Aus Widerstand gegen den Rechtspopulisten Janez Janša konnte der Manager Robert Golob so viele Slowenen aus dem linksliberalen Lager mobilisieren wie zuletzt vor zwanzig Jahren.

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Auf den Falken Janez Janša folgt in Slowenien nun Robert Golob – sein Name bedeutet übersetzt die "Taube". Der Mann, der das Mitte-links-Wähler-Spektrum hinter sich versammelte, wurde vor allem im Westen Sloweniens unterstützt. Aber er ist auch inhaltlich ein Mann des Westens und steht für Liberalismus.

Nach den Parlamentswahlen am Sonntag wird seine Freiheitsbewegung 41 der 90 Parlamentarier und Parlamentarierinnen entsenden. An zweiter Stelle liegt die rechtskonservative SDS von Janša mit 27 Abgeordneten, gefolgt von der christlich-konservativen NSi mit acht Parlamentariern. Die Sozialdemokraten (SD) haben nur sieben, die Linke (Levica) fünf Mandate errungen.

Das Wahlergebnis in Slowenien.

"Die Mitte-links-Wähler in Slowenien agieren taktisch, sie haben sich für jenen Kandidaten entschieden, der Janša besiegen konnte", erklärt der Politologe Marko Lovec von der Universität Ljubljana das extrem gute Abschneiden der Freiheitsbewegung Golobs, die erst im Jänner gegründet wurde.

Lovec meint, dass vor allem die Politik Janšas zur Mobilisierung der Mitte-links-Wähler geführt habe. Tatsächlich lag die Wahlbeteiligung bei einem Rekordhoch von fast 70 Prozent. Der 63-jährige Janša polarisierte das Land mit seinem rabiaten Stil und seiner klientelistisch-autoritären Vorgangsweise.

Gegenvorschlag

Ausschlaggebend sei wohl auch gewesen, dass die Freiheitsbewegung auf alle Angriffe Janšas mit einem personellen Gegenvorschlag als Wahlangebot geantwortet habe, sagt Lovec. Weil Janša die Staatsunternehmen mit Parteileuten besetzte und Golobs Vertrag als Geschäftsführer im Energieunternehmen Gen-I im November nicht verlängert wurde, trat dieser selbst auf die politische Bühne. Die ehemalige Richterin Urška Klakočar, die ebenfalls gehen musste, trat auch für die Freiheitsbewegung an, dasselbe gilt für die frühere Nachrichtenchefin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Mojca Šetinc Pašek.

Weil die Regierungspartei die Unabhängigkeit der Medien untergrub, ging auch sie in die Politik. Auch auf internationaler Ebene wollten die liberalen Eliten einen Gegenentwurf zu Janšas Allianz mit dem illiberalen Ungarn unter Viktor Orbán anbieten – die ehemalige Botschafterin in Deutschland, Marta Kos Marko wurde Vize-Parteichefin.

Am wahrscheinlichsten ist nun eine Koalition mit den Sozialdemokraten. "Ich erwarte, dass wir ein Stabilitätsfaktor in der Mitte-links-Regierung sein werden", sagte die SD-Vorsitzende und wahrscheinliche neue Außenministerin Tanja Fajon. In Wirtschaftskreisen wird über eine äußerst unwahrscheinliche Koalition mit der christlich-konservativen NSi spekuliert. Ganz auszuschließen ist nicht, dass die Linke Teil des neuen Kabinetts wird. Inhaltlich will sich die neue Regierung auf die Energiewende, etwa die Unabhängigkeit von russischen Quellen – unter anderem mithilfe von Atomkraft –, und Reformen im Gesundheitsbereich konzentrieren.

"Russische Einmischung"

Der bisherigen Regierungspartei SDS fällt offenbar der Abschied von der Macht schwer. SDS-nahe Medien spekulierten noch am Wahlabend über eine mögliche "russische Einmischung" in die slowenische Wahl. Das Narrativ wurde sogar von der Europäischen Volkspartei (EVP), der die SDS angehört, übernommen. Dabei hat die SDS bei den Wahlen keine großen Verluste erlitten, sie ist sogar mit zwei Mandataren mehr als vorher im Parlament vertreten.

Am 13. Mai – zehn Tage nach der Veröffentlichung der endgültigen Wahlergebnisse – soll das neue Parlament in Ljubljana zusammenkommen. Neben der Regierungsbildung wird zurzeit auch darüber diskutiert, ob die zwei kleineren Parteien aus dem Mitte-links-Spektrum, die diesmal den Einzug ins Parlament nicht mehr geschafft haben, mit der Freiheitsbewegung von Golob fusioniert werden könnten.

Golob selbst war in seiner Vergangenheit in einer dieser Fraktionen, jener von Ex-Premierministerin Alenka Bratušek, tätig. Manche seiner Anhänger sehen in ihm schon ein Abbild des legendären Janez Drnovšek, der in den 1990ern in der Lage war, die damaligen Liberaldemokraten zusammenzuhalten. Seitdem ist das nie mehr gelungen. Golobs Erfolg wird jedenfalls davon abhängen, ob er aus seiner Bewegung eine Partei mit Strukturen schaffen kann. (Adelheid Wölfl, 25.4.2022)