Der Verkehr zählt zu den größten Verursachern von Treibhausgasemissionen. Der Klimarat berät unter anderem darüber, wie diese gesenkt werden können.

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Wien – Wie kann Österreich bis 2040 klimaneutral werden? Diese Frage steht im Zentrum der Diskussionen des Klimarats, der seit Jänner monatlich tagt. Nachdem am vergangenen Wochenende Vertreter der Sozialpartner und NGOs mit den Bürgerinnen diskutiert haben, öffnet das Gremium seine Überlegungen für die breitere Öffentlichkeit. Seit Mittwochmittag bis inklusive 8. Mai können Interessierte an einer Online-Umfrage des Klimarats teilnehmen.

Dabei können rund 70 Ideen aus den Bereichen Ernährung, Landnutzung, Mobilität, Wohnen, Produktion, Konsum sowie Energie bewertet werden, die das Gremium bisher zusammengetragen hat. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können diese positiv, negativ oder neutral bewerten – und darüber hinaus eigene Vorschläge einbringen.

Die Bürgerinnen schlagen unter anderem ein generelles Pkw-Fahrverbot im innerstädtischen Bereich vor, untersagt werden soll auch die Bewerbung besonders klimaschädlicher Produkte. Im Gegenzug sollen klimafreundliche Lebensstile gefördert, Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums im Supermarkt vergünstigt verkauft werden.

Klimaschutz als Schulfach

Bereits versiegelte Flächen – wie etwa Parkplätze – sollen zur Erzeugung erneuerbarer Energien mehrfach genützt werden, Klimaschutz soll Teil der Lehr- und Studienpläne werden. Und auch für die Politik selbst bringt der Rat Ideen mit: Eine unabhängige Klimakommission soll die Gesetze und Maßnahmen der Regierung auf ihre Klimawirksamkeit überprüfen, schlagen die Bürger vor. Darüber hinaus halten sie es für wichtig, dass Raumordnungskompetenzen von der Gemeinde- auf die Landesebene verschoben werden.

Die Ergebnisse der Umfrage landen dann wieder bei dem Gremium, heißt es vonseiten der Organisatoren, bindend seien diese allerdings nicht: "Am Ende entscheiden die Bürgerinnen und Bürger des Klimarats." Sollte ein Vorschlag jedoch beispielsweise mehrheitlich abgelehnt werden, soll das Gremium weiter darüber nachdenken, was bei der Idee womöglich übersehen wurde. Ziel sei, eine Meinungslandschaft abzubilden, heißt es im Organisationsteam. Dieses geht nicht davon aus, dass nur Menschen mitmachen werden, die sich generell für Klimaschutz interessieren. Sorge, dass die Umfrage nicht repräsentativ sei, hätten sie nicht: Ein Algorithmus solle demnach sicherstellen, dass jene Ideen am meisten Gewicht bekommen, die von allen Meinungsgruppen unterstützt werden. Eine gezielte Beeinflussung sei damit nicht möglich, sind sich die Organisatoren sicher.

Emissionen sinken nicht

Wichtig beim Klimaschutz sei, auf tatsächlich wirkungsvolle Maßnahmen zu setzen und nicht auf "Scheinklimaschutz", hoben am Mittwoch mehrere "Scientists for Future" in einer Pressekonferenz hervor. Sie sprechen – mit ironischem Unterton – von einem "rätselhaften Phänomen": Alle würden angeben, das Klima schützen zu wollen, die Emissionen sinken aber dennoch nicht.

Ursache dafür sind laut Klimaforscher Reinhard Steurer Maßnahmen, die zwar gut klingen – im Grunde aber dem Klima nichts bringen. Als Beispiel nennt der Experte Greenwashing bei Produkten, aber auch individuelle Maßnahmen wie das Kompensieren bei Flügen, anstatt die Emissionen zu vermeiden. "Wir verarschen uns selbst", fasst es Steurer zusammen. Eine große Rolle beim Öko-Schmäh spiele aber auch die Wirtschaft – beispielsweise mit der Bewerbung "klimafreundlicher Gasheizungen".

Scheinheilige Klimapolitik

Besonders viel Scheinheiligkeit werfen die Wissenschafterinnen der Regierung vor. "Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 klingt gut, ist aber aus heutiger Sicht nicht erreichbar", sagt der Experte. Vor allem die ÖVP tue gern so, als würde sie Klimaschutz ernst nehmen, habe aber in den vergangenen Jahrzehnten keine belastbaren Ergebnisse vorgelegt. Kritik gab es aber auch an den Grünen, diese seien in der Klimascheinpolitik des Koalitionspartners gefangen.

Die Klimaforscherin Renate Christ wies zudem auf Rebound-Effekte hin – wenn sich Menschen beispielsweise ein sehr effizientes Auto zulegen, dann aber mehr fahren, weil es so wenig Sprit benötigt. Als besonders große Hürden nennt die Wissenschafterin zudem den Föderalismus – dieser würde wichtige klimapolitische Entscheidungen, etwa in der Raumordnung, verhindern. Als Bremse wurde zudem die Sozialpartnerschaft genannt. Dass in dieser eine ökologische Dimension fehle, sei laut Steurer für die heutige Zeit unangemessen. (lauf, 27.4.2022)