männliche oder weibliche Geschlechtsmerkmale einordnen lassen. Das kann die Hormonproduktion ebenso betreffen wie die Geschlechtsorgane, denn bei der Entwicklung des biologischen Geschlechts kann es zu Varianten kommen. In Österreich geht man davon aus, dass etwa 1,7 Prozent der Bevölkerung intergeschlechtlich sind.

Alles, was nicht vorstellbar ist

Hinzu kommen aber noch alle, die sich aufgrund ihres sozialen Geschlechts nicht in ein binäres Geschlechtersystem einfügen. Beispielsweise nichtbinäre Menschen, also all jene, die sich nicht ausschließlich als männlich oder weiblich identifizieren – unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht. Sie stehen somit außerhalb eines binären Geschlechtersystems, und sind daher auch heute noch – wie auch intergeschlechtliche Menschen – zahlreichen Formen von Diskriminierung ausgesetzt. Diese Diskriminierungen entstehen aufgrund der Annahme, jeder Mensch müsse entweder "männlich" oder "weiblich" sein und das "binäre Geschlechtersystem" sei das einzige vorstellbare.

Ein konkretes Beispiel für eine solche Diskriminierung ist, dass bis vor wenigen Jahren in Österreich in Dokumenten die einzigen möglichen Kategorien für den Eintrag "Geschlecht" "weiblich" oder "männlich" war. Seit kurzem gibt es auf rechtlicher Ebene einige Schritte, die die binäre Geschlechterordnung aufweichen. 2018 wurden im Personenstandsregister neben den Geschlechtseinträgen "weiblich" und "männlich" auch "divers" möglich. 2020 kamen auch noch "inter", "offen" und eine Streichung als Optionen hinzu. (beaha, 26.4.2022)