Auf Verlangen der SPÖ gab es bereits eine Sondersitzung zum Thema Teuerung. In der heutigen Nationalratssitzung werden sowohl die Neos als auch die FPÖ die Inflation ins Zentrum stellen – jeweils mit eigenem Dreh.

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Herbert Kickl und seine Freiheitlichen wollten in der Aktuellen Stunde des Nationalrats am Mittwochvormittag eigentlich vor allem mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprechen. Einmal mehr ging es um die stetig steigenden Energie- und Lebensmittelpreise als Folge des Krieges in der Ukraine. Doch der türkise Regierungschef war ebenso wenig da wie sein grüner Vize Werner Kogler. "Der Held von Kiew und Moskau kneift, wenn es darum geht, sich der Wahrheit der Bevölkerung zu stellen", ätzte Kickl. Dabei sei dieser gut beraten, wie der blaue Frontmann ausführte, gerade hier auf die Stimme des Volkes zu hören.

Kickl zitierte aus der Zuschrift einer angeblichen Pensionistin aus einem Wiener Gemeindebau, die sich ihr Leben immer schwerer leisten könne. Sie habe kein Auto, keinerlei Luxus, erzählte Kickl, aber für Kaffee reiche die kleine Pension nicht mehr, die Lebensmittel würden gegen Ende des Monats knapp. Trotz Sparens esse die Frau morgens und abends Haferflocken, mittags gebe es Kartoffeln oder Nudeln mit Tomatensauce. Als die Pensionistin im Bundeskanzleramt anrief, fühlte sie sich nicht ernst genommen.

Kickl sieht die Regierung bei der Abfederung der Teuerung als säumig an. Er spricht von einer "fortgesetzten unterlassenen Hilfeleistung" in einer Zeit, in der die Strom- und Gaspreise zum Profit der öffentlichen Energieversorger durch die Decke gehen, Lebensmittel zu Luxusartikeln werden würden und tanken so teuer wie nie sei, aber ÖVP und Grüne mit der CO2-Steuer den Bürgerinnen und Bürgern sogar noch eins draufsetzen. "An Ihrer Stelle hätte ich keine ruhige Minute mehr", sagte Kickl, der unter anderem einen Preisdeckel für Sprit, Energie und Grundnahrungsmittel forderte. Für die "armen Teufel" gebe es keine Solidaritätskonzerte, monierte er und spielte damit ganz bewusst auf die ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Österreich an.

Livestream der Nationalratssitzung.

Anstelle des Kanzlers rückte die türkise Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm zur Verteidigung aus. Sie kritisierte die "populistischen Forderungen" Kickls und promotete die Regierungsarbeit. Plakolm zählte in aller Ruhe die Entlastung durch die ökosoziale Steuerreform und den erhöhten Familienbonus, den kürzlich beschlossenen Energiekostenausgleich von 150 Euro oder die befristete Subvention von Pendlern auf. Lauter wurde dann Plakolms Parteifreundin Carmen Jeitler-Cincelli, die sich darüber brüskierte, dass Kickl in dieser Diskussion Flüchtlingen die Schuld zuschiebe, und die blaue Forderung nach einem Preisdeckel "kommunistisch" und eine "DDR-Fantasie" nannte. Der Tiroler Grüne Hermann Weratschnig will vor allem mit Ruhe und Vernunft die richtigen Fragen stellen, um zu den besten Lösungen zu kommen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner war das alles nicht nicht genug. Aus Sicht der Sozialdemokratin verheddere sich die Regierung zu sehr in "Scheindiskussionen" und lasse Millionen Menschen im Regen der Teuerung stehen. Immer mehr Vollzeitangestellte und Pensionistinnen und Pensionisten würden sich das Leben immer weniger leisten können, und von ÖVP und Grünen heiße es bloß, dass die Menschen keine Existenzängste haben sollen. "Aber sie haben welche", sagte Rendi-Wagner. Kanzler und Vizekanzler dürften nicht im zigsten Arbeitskreis sitzen, sondern müssten rausgehen und den Menschen zuhören: "Die Situation ist alles andere als lustig."

Auch Corona bleibt ein Thema

"Die FPÖ richtet eine Aktuelle Stunde an den Bundeskanzler wegen der Teuerung, der schickt die Jugendstaatssekretärin, so kann man der Bevölkerung auch ausrichten, was sie von der Inflation zu halten hat und was die Regierung davon hält", begann Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker seine Rede. Der pinke Liberale meint, dass die hohe Inflation Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) durchaus gelegen komme, weil sie Milliarden in die Staatskassen spüle. Höhere Preise würden mehr Mehrwert- und Umsatzsteuer und die Lohnsteigerungen wiederum höhere Lohnsteuereinnahmen bringen. Von einer Preisbremse, wie die Freiheitlichen sie fordern, hält Loacker genauso wenig wie von dem SPÖ-Vorschlag einer Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Zu Letzterem sagt Loacker: "Weil natürlich dann Kaviar und Sekt auch billiger werden, es wäre ein Geschenk an die Reichen." Die Neos plädieren einmal mehr für die Abschaffung der kalten Progression.

Am Thema Corona kommt man in der heutigen Nationalratssitzung aber auch nicht vorbei. Denn das Maßnahmengesetz, das die Basis für die allfällige Verhängung von Ausgangsbeschränkungen ist, wird präventiv bis Mitte kommenden Jahres verlängert. Ebenfalls auf der Agenda der Abgeordneten ist ein Paket, das sich unter anderem mit höheren Strafen gegen die Tuning-Szene richtet. Explizit unter Strafe gestellt werden unter anderem die Manipulation von Pkw-Motoren, um Explosionsgeräusche zu erzeugen, und Fahrweisen wie rasches Anfahren oder abruptes Abbremsen.

Gaslieferstopp wird Thema

Debattiert wird auch noch über ein aktuelles Thema – den Gaslieferstopp durch Russland. Die Neos kündigen hier etwa an, die Vorbereitung Österreichs auf eine solche Situation zu thematisieren. "Was ist dann der Plan für Österreich? Hat die Ministerin alle erforderlichen Daten, wer die größten Verbraucher sind? Gibt es einen Plan hinsichtlich Substituierbarkeit? Arbeitet sie mit Hochdruck an Alternativen zur russischen Gasversorgung?", fragt Energiesprecherin Karin Doppelbauer. Das Energielenkungsgesetz, auf das sich Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) gern berufe, sei jedenfalls kein Plan B. "Zwei Monate nach Beginn der Ukraine-Kriegs bleibt die Bundesregierung immer noch jede Antwort und einen ordentlichen Plan schuldig", so die pinke Abgeordnete in einer Aussendung. Andere europäische Länder seien Österreich weit voraus.

Die kritisierte Gewessler nahm am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal" zum Gaslieferstopp Stellung. Die Lieferungen nach Österreich würden derzeit uneingeschränkt laufen, so die Ministerin. Für einen Lieferstopp gebe es derzeit keine Anzeichen. Allerdings: Dass man sich nicht auf die Gaslieferungen aus Russland verlassen könne, wisse man bereits seit einiger Zeit. Aus diesem Grund müsse man laut Gewessler etwas für den Ausstieg aus russischem Gas tun. Daran werde gearbeitet. (APA, red, jan, 27.4.2022)