Wenn auf einmal Elon Musk vom Display lächelt...

Foto: Twitter/stepgodkdm

"Ich hoffe, dass selbst meine schlimmsten Kritiker auf Twitter bleiben, denn das bedeutet Meinungsfreiheit," twittert Elon Musk kurz nach Bekanntwerden der Nachricht, dass der Tesla- und Space-X-CEO bald auch Twitter zu seinen Firmen zählen darf. Die Stimmen im Netz sind nicht besonders euphorisch. Zu viel Macht in einer Hand, ist etwa zu lesen oder auch, dass man mit dem Geld hätte Sinnvolleres machen können – etwa den Welthunger besiegen. Die heimische Twitteria hält sich aktuell noch vornehm zurück. Kaum Stimmen aus Sport oder Politik. Einzig einzelne Journalisten lassen ihre Meinung durchblitzen.

Kauf unter Dach und Fach

Dieser Tage wird eine Konversation aus dem Jahr 2017 aktueller denn je. Elon Musk schrieb damals: "Ich liebe Twitter." Der Journalist Dave Smith antwortete darauf: "Dann solltest du es kaufen", und Musk reagierte mit den Worten: "Wie viel kostet es?"

Fünf Jahre später ist Musk der reichste Mann der Welt, mit einem geschätzten Vermögen von rund 260 Milliarden Dollar. Der Kauf eines sozialen Netzwerks durch einen Mann, der Netflix Wokeness vorwirft, sich mit Memes über Bill Gates lustig macht und gelegentlich den Kurs einer Kryptowährung mit einem einzelnen Kommentar bewegt, sehen viele kritisch. Vor allem Journalisten, die sich schon länger mit Musk auseinandersetzen.

Während Österreichs größter persönlicher Twitter-Account, nämlich der von Armin Wolf, zu der Übernahme noch schweigt, hat sein ORF-Kollege Martin Thür am Montag bereits seine Bedenken zur Übernahme geäußert. "Dass ein Milliardär ein soziales Medium kauft, explizit um die Blattlinie zu ändern, macht die Abgrenzung zu klassischen Medien nicht einfacher." Die Grenzen zwischen Medien und sozialen Medien würden damit verschwimmen, meint Thür.

Die Journalistin und Autorin Ingrid Brodnig wirft die Frage auf, wie Musk die Moderation auf Twitter verringern und damit gleichzeitig den kommenden EU-Gesetzen entsprechen will, die gerade strengere Regeln für große Plattformen einführen, um etwa gegen Hassrede besser vorgehen zu können. Brodnig führt weiter aus: "Elon Musk spricht ja jetzt viel über Meinungsfreiheit – das Problem ist aber: Wenn digitale Plattformen nicht genügend gegen Hass im Netz machen, dann gefährden sie die Meinungsfreiheit der Betroffenen – denn es kommt zu 'Silencing', Opfer von Hass im Netz ziehen sich zurück."

Mit einem rund zwei Minuten langen Video kommentiert der Berater Rudi Fussi in erster Linie das Vermögen von Musk, das für den Kauf eingesetzt wurde. Wenn jemand so viel Geld habe, dann sei das ein Fehler im System. Damit spricht er aus, was in zahlreichen Twitter-Kommentaren zu lesen ist.

Der Journalist Tom Schaffer geht ebenfalls auf das Vermögen ein, jedoch auf eine etwas andere Art. Er wiederholt zur Verdeutlichung den oft gehörten Satz, "Milliardäre haben kaum Geld für Steuern." Das Vermögen sei ja nur virtuell und würde von "Neidhammeln" in der Regel nur aufgeblasen. Daraufhin liefert er die Fakten. Musk verkauft im Dezember 2021 Aktien für 16 Milliarden Dollar. Im April 2022 kauft er für 43 Milliarden Dollar Twitter.

Auch im benachbarten Deutschland melden sich große Twitter-Namen zu Wort. Der Satiriker Jan Böhmermann sieht etwa die EU in der Pflicht, eine Alternative zur Verfügung zu stellen. Er fordert auf Twitter nicht ganz unironisch den "Aufbau einer paneuropäischen öffentlich-rechtlichen Körperschaft zur Substituierung der kritischen Kernfunktionalität von Twitter, damit Bürger*innen, Behörden, Institutionen, Unternehmen und Medien über einen freien öffentlichen Ort des digitalen Austauschs verfügen".

Umfragen

Um das bestehende Meinungsloch vieler bekannter Stimmen zu füllen, starten zahlreiche Prominente Umfragen unter ihren Followern. Dabei geht es meistens darum, ob die Übernahme durch Musk eine Abwanderung der Followerschaft zur Folge haben wird. Meist antwortet maximal ein Drittel mit Ja, über 70 Prozent der Befragten werden weiterhin bei Twitter nach neuen Informationen suchen oder ihren Senf zu aktuellen Themen abgeben. (red, 26.4.2022)