Am 6. Oktober waren unter anderem Büros in der ÖVP und im Bundeskanzleramt durchsucht worden

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Studien und Umfragen, die das Finanzministerium offenbar über Vermittlung von Ex-Ministerin Sophie Karmasin bei der Meinungsforscherin Sabine Beinschab in Auftrag gegeben hatte und die vor allem in der Tageszeitung "Österreich" der Medienmacher Wolfgang und Helmuth Feller erschienen waren, haben am 6. Oktober 2021 zu aufsehenerregenden Hausdurchsuchungen geführt. In der inzwischen als Causa Umfragen/ Beinschab-Tool bekannten Angelegenheit ermittelt die WKStA auch gegen den früheren Bundeskanzler Sebastian Kurz – sie geht davon aus, dass die Beschuldigten einen gemeinsamen Tatplan umgesetzt haben. Diese bestreiten das, und es gilt die Unschuldsvermutung.

Etliche Beschuldigte haben gegen die Hausdurchsuchungen Rechtsmittel eingelegt – über diese hat nun das Oberlandesgericht (OLG) Wien entschieden. Es hat die Beschwerden abgewiesen, wie das OLG Wien am Donnerstag in einer Pressemitteilung bekanntgab. Wörtlich heißt es darin: "Den Beschwerden einzelner Beschuldigter gegen die Bewilligung der Durchsuchung von Orten und Gegenständen (die am 6. Oktober 2021 stattgefunden haben) gab das Oberlandesgericht Wien nicht Folge; das Oberlandesgericht sieht den dafür nötigen Tatverdacht als gegeben an."

Gericht sieht Verdacht gegen Fellner-Brüder als begründet an

Der Verdacht der WKStA lautet ja, dass das Finanzministerium im Gegenzug für eine Medien- und Inseratenkooperation ein Mitspracherecht für redaktionelle Inhalte in den Fellner-Medien erhalten habe. Vereinfacht zusammengefasst sieht das OLG Wien in seiner Entscheidung diesen Verdacht als begründet an. Das Argument, es gäbe Preislisten für Inserate und damit ein klares "Austauschverhältnis" zwischen Leistung und Gegenleistung, lässt das OLG Wien nicht gelten, "weil sich etwa aus dem Mail vom 17. April 2018 zeigt, dass Preise offenkundig verhandelbar waren und Rabatte oder auch ein 'Kombinationsrabatt' gewährt werden konnten".

Die WKStA habe "ausführlich anhand der zahlreichen Beweisergebnisse die Phase der Planung und in der Folge das Zustandekommen der inkriminierten Vereinbarung dargelegt", attestiert das Gericht. Die Hausdurchsuchung bei der Mediengruppe Österreich sei rechtens gewesen, weil es um operative Informationen und "keine vom Redaktionsgeheimnis geschützte Daten" gegangen sei.

Das OLG Wien spricht außerdem von Beweisergebnissen, die auf eine "Manipulation" der Umfragedaten hinweisen. Vorwürfen gegen die WKStA, dass diese selektiv agiert und andere Medien außer Acht gelassen hätte, "hält insbesondere dem Vergleich des Inseratenvolumens mit anderen Medien in Bezug auf die Reichweite nicht stand".

Kurz-Berater mit Beschwerde abgeblitzt

Beschwert hatten sich auch die Kurz-Berater Stefan Steiner und Gerald Fleischmann. Beiden gab das OLG aber nicht recht. In Bezug auf Steiner hob es "die strategisch führende Rolle des Dr. Steiner im Wahlkampf und die in der Anordnung teils abgedruckten Chats" hervor, die den Verdacht gegen ihn rechtfertigten. Steiner habe nicht, wie in seiner Beschwerde angeführt, "lediglich aus inhaltlicher Sicht" Anmerkungen zu Fragebögen gegeben, sondern "konkrete Fragestellungen" formuliert und "die zu kommunizierende 'Message'" vorgegeben.

Bei Fleischmann zeigten sich zwar "bei isolierter Betrachtung grundsätzlich unbedenkliche Verhaltensweisen"; in der Gesamtschau werde aber "ersichtlich, dass die verfahrensgegenständlichen Umfragen (...) von Anfang an mit den objektiv nicht in Zusammenhang stehenden Inseratenschaltungen (...) verknüpft waren". Für das OLG Wien legen die vorgelegten Beweismittel nahe, "dass Fleischmann von einer Steuerungsmöglichkeit bei den Medien der Fellner-Gruppe Bescheid wusste".

Beschwerde der Rechtsschutzbeauftragten

Für besondere Aufmerksamkeit hat im Zusammenhang mit den Hausdurchsuchungen ein Vorhaben der WKStA gesorgt, das dann freilich nie umgesetzt worden ist: die Ortung der Telefone der Medienmacher Fellner. Solche Maßnahmen, die vom Gericht abgesegnet werden müssen, setzt die WKStA vor von ihr geplanten Hausdurchsuchungen – quasi um zu schauen, wo sich die Betroffenen aufhalten.

Bei Journalisten ist das angesichts des Redaktionsgeheimnisses besonders heikel und daher speziell geregelt: Die Staatsanwaltschaft muss dafür vorher die Ermächtigung der Rechtsschutzbeauftragten einholen. Und genau das ist in der Causa Studien nicht geschehen.

Daher haben die Fellners und die Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher Beschwerde gegen die Entscheidung des Straflandesgerichts Wien eingelegt, das die Maßnahme abgesegnet hatte – und dieser Beschwerde gab das OLG Wien nun recht. "Weil die Rechtsschutzbeauftragte im konkreten Fall nicht befasst worden war, war der Beschluss des Landesgerichts aufzuheben, und zwar unabhängig davon, dass diese Ermittlungsmaßnahmen gar nicht vollzogen wurden", heißt es in einer Presseaussendung. Die WKStA hatte damals von einem Irrtum in ihrem Vorgehen gesprochen, den man "transparent im Akt" festgehalten habe.

Andere Beschwerden der Rechtsschutzbeauftragten lägen "laut der Entscheidung des Oberlandesgerichts außerhalb der Kontrollbefugnis der Rechtsschutzbeauftragten". "Das von ihr geltend gemachte rechtliche Interesse auf Feststellungen diverser Rechtsverletzungen, um auf Presseaussendungen und Anfragen reagieren zu können, findet im Gesetz keine Deckung", heißt es dazu lapidar.

Aicher hatte unter anderem die Struktur des Ermittlungsaktes moniert. Für das Verfassen einer Presseaussendung dazu hatte sie sich von der Kanzlei Ainedter & Ainedter beraten lassen, die Beschuldigte in der Sache vertritt – das hatte Aicher einen Rüffel von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) eingebracht. (Renate Graber, Fabian Schmid, 28.4.2022)