Schallenberg absolvierte einen nicht ganz leichten Besuch in Ramallah.

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Es war der erste Besuch nach längerer Abwesenheit: Sechs Jahre lang hatten sich österreichische Regierungsvertreter nicht in den von Israel besetzten Palästinensergebieten blicken lassen, während das rund 20 Kilometer von Ramallah entfernte Jerusalem des Öfteren auf der Besuchsliste stand.

Am Dienstag war es dann so weit: Außenminister Alexander Schallenberg stattete nach einem Zusammentreffen mit dem jordanischen Außenminister in Amman auch seinem palästinensischen Amtskollegen Rijad Malki und dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtajjeh einen Besuch in Ramallah ab.

Schallenberg sprach Jordanien und Palästina Unterstützung zu. Die Region sei von den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine besonders stark betroffen, da die Ukraine die Hauptbezugsquelle für importiertes Getreide, Öl und Düngemittel ist.

Das Treffen fiel aber auch in eine Zeit der Spannungen in den von Israel besetzten Palästinensergebieten. Bei Ausschreitungen auf dem Gelände der Al-Aqsa-Moschee in der Altstadt Jerusalems waren zuletzt rund 200 Palästinenser verletzt worden. In einer Terrorserie in israelischen Großstädten wurden 15 Israelis umgebracht. Im Westjordanland wiederum kommt es fast im Tagesrhythmus zu Antiterroreinsätzen israelischer Sicherheitskräfte, immer wieder setzen diese dabei scharfe Munition ein.

Reaktionen auf die Gewalt

So auch wenige Stunden vor Schallenbergs Besuch im Westjordanland: Bei einem Einsatz israelischer Kräfte nahe Jericho wurde ein 20-jähriger Palästinenser durch einen Kopfschuss getötet. Es ist der zwanzigste solche Todesfall seit Anfang April.

Der palästinensische Außenminister warf Österreich und der EU "Doppelmoral" im Umgang mit all diesen Fällen vor. "Wir verfolgen die Stellungnahmen der Regierungen in Europa und in Österreich, wenn es Tote auf israelischer Seite gibt", sagte Malki. "Und wir erwarten uns denselben Umgang, wenn es auf unserer Seite passiert." Österreich solle sich deutlicher äußern, appellierte der Minister.

Schallenberg wies den Vorwurf zurück. "Es gibt keine Doppelmoral, jedes Blutvergießen ist zu vermeiden", sagte er. Und: "Ich mache keine Listen, wer was in Europa twittert."

Von Vertretern palästinensischer Medien und der Zivilgesellschaft wurde Schallenberg mit der Frage konfrontiert, warum Österreich den Staat Palästina nicht anerkennt. Der Minister meinte, dass das "den Menschen auf den Straßen Palästinas wenig bringt". Wichtiger sei es, aktiv auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinzuarbeiten. "Es ist herzzerreißend, dass dieser Prozess zum Stillstand gekommen ist." (Maria Sterkl aus Ramallah, 26.4.2022)