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Gerhard Schröder sagt sich nicht von Wladimir Putin los.

Foto: Reuters / Grigory Dukor

Es gibt, auch in diesen schwierigen Zeiten, gute Nachrichten für die SPD. Am Montag ist die Genossin Anke Rehlinger im Saarland zur neuen Ministerpräsidentin gewählt worden. Vier Wochen nach der Wahl, bei der CDU-Regierungschef Tobias Hans abgewählt wurde, regiert sie mit absoluter Mehrheit. Einen Koalitionspartner braucht Rehlinger nicht.

Ein seltener Freudentag also für die SPD – wäre da nicht der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Und Gerhard Schröder. Der deutsche Ex-Kanzler (1998 bis 2005) hat sich nun erstmals seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ausführlich über den Krieg geäußert, und zwar in einem Interview mit der New York Times.

Kein Umdenken bisher

Dieses zeigt: Ein Umdenken hat beim nunmehrigen Politrentner und Gaslobbyisten auch durch die Gräueltaten während des seit zwei Monate andauernden Krieges nicht stattgefunden. Zwar erklärt Schröder: "Ich denke, dieser Krieg war ein Fehler, und das habe ich auch immer gesagt." Zu den Massakern in Butscha meinte Schröder: "Das muss untersucht werden." Er glaubt aber nicht, dass Putin den Befehl gegeben habe. Ein solcher müsse von niedrigeren Stellen erfolgt sein.

Er selbst ist aber nicht bereit, von seinem Posten als Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft zurückzutreten oder sein Engagement für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream auf Eis zu legen. Dies, so Schröder, würde er nur tun, wenn Putin seine Gaslieferungen nach Europa und Deutschland einstellt.

Will Vermittler sein

"Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir", sagte Schröder. Details über seinen Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin im März wollte er nicht preisgeben. Nur eines: "Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass Putin daran interessiert ist, den Krieg zu beenden. Aber das ist nicht so leicht. Da gibt es ein paar Punkte, die geklärt werden müssen." Im März war der Ex-Kanzler – wie er erklärte, auf Bitten von ukrainischer Seite – nach Moskau gereist. Schröder bot sich auch im NYT-Interview neuerlich als Vermittler an.

Unwirsch reagierte SPD-Chefin Saskia Esken auf das Interview. Sie sagte am Montag: "Gerhard Schröder agiert seit vielen Jahren lediglich als Geschäftsmann, und wir sollten damit aufhören, ihn als Elder Statesman, als Altkanzler wahrzunehmen. Er verdient sein Geld mit der Arbeit für russische Staatsunternehmen, und seine Verteidigung Wladimir Putins gegen den Vorwurf der Kriegsverbrechen ist regelrecht absurd." Auf die Frage, ob Schröder aus der Partei austreten sollte, meinte Esken: "Das sollte er."

14 Anträge auf Parteiausschluss

Die SPD-Spitze hat Schröder bereits aufgefordert, seine Ämter in russischen Unternehmen aufzugeben. Doch das Schreiben der Parteichefs Esken und Lars Klingbeil blieb unbeantwortet. Er hätte sich gewünscht, dass nach zwei Monaten Krieg in der Ukraine auch Gerhard Schröder "die richtigen Konsequenzen zieht und seine Mandate aus dem russischen Energieunternehmen zurückgibt", sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Montag und stellte klar, dass Schröder mit seiner Haltung in Deutschland und auch in der SPD "komplett isoliert" sei.

Ein Parteiaustritt Schröders käme der SPD gelegen. Mittlerweile haben 14 Ortsverbände der SPD Anträge auf ein Parteiausschlussverfahren eingebracht. Doch das Prozedere dauert, und die SPD erinnert sich noch mit Schrecken an das jahrelange Gezerre um den Parteiausschluss des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin.

Im Gegensatz zu Schröder hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – bei einer Begegnung mit ukrainischen Holocaust-Überlebenden – den russischen Angriffskrieg und die Begründung Putins ("Entnazifizierung der Ukraine") dafür verurteilt: "Vielleicht zeigt nichts so sehr wie das Schicksal dieser Holocaust-Überlebenden, wie bösartig der Zynismus ist, mit dem dieser Krieg von Putin begründet worden ist." (Birgit Baumann aus Berlin, 25.4.2022)