Für ganz große Weihen wäre Markus Wallner im Rennen gewesen: Innerhalb und außerhalb der ÖVP gab es nicht wenige, die dem Vorarlberger Landeshauptmann das Kanzleramt zugetraut hätten. Seine Karriere war ja auch beeindruckend. Mit Anfang 40 hatte er auf dem Landeshauptmannsessel Platz genommen und das Land über ein Jahrzehnt lang fast skandalfrei geführt.

Jetzt kämpft Wallner um sein politisches Überleben, und es zeigt sich: Politisches Krisenmanagement kann er nicht. Wer sich die Abläufe in der Wirtschaftsbund-Affäre vor Augen hält, muss an der Glaubwürdigkeit des Landeschefs zweifeln.

Markus Wallner kämpft jetzt um sein politisches Überleben.
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Seit Herbst 2021 gärt es rund um das Inseratenmodell und das Finanzgebaren des Vorarlberger Wirtschaftsbundes. Zu Jahresbeginn war klar, dass die Sache auch für die Prüfer des Finanzamts interessant wird. Schon am 27. Jänner bringt der Wirtschaftsbund deshalb eine Selbstanzeige ein. Zwei Monate später werden erste Details publik – und Landesparteiobmann Wallner behauptet, er sei erst dann, am 28. März, "vom laufenden Betriebsprüfungsverfahren in Kenntnis gesetzt worden". Die wichtigste Teilorganisation der Partei zeigt sich aus Angst vor einer Steuerprüfung, bei der es um hunderttausende Euro geht, selbst an – und der Parteichef erfährt das zwei Monate später aus den Medien?

In diesem Stil geht es weiter: Es wird getarnt und getäuscht. Bei der Sonderlandtagssitzung am Montag sagt eine ÖVP-Abgeordnete, Wallner habe sicher nicht Inserate für die Wirtschaftsbund-Zeitung gekeilt, weil das nicht klug wäre – aber Wallner intelligent sei. ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück meint, man beleidige die "Intelligenz der Unternehmer", wenn man behaupte, diese hätten Druck verspürt. Wallner selbst meinte, er sei ja nicht "der oberste Buchhalter der Nation".

Das hat mit Aufklärungswillen nichts zu tun, sondern ist das Strampeln von Ertrinkenden. Wie dominant aber die Volkspartei trotz ihrer Notlage noch ist, merkt man an merkwürdigen Floskeln der Konkurrenz, die betont, dass sie "Markus (Wallner) als Menschen" schätze (Neos) oder ÖVP-Unterstützer, "die man liebt", in der Familie habe (Grüne) – fast als entschuldige man sich für Kritik an der ÖVP.

Es ist Zeit, das aufzubrechen: Mit einem U-Ausschuss im Landtag, mit mutigen Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich wehren und auspacken. Wallner muss garantieren, dass sie keine Vergeltung spüren werden – oder selbst gehen. (Fabian Schmid, 25.4.2022)