Dmitri Aksenow (55): Russischer Unternehmer und Philanthrop zieht sich als Messemacher zurück.


Foto: VC

Nun ist es raus: Der russische Unternehmer Dmitri Aksenow und die Wiener Kunstmesse Viennacontemporary gehen offiziell getrennte Wege. Eine bereits vergangenes Jahr eingeleitete Umstrukturierung wird damit schlagend, beschleunigt durch Irritationen, die der Angriffskrieg gegen die Ukraine bescherte. Obwohl Aksenow weder sanktioniert wurde, noch je als Putin-Freund in Erscheinung getreten war, hatten einige Galerien Bedenken im Hinblick auf eine Teilnahme an der Messe und einem damit womöglich verbundenen Reputationsverlust. Aksenow steht auch den russischen Freunden der Salzburger Festspiele vor.

Dem STANDARD vorliegenden Informationen zufolge setzt der Veranstalter künftig auf Gemeinnützigkeit. Als Trägerorganisation fungiert die schon im Dezember 2021 gegründete VC Artfairs, eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Wien, wie es heißt. Inhaltlich setzt man weiterhin auf den Fokus auf Zentral- und Osteuropa als Alleinstellungsmerkmal im internationalen Messezirkus. Das Leitungsduo bleibt: Markus Huber als Geschäftsführer und Boris Ondreička als künstlerischer Leiter. Unterstützung kommt von einem beratenden Board, dem Boris Marte, Vorstandsvorsitzender der Erste-Stiftung und Vorsitzender des Universitätsrats der Akademie der bildenden Künste, als Chairman vorstehen wird.

Internationale Formate

Zu den Neuzugängen gehört Andrea Bier, per Eigendefinition Sammlerin, zudem Obfrau im Gmundener Festwochenverein, sowie ein prominenter "Wiederholungstäter": Bernhard Hainz, Rechtsanwalt mit langjähriger Sammlerpassion und Mitglied des Universitätsrates der Akademie der bildenden Künste. Der 63-Jährige war von 2012 bis 2015 Teil jenes Konsortium aus Vertretern der heimischen Sammler- und Museumswelt, das 30 Prozent an der einstigen Betreibergesellschaft der damals noch unter Viennafair firmierenden Messe hielt.

Was diese ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Messevorstands eint? Die Überzeugung, "dass Österreich internationale Formate wie die Viennacontemporary dringend braucht, um in der globalen Kunstwelt als relevanter Akteur wahrgenommen zu werden", sagt Marte.

Flucht nach Wien

Gerade Wien dürfe nicht in der Provinzialität versinken, bei all dem Potenzial gehöre der Standort an der Achse zwischen Ost und West gestärkt, jetzt mehr denn je, skizziert er seine Mission. Zu diesem Zweck wird auch das operative Team um international erfahrene Akteurinnen erweitert. Zu ihnen gehört Jana Barinowa, bis zu ihrer Flucht nach Wien die für Kiew verantwortliche Kulturamtleiterin, die neue Partnerschaften in CEE entwickeln soll. Für die vom 8. bis 11. September im Kursalon im Stadtpark anberaumte Messe ist zudem ein Ukraine-Schwerpunkt vorgesehen.

Heuer werden also erstmals die Ballsäle und andere Räume des Prachtbaus den Rahmen für 70 von Boris Ondreička ausgewählte Galerien bilden.

70 klingt allerdings etwas ambitioniert, gemessen an der dort verfügbaren Fläche. Auf STANDARD-Nachfrage war zu erfahren, dass die für die teilnehmenden Galerien vorgesehenen Kojen zwischen fünf und elf Quadratmetern groß sein sollen, wofür Kosten von 1.750 bis 5.000 Euro je Koje anfallen werden. Apropos Geld: Punkto Finanzierung geben sich die Messemacher optimistisch. Das jährlich aufzubringende Budget beläuft sich auf 1,2 Millionen Euro inklusive der Gehälter der zwölf Mitarbeiter.

In trockenen Tüchern

Und da kommt Dmitri Aksenows vorerst letzte Gabe ins Spiel: eine Jahresapanage, die sich in einer Größenordnung von 250.000 Euro bewegt. Sie wurde heuer bereits ausgegeben und auch für 2023 zugesagt. Der Rest des Finanzbedarfs soll über Sponsoren und Förderungen gedeckt werden. Für das auf junge Kunst zugeschnittene Ausstellungsformat "Zone 1" ließ das Bundesministerium (BMKÖS) zuletzt 50.000 Euro springen. Von der Stadt Wien gab es 10.000 Euro für das Vermittlungsprogramm.

Die nun in trockene Tücher gewickelte Non-Profit-Ausrichtung soll das Generieren von finanziellen Mitteln erleichtern, sagt Boris Marte optimistisch. Die Erste-Stiftung wird keinen Löwenanteil beisteuern, sondern wie bisher ein künstlerisches Projekt finanzieren. Welches, steht noch in den Sternen. (Olga Kronsteiner, 27.4.2022)