Gernot Blümels Laptop befand sich in einer Wickeltasche.

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Es war die erste Hausdurchsuchung bei einem amtierenden Finanzminister – und nicht nur das war an den Vorgängen am 11. Februar 2021 bemerkenswert. Verzweifelt suchten Gernot Blümel, Beschuldigter in der Causa Novomatic, und Ermittler den von Blümel mitbenutzten privaten Laptop. Doch der war kurz vor der Hausdurchsuchung von Blümels Lebensgefährtin außer Haus gebracht worden, als sie mit ihrem gemeinsamen Kind die Wohnung verlassen hatte.

Ein Laptop im Kinderwagen: Das Bild pickt. Immer wieder erinnern Oppositionspolitiker an den Vorgang, auch für Satiriker ist es ein gefundenes Fressen. "Gernot Blümel lässt seinen Kinderwagen schreddern", verband die Satireplattform "Die Tagespresse" zwei ÖVP-Affären genüsslich miteinander. Doch der legendäre Kinderwagen, in dem der Laptop des amtierenden Finanzministers spazieren gefahren worden sein soll, existiert gar nicht.

Plötzlich taucht der Kinderwagen auf

DER STANDARD war das erste Medium, das damals aus dem Protokoll der Ermittler zitierte. "Offensichtlich ging Blümels Frau mit Kind und Laptop spazieren, wie sich aus dem Bericht zur Hausdurchsuchung vom Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) erschließt", hieß es am 3. März 2021 im STANDARD. "Die offensichtliche Mitnahme von einem Laptop wurde nicht wahrgenommen." Von einem Kinderwagen war da noch keine Rede.

Der tauchte dann allerdings in Medien auf, die den Artikel des STANDARD zitierten. "Hausdurchsuchung bei Blümel: Ein Spaziergang mit dem Laptop im Kinderwagen", titelte der Kurier am 4. März 2021. Im Text hieß es: "Wie der STANDARD berichtete, fuhr die Frau des Finanzministers mit dem Laptop und dem gemeinsamen Baby im Kinderwagen spazieren." Allerdings dementierte auch Blümel selbst, der dazu von Puls 24 gefragt wurde, die Geschichte nicht.

Ein Selbstläufer

So wurde die Geschichte vom Laptop im Kinderwagen zum Selbstläufer, bis schließlich alle Medien inklusive des STANDARD vom sogenannten Kinderwagen-Laptop schrieben.

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Vergangene Woche erfolgte im ÖVP-Korruptionsausschuss eine Richtigstellung durch einen, der bei der Affäre dabei war: durch Blümels damaligen Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist. Er ist von ÖVP-Anwalt Werner Suppan gebeten worden, den ominösen Laptop von Blümels Partnerin abzuholen, die während der Hausdurchsuchung spazieren gegangen ist. Es habe sich um eine Wickeltasche und keinen Kinderwagen gehandelt, stellte Niedrist klar. Gefunden hatte man auf dem von Blümel und seiner Partnerin gemeinsam benutzten Laptop übrigens nichts Verdächtiges.

Dass der damalige Finanzminister seine Lebensgefährtin kurz vor der Hausdurchsuchung über den Besuch der Ermittler informieren durfte, lag am Coronavirus: Damals war gerade Lockdown, die Staatsanwaltschaft wollte Blümels kleines Kind nicht dem Risiko einer Ansteckung aussetzen. Deshalb verließ seine Partnerin samt Kleinkind die Wohnung, mit dem Laptop habe sie dem Vernehmen nach arbeiten und das Kind unterhalten wollen.

Ermittlungen laufen

Die Hausdurchsuchung bei Blümel war rückblickend der Anfang vom Ende der Ära Türkis. Drei Monate später wurde der damalige Kanzler Sebastian Kurz selbst zum Beschuldigten wegen des Verdachts der Falschaussage, ein halbes Jahr danach folgte die Umfragenaffäre, nach der die Grünen Kurz’ Rücktritt erzwangen. Als sich der Kanzler im Dezember endgültig zurückzog, verabschiedete sich auch Blümel. Er ist nun als CEO beim Investmentfonds Superfund tätig.

Blümel wird der Bestechung verdächtigt: Anlass ist eine SMS des damaligen Novomatic-Chefs Harald Neumann an Blümel, der zu dem Zeitpunkt noch gar nicht Minister war. Neumann bat Blümel, einen Termin bei Kurz auszumachen wegen eines Problems in Italien und einer Spende. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft vermutete einen Bestechungsversuch durch Neumann. Es gilt die Unschuldsvermutung, Blümel bestreitet jedwede Spendenannahme. (Fabian Schmid, 27.4.2022)