Wien – Am Mittwoch wurde bittere Gewissheit, was die Vereinsführung des FC Wacker Innsbruck bis zuletzt nicht wahrhaben wollte. Der finanziell kaputte Tiroler Traditionsklub erhält keine Lizenz mehr für die Zweite Fußball-Bundesliga. Das bedeutet den Abschied vom Profi-Fußball am Innsbrucker Tivoli. Das Protestkomitee der Fußball-Bundesliga hatte in zweiter Instanz über die Einsprüche der Tiroler, der Wiener Austria und des SKN St. Pölten zu entscheiden, denen in erster Instanz die Lizenz verweigert wurde.
Die Austria mitsamt ihrem Zweitliga-Team Young Violets beeinspruchte das Urteil ebenso wie die Niederösterreicher erfolgreich. Allerdings starten die Violetten wohl mit vier Punkten Abzug und einer Strafe von 20.000 Euro in die nächste Saison – wobei die Strafe noch reduziert werden könnte. Die Austria kündigte einen Protest gegen den Punkteabzug und die Geldstrafe an.
Ende Legende
Die Tiroler hingegen konnten die erforderlichen Belege nicht nachreichen. Ihnen bleibt nun acht Tage Zeit für einen allerletzten Einspruch beim Ständigen Schiedsgericht. Da dürfen aber keine neuen Beweise mehr nachgereicht werden. "Wir prüfen aktuell alle Möglichkeiten und Lösungsansätze", sagte Radi am Mittwoch und meinte damit auch, bereits Weichen für die Zukunft in der Regionalliga zu stellen.
Fast schon gebetsmühlenartig hatte er in den vergangenen Wochen erklärt, dass das so dringend benötigte Geld von Investor Thomas Kienle, einem deutschen Unternehmer, ganz bestimmt bald am Konto einlangen werde. Es kam nicht. Nun bleibt den Innsbruckern wohl nur der Gang in die Tiroler Regionalliga, wo die zweite Wacker-Mannschaft derzeit auf Rang acht liegt.
Das Hoffen auf Investoren wurde dem Traditionsverein zum Verhängnis. Kienle ist der dritte in Folge, auf den man gesetzt hatte und dessen finanzielle Zusagen wie Seifenblasen zerplatzt sind. 2020 wurde der Hamburger Matthias Siems vorgestellt, der angeblich hochtrabende Pläne für eine blühende Zukunft am Innsbrucker Tivoli hatte. Das böse Erwachen folgte prompt, heute steht man sich vor Gericht gegenüber. Im Juli 2021 sollte es ein reicher Russe, Michail Ponomarew, richten. Tat er nicht, im Jänner 2022 trennte man sich im Bösen. Fast der gesamte Vorstand ging mit dem Russen, es folgte Präsident Radi, der den vermeintlichen Retter Kienle brachte.
Wackeres Team
Der Mannschaft selbst ist nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil: Trotz des Chaos an der Spitze spielte das Team von Trainer Michael Oenning zuletzt wacker. Beim Heimsieg gegen Rapid II vergangenen Freitag mussten Security und Catering vorab bezahlt werden, damit am Tivoli überhaupt gespielt werden konnte. Unter solchen Umständen zu siegen, spricht für die Moral des Teams. Derzeit liegen die Tiroler auf dem neunten Tabellenplatz.
Doch in der Nacht auf Mittwoch ging Wacker seines Kaders verlustig. Denn die Spieler, die sich bis heute nicht öffentlich zum Gebaren ihres Vereins geäußert haben, hatten der Geschäftsführung ein zweiwöchiges Ultimatum gestellt, die ausstehenden Gehälter zu überweisen. Mangels Finanzen konnte man dem nicht nachkommen, nun ist der gesamte Kader ablösefrei auf dem Transfermarkt. Vier Spieler gaben am Mittwoch bereits ihren vorzeitigen Abschied bekannt: Clemens Hubmann, Raphael Gallé, Fabio Markelic und Darijo Grujcic.
Somit hat Wacker sein letztes Kapital verloren und steht nun völlig blank da. Das Tivoli-Stadion, das man über ein immer wieder kritisiertes Konstrukt von Land Tirol und Stadt Innsbruck anmieten musste, wird einem zahlungsunfähigen Verein nicht mehr als Heimstätte zur Verfügung stehen. (Steffen Arora, 27.4.2022)