Gewessler widerspricht: Es habe sich nicht um eine aktienrechtliche Weisung gehandelt.

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Wien – Die Tageszeitung "Kurier" hat von einer angeblichen Weisung von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) an die Asfinag vom Dezember berichtet, derzufolge zwei Projekte für den Schnellstraßen-Lückenschluss S1 rund um Wien (inklusive Lobautunnel) "ruhend gestellt" werden sollen. Während die Wiener Wirtschaftskammer konstatierte, dass Gewessler damit "abseits des Rechtsrahmens" agiert habe, wies das Ministerium zurück, dass es sich um eine aktienrechtliche Weisung gehandelt habe.

Dem "Kurier" soll jedenfalls ein Schreiben mit dem Datum vom 1. Dezember 2021 an den Vorstand der Asfinag vorliegen. Die Evaluierung des Bauprogramms sei inhaltlich abgeschlossen, hieß es demnach in dem sechsseitigen Schreiben. Die zwei Projekte für den Schnellstraßen-Lückenschluss S1 rund um Wien (inklusive Lobautunnel) würden "ruhend gestellt". Gezeichnet sei das Schreiben demnach mit dem Vermerk "Für die Ministerin" von Herbert Kasser, Generalsekretär im Ministerium und gleichzeitig Vize-Aufsichtsratschef der Asfinag.

Wirtschaftskammer sieht Verletzung des Aktienrechts

Die Wiener Wirtschaftskammer warf der Ministerin am Dienstag in einer Aussendung vor, durch dieses Vorgehen das Aktiengesetz verletzt zu haben. Denn der Eigentümer dürfe einer Aktiengesellschaft, und das ist die Asfinag, keine Weisungen erteilen. Wie auch die Organe der Asfinag solche Weisungen nicht befolgen dürfen – "vor allem wenn sie die Gesellschaft schädigen".

"Damit liegt nun ein weiterer Beweis auf dem Tisch, der belegt, dass die Bundesministerin abseits des Rechtsrahmens agiert. Die Politik hat dem Recht zu folgen. Der Rechtsstaat ist die Basis all unseres gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Handelns. Gesetze sind daher einzuhalten, auch von einer Bundesministerin", sagte Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien.

Berufung auf Gutachten

Die Rechtslage sei der Wirtschaftskammer zufolge auch durch Gutachten "breit belegt und eindeutig": "Eine Absage des Lückenschlusses des Regionenrings durch den Lobautunnel sei "rechtlich nicht gedeckt". Der Lobautunnel könne nicht von heute auf morgen abgesagt werden, wurde kritisiert.

Das Umweltministerium widersprach gegenüber dem "Kurier", dass es sich bei dem Schreiben um eine aktienrechtliche Weisung handle. Es sei vielmehr ein Vorgang gewesen, "der im Asfinag-Gesetz und im Fruchtgenussvertrag vorgesehen ist". Das Klimaministerium habe demnach die Aufgabe, mit der Asfinag jährlich ein Bauprogramm abzustimmen. Dort würden auch die Projekte für die nächsten sechs Jahre festgelegt. Genau das habe man auf Basis der Evaluierung getan, das Ministerium habe "natürlich auch umfassende Gutachten eingeholt, die bestätigen, dass diese Vorgehensweise rechtskonform ist". (APA, 26.4.2022)