Um für die Corona-Impfung zu werben und zu informieren, haben Österreichs Gemeinden eine Menge Geld vorab überwiesen bekommen. Aktuell nimmt die Zahl jener Personen, die ein aktives Impfzertifikat besitzen, jedenfalls ab.

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Grundsätzlich beschweren sich die Gemeinden und Städte in Österreich nicht, wenn sie großzügig vom Bund mit Millionenüberweisungen bedacht werden. Beim Thema Corona-Impfung ist das aber etwas anders: Denn hier hat die türkis-grüne Bundesregierung auch für viele Unklarheiten gesorgt.

So kündigten im Jänner Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) im Vorfeld des Impfpflichtgesetzes ein milliardenschweres Impfprämien-Zuckerl an. Kernpunkt war eine Impflotterie für Impfwillige, die mit rund einer Milliarde Euro dotiert wurde. Daraus wurde bekanntlich nichts.

Weitere bis zu 400 Millionen Euro sollten Gemeinden zugutekommen, wenn diese gewisse Impfquoten erreichen. Die Gelder hätten diese zur freien Verfügung erhalten – für eigene kommunale Projekte. Auch daraus wurde: nichts.

Nur ein Vorhaben wurde umgesetzt

Im März wurde lediglich ein Vorhaben der damaligen Ankündigung gesetzlich auf den Weg gebracht: Gemeinden sollten 75 Millionen Euro nach dem Gießkannenprinzip erhalten, um über die Impfung zu informieren und für diese zu werben. Das Ganze läuft unter dem "Bundesgesetz zur Erhöhung der Inanspruchnahme von Impfungen gegen Covid-19".

Diese 75 Millionen Euro wurden vorab antragslos an die Gemeinden überwiesen. Verteilt wurden die Zweckzuschüsse Anfang April nach den Schlüsseln Volkszahl und abgestufter Bevölkerungsschlüssel. Wien, gleichzeitig Land und Gemeinde, erhielt wohlfeile 18 Millionen Euro.

Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr gab die Stadt für Kampagnen zur Corona-Impfung 2,2 Millionen Euro aus – plus 1,15 Millionen Euro für Agenturen, Rechte oder Brandings.

Graz wurden vom Bund im April mehr als 2,7 Millionen Euro überwiesen, Linz knapp zwei Millionen Euro. Die Gemeinde Gramais in Tirol mit 41 Einwohnern durfte sich über 320 Euro, nun ja, freuen. Die Liste, welche Gemeinde wie viel erhält, ist auf der Website des Sozialministeriums abrufbar.

Keine Zielvorgaben oder Konzepte

Das Geld können die Gemeinden für klassische Printwerbung, Plakate, Flyer oder Broschüren verwenden, aber ebenso für Online-Maßnahmen und Social-Media-Content. Auch Infostände, Give-aways, Gesprächsrunden mit Expertinnen und Experten oder andere Infoveranstaltungen sind davon umfasst.

Selbst Beiträge in Gemeindezeitungen, die Miete für die Verwendung von Gemeinderäumen oder gemeindeeigene Personalkosten für Impfaktionen können zuschussfähig sein. Die einzige Bedingung: Es muss um die Impfung gehen – mit dem Ziel der Steigerung der Impfquote. Und irgendwo muss der Vermerk "Kommunale Impfkampagne" stehen.

Zielvorgaben oder Konzepte gibt es aber nicht. Die Gemeinden müssen nur einen Nachweis über die widmungsgemäße Verwendung des Zweckzuschusses bis 31. Dezember 2022 erbringen. Werden die Gelder nicht gänzlich aufgebraucht, sind diese zurückzuerstatten.

Vorgangsweise für Luger "sinnlos und wirkungslos"

Die Bürgermeister der oberösterreichischen Städte Linz, Wels und Steyr üben Kritik an dieser Vorgangsweise. Für den Linzer Klaus Luger (SPÖ) ist es "sinnlos und wirkungslos, allein in Oberösterreich 438 unterschiedliche Werbekampagnen aufzusetzen". Eine bundesweite Kampagne müsse bundesweit geplant und gesteuert werden.

Andreas Rabl (FPÖ), Stadtchef in Wels, meinte, dass stattdessen "zusätzliches notwendiges Geld für die Kinderbetreuung und Pflege" fehle. Markus Vogl (SPÖ) aus Steyr ärgert der zusätzliche Arbeitsaufwand für die Stadt.

Gespräche zwischen Bund und Ländern über Impfkampagne

Auch in Wien ist noch nicht klar, "was genau wir bewerben sollen", sagte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) dem STANDARD. Schließlich gebe es noch keine generelle Empfehlung für den vierten Stich. Verwiesen wurde aber darauf, dass es Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern für eine gemeinsame Vorgangsweise zumindest für einen Teil der Impfkampagne gebe. Im Mai soll es eine Einigung geben – mit einem Start ab August. Die 18 Millionen Euro für Wien würden "sicher nicht nur für werbliche Maßnahmen verwendet".

Seit Ende März läuft übrigens bereits eine Impfkampagne des Bundes unter dem Motto #GemeinsamGeimpft. Die Zahl der Personen mit einem aktiven Impfzertifikat nimmt dennoch weiter ab: Aktuell haben nur noch 68,3 Prozent der Gesamtbevölkerung ein aktives Zertifikat. 5.065 Impfungen sind am Mittwoch durchgeführt worden, davon waren 184 Erststiche.

Vierte Impfung vorerst nur Risikogruppen empfohlen

Zuletzt hatte das Nationale Impfgremium (NIG) eine dritte Impfung ab fünf Jahren empfohlen. Die vierte Impfung wird vorerst nur Risikogruppen nahegelegt, dazu zählen über 80-Jährige sowie über 65-Jährige mit Vorerkrankungen. Ganz grundsätzlich wird die Covid-19-Impfung aber "allgemein empfohlen": Das wird damit erklärt, dass die Impfung auf individueller Ebene das Risiko nachweislich minimiere, schwer zu erkranken oder zu versterben. Bei einer Erkrankung trotz Impfungen verlaufe diese "im Normalfall deutlich milder".

Aus dem Gesundheitsministerium heißt es zum STANDARD, dass eine allgemeine Empfehlung für den vierten Stich "nach aktuellem Wissensstand erst vor den voraussichtlich nächsten Infektionswellen im Spätsommer/Herbst 2022 zu erwarten" ist.

Die Anfang des Jahres beschlossene Impfpflicht in Österreich ist seit 12. März ausgesetzt. Die diesbezügliche Verordnung läuft Ende Mai aus. Passiert nichts, würde das Impfpflichtgesetz wieder voll gelten. Noch davor soll aber ein Bericht der Impfpflichtkommission erscheinen, in dem die Lage neu bewertet wird. (David Krutzler, 29.4.2022)