NS-Ensemble in der Ausstellung "Fortschritt durch Schönheit" im Mak: Hoffmann-Porträt, flankiert von "Fackeln" aus dem "Haus der Wehrmacht".

Foto: MAK/Georg Mayer

Zu jeder Biennale in Venedig gerät mit dem österreichischen Pavillon auch ein hoch politischer Bau in den Fokus: ein Renommierprojekt des autoritären "christlichen Ständestaats", für das mitten im seit Februar 1934 hierzulande tobenden Bürgerkrieg ein Wettbewerb ausgelobt worden war. Eine Jury wählte den Entwurf Josef Hoffmanns.

Mit der Bauleitung war jedoch der als regimetreu geltende Robert Kramreiter beauftragt worden. Ein Affront für Hoffmann, weshalb er Venedig fernblieb, als das Außensymbol der Kulturpolitik des jungen Dollfuß-Regimes im Mai 1934 eröffnet wurde.

Keine zwei Jahre später traten erste Bauschäden auf, die Hoffmann nach dem Machtwechsel 1938 teils sanieren ließ. Eine weitere Ausgestaltung wurde verschoben, da österreichische Künstler nach dem "Anschluss" im deutschen Pavillon ausstellen mussten.

Dies fällt in jenen Lebensabschnitt des Architekten, dem bislang nur beiläufig Beachtung zuteil wurde. Vorweg: Es ist kein sonderlich ruhmreiches Kapitel, und es kratzt am Nimbus des bis heute förmlich als Nationalheiliger der heimischen Moderne und Designgeschichte Verehrten.

Anbiederung nur eine Randnotiz

Geprägt ist die allgemeine Wahrnehmung Hoffmanns (geboren 1870) von seinem Schaffen, seiner Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule und der Mitbegründung der Secession sowie der Wiener Werkstätte als Laboratorium zeitgemäßer Gestaltung. Hoffmanns Anbiederung an Regime, die die Ideologie einer kulturellen Großmacht forcierten und in deren Windschatten das Kunsthandwerk eine propagandistische Aufwertung erfuhr, blieb allenfalls eine Randnotiz.

In der knappsten Auslegung war er ein Opportunist, der den "Anschluss" begrüßte, weil er sich von den Nationalsozialisten einen wirtschaftlichen Aufschwung versprach und eine Belebung seiner Architekturpraxis erhoffte, wie sein Biograf, der Architekturhistoriker Eduard Franz Sekler, schon 1982 resümierte.

Vier Dekaden später wurde das Bild nun vervollständigt: In der soeben zu Ende gegangenen Ausstellung Auf Linie des Wien-Museums, die sich im Musa mit der NS-Kunstpolitik in Wien beschäftigte, war Hoffmann einer von vielen Akteuren, deren Personalakten der Reichskammer der bildenden Künste Wien man durchforstet hatte. Als Standes- und Berufsvertretung, die sämtliche im März 1938 aufgelösten künstlerischen Berufsverbände ersetzte, war sie die mächtigste Institution zur politischen Lenkung des Kunstgeschehens.

"Haus der Mode"

In der im Museum für angewandte Kunst (Mak) bis 19. Juni laufenden Retrospektive zum Werk des "Geschmacksstifters" werden die Jahre 1938 bis 1945 zwar nicht ignoriert, aber auch nicht sonderlich thematisiert. In einem begleitenden Symposium Mitte März diskutierte man die unrühmliche Rolle Hoffmanns gerade einmal in einem Panel. Details zum Thema finden sich im Katalog. Anknüpfungspunkte liefern Exponate, wie etwa ein Porträtgemälde Hoffmanns von 1942. Anlässlich seines 70. Geburtstag, zu dem im Festsaal des Wiener Rathauses ein Empfang stattfand, hatte Gauleiter Baldur von Schirach die Schaffung dieses von Sergius Pauser für "die Ehrengalerie der Stadt" gemalten Bildnisses verfügt.

Flankiert wird das Gemälde im Mak von einem Paar Wandappliken aus dem "Haus der Wehrmacht", dem funktionslos gewordenen Gebäude der Deutschen Botschaft, das unter Hoffmanns Ägide 1940 zu einem Offizierskasino umgebaut wurde. Es war das größte realisierte Bauprojekt Hoffmanns dieser Zeit, sieht man von einigen Inneneinrichtungen ab. 1939 gestaltete er die Innenräume des zum "Haus der Mode" umfunktionierten Palais Lobkowitz um. Im gleichen Jahr übernahm er den Ehrenvorsitz des "Wiener Kunsthandwerkvereins", der Räume im arisierten Kaufhaus Ludwig Zwieback & Bruder bezog.

1941 wurde dort eine Entwurfs- und Versuchswerkstätte eingerichtet, in der der "begabte Nachwuchs" herangebildet werden sollte. Die Leitung hatte Josef Hoffmann inne, der kurz zuvor von von Schirach zum "Sonderbeauftragten des Kulturamtes der Stadt Wien für die künstlerischen Neubildung des Wiener Kunsthandwerks" ernannt worden war. Die Tätigkeit dieser Werkstätte ist nur fragmentarisch dokumentiert, etwa in zwei Berichten Hoffmanns ans Kulturamt. Darin finden mehrere Besuche von "Herrn u. Frau Reichsleiter" oder auch "Frau Reichsmarschall Göring", die eine Spielzeugtruhe bestellte, Erwähnung.

Kein Antisemitismus ableitbar

So evident Hoffmanns Nähe zum NS-Regime dokumentiert ist – eine einschlägige politische oder gar antisemitische Gesinnung lässt sich daraus nicht ableiten. Da hielt er sich ebenso bedeckt wie zu seinen Affären mit Männern. Dass er 1940, wie seit Jahren kolportiert, eine "arisierte Luxuswohnung" bezogen habe, in der er bis zu seinem Tod 1956 mit Ausblick auf den Belvedere-Garten lebte, ist übrigens falsch. Das zeigen aktuelle Recherchen des STANDARD, des Genealogen Georg Gaugusch und der Musa-Ausstellungskuratorin Ingrid Holzschuh. Die Vormieter, ein finanziell gut gestelltes Ehepaar, waren kurz zuvor in eine Villa nach Gersthof übersiedelt.

Mitglied der NSDAP war Hoffmann übrigens nie, wie aus einer Beurteilung der Gauleitung Wien hervorgeht, die ihn trotz seiner Tätigkeit für die Wiener Werkstätte, "die vollkommen verjudet war", mit Rücksicht auf sein hohes Alter "als politisch einwandfrei" einstufte. Zweifelsfrei habe sich Josef Hoffmann jedoch "in politischer Hinsicht indifferent verhalten und erst nach dem Umbruch sein deutsches Herz entdeckt". (Olga Kronsteiner, 26.4.2022)