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Seit Jahresbeginn wird in Spanien über Missbrauchsfälle der vergangenen Jahrzehnte diskutiert.

Foto: REUTERS / JON NAZCA

Madrid – Spaniens Bischöfe haben Betroffenen von sexuellem Kindesmissbrauch in der Kirche um Verzeihung gebeten. Zum Auftakt der Vollversammlung der Spanischen Bischofskonferenz bat deren Vorsitzender Kardinal Juan Jose Omella am Montagabend die Opfer erneut um Vergebung für die "Verbrechen unserer Brüder". Omella betonte den Willen der spanischen Kirche, die Fälle aufzuklären, damit sich derartige Vorfälle nicht wiederholten.

"Neue Form der Sklaverei"

Den Missbrauch Minderjähriger bezeichnete der Erzbischof von Barcelona laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) als eine "neue Form globaler Sklaverei, die nicht thematisiert werden will", aber "die gesamte Gesellschaft betrifft". Dennoch weigerte er sich zum Unmut der spanischen Opferverbände, die Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei auszusetzen, die von den Bischöfen mit dem Gutachten über sexualisierte Gewalt in der spanischen Kirche beauftragt wurde.

Bereits vor einigen Wochen hatten mehrere Opferverbände angekündigt, die Zusammenarbeit mit der Bischofskonferenz bei der Aufarbeitung von Missbrauch auf Eis zu legen, sollte die Madrider Kanzlei "Cremades & Calvo-Sotelo" weiterhin die Untersuchungen leiten. Der Kanzlei steht Javier Cremades vor, der sich dazu bekennt, dem Opus Dei anzugehören. Der Anwalt hatte zugleich "Professionalität" bei der Klärung der Missbrauchsfälle versprochen. Die Mehrheit der spanischen Missbrauchsopfervereinigungen traut seiner Kanzlei aber keine unabhängige und neutrale Aufarbeitung zu.

Debatte durch Recherchen ausgelöst

"Die Entscheidung der Kirche, die Wahrheit zu suchen, empfinden wir als einen Schritt nach vorne. Die Wahl der Person, diese Untersuchung zu leiten, nicht", stellte Ana Cuevas vom Opferverband "Geraubte Kindheit" (Anir) bereits vor Wochen klar. Opus Dei habe in der Vergangenheit immer wieder "Opfer direkt bedrängt", so Cuevas gegenüber verschiedenen spanischen Medien. Sie sprach zudem von geringem Einfühlungsvermögen des Anwalts im Dialog mit Betroffenen.

Der politische Druck und die gesellschaftlichen Debatten rund um das Thema wurden zu Jahresbeginn durch einen Bericht der Zeitung "El Pais" ausgelöst. Reporter übergaben Papst Franziskus einen 385 Seiten umfassenden Bericht mit den Rechercheergebnissen. Demnach gab es in den vergangenen 30 Jahren mindestens 945 Missbrauchsfälle in Spaniens Kirche. Der Papst forderte die Bischöfe zur Klärung der Fälle auf. (APA, 26.4.2022)