Die Fremen können auch auf den berüchtigten Sandwürmern reiten, haben aber politisch recht wenig zu melden.

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Das Echtzeitstrategiespiel Dune 2: Kampf um Arrakis (1992) gilt – auch wenn dem aus dem Jahr 1990 stammende Herzog Zwei dieser Titel eigentlich gebührt – als Wegbereiter und Großvater des Genres, ihm folgten legendäre Titel wie Command & Conquer und Warcraft. Nach dem 1998 erschienen Dune 2000 und dem 2001 veröffentlichten Emperor: Schlacht um Dune wurde es dann zumindest in Bezug auf die Spiele recht still um das Wüstenplanet-Franchise, was unter anderem lizenzrechtliche Gründe hat.

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Nun erscheinend passend zum 2021 erschienen Dune-Film von Denis Villeneuve nach über 20 Jahren mit Dune: Spice Wars endlich wieder ein Echtzeitstrategiespiel rund um das wertvolle Gewürz und die gefräßigen Riesenwürmer. Als Publisher fungiert das norwegische Unternehmen Funcom, welches seit Juli 2020 eine hundertprozentige Tochter des chinesischen Tencent-Konzerns ist. Der STANDARD hat das Spiel auf dem PC getestet. Es befindet sich derzeit noch nicht im Early Access, ist also noch nicht fertig – lässt sich trotz diverser Kinderkrankheiten aber bereits recht gut spielen.

Dune 2: Eine Entstehungsgeschichte wie ein Krimi

Bevor wir aber in medias res gehen, hier noch ein kurzer Game-geschichtlicher Hinweis: Das nachfolgende Video behandelt in kurzweiliger Form die Entstehungsgeschichte und den popkulturellen Kontext von Dune 2 – und ist somit definitiv sehenswert. Allein schon zur Beantwortung der Frage, warum Dune 2 eigentlich Dune 2 heißt, und was zur Hölle eigentlich mit Dune 1 passiert ist.

No Strings Prd

Grafik, Sound und Setting

Die schlechte Nachricht zuerst: Das Timing der Spielepublikation ist zwar clever gewählt, weil man noch immer auf der Erfolgswelle des Kinofilms mitsurfen kann – auf Inhalte aus dem Film muss jedoch verzichtet werden. Das gilt leider auch für die oscarprämierte und äußerst mitreißende Filmmusik von Hans Zimmer.

Ebenso finden sich keine Original-Filmszenen in dem Game, stattdessen setzt man auf computeranimierte Sequenzen, deren Stil ein wenig an Star Wars: Clone Wars erinnert. Das muss aber per se nicht schlecht sein – schließlich ist es ja den jeweiligen visuellen Künstlern überlassen, wie sie eine Romanvorlage in Bewegtbild umsetzen.

Das Haus Atreides ist eine von vier Fraktionen im Spiel.
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Die Spielgrafik per se zeigt den Wüstenplaneten aus der Vogelperspektive in 3D-Ansicht –ähnlich der Art, wie man es aus dem im Vorjahr veröffentlichten Age of Empires 4, einer weiteren Wiederbelebung eines eigentlich tot geglaubten Franchises, kennt. Wie dort, so ist auch hier die 3D-Ansicht Teil des Spielkonzepts: Neben den Besonderheiten von steinigen und sandigen Untergründen müssen die Einheiten auch auf erhöhte Plateaus hinauf wandern und wieder in die Täler hinabsteigen.

Zudem gewinnt die Grafik zwar sicher keine Schönheitspreise, fängt aber die Stimmung des Wüstenplaneten allein wegen der Tageszeitenwechsel gut ein – von der gleißenden Hitze des Tages bis zur stillen Kühle der Wüstennacht. Sandstürme, Riesenwürmer, Krater und Eis-Polkappen tun ihr übriges, um neben interessanten Spielelementen auch zur Stimmung beizutragen.

Vier Fraktionen

Begonnen wird jede Spielrunde aber sowieso damit, dass man sich eine zu spielende Fraktion aussucht. Waren dies in den 1990er-Jahren noch drei Fraktionen, so sind es diesmal vier: Neben den bösartigen Harkonnen und den edlen Artreides können Spielerinnen und Spieler auch in die Haut der Einheimischen, der Fremen, schlüpfen. Die vierte Fraktion sind schließlich die Schmuggler, welche vor allem von Profitgier getrieben sind.

Auch die Fremen sind eine spielbare Fraktion.
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Jede Fraktionen bringt ihre eigenen Vor- und Nachteile mit sich. So können die Atreides etwa neutrale Siedlungen auch auf friedliche Weise missionieren, während die anderen Völker diese mit Waffengewalt erobern müssen. Ihr Nachteil ist wiederum, dass sie eroberte Siedlungen nicht plündern können, was bei den anderen Fraktionen ein Garant für schnelles Geld ist. Anders verhält es sich bei den gemeinen Harkonnen, welche die Bevölkerung unterdrücken können, um mehr Ressourcen aus ihnen herauszupressen – mit dem Risiko, dass ein anschließender Aufstand mit Waffengewalt niedergeschlagen werden muss.

Für die beiden Adelshäuser ist der "Landsraad" ein wichtiger Ort – hier werden Abstimmungen darüber getroffen, wie Politik auf Arrakis gemacht wird. Die Schmuggler und die Fremen haben im Landsraad weniger Einfluss, können dafür aber zum Beispiel Unterwelt-Headquarter in den Dörfern der Feinde anlegen, beziehungsweise auf Sandwürmern reiten. Hat man sich für eine Fraktion entschieden, so können noch zwei Berater ausgewählt werden, die zusätzliche Vorteile – etwa ein besseres Standing im Landsraad oder spezielle Militäreinheiten– mit sich bringen.

Viel zu tun

Hat man sich mal für eine Fraktion entschieden, so findet man sich auf Arrakis wieder – mit einem Headquarter und einem Ornithopter, also dem auch schon im jüngsten Film äußerst prominent platzierten Fluggerät. Ab diesem Punkt gibt es viel zu tun, und nicht selten passieren mehrere Dinge gleichzeitig.

Dörfer werden erobert – und die Harkonnen können die Bevölkerung auch unterdrücken.
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So sollte gleich zu Beginn der Ornithopter genutzt werden, um die Karte zu erkunden, also nicht entdeckte Felder sichtbar zu machen. Findet das Fluggerät Fragezeichen auf der Karte, so kann er diese erforschen. Dazu gehören etwa die neutralen Siedlungen, die erobert werden müssen, sobald ausreichend Einheiten im Headquarter ausgebildet wurden.

Die Siedlungen werden benötigt, um Gebäude zu errichten – darunter etwa die Raffinerien in der Nähe von Spice-Feldern, um das wertvolle Gewürz abzubauen, wegen dem wir ja eigentlich auf Arrakis sind. Doch auch Gebäude zur Produktion weiterer Ressourcen werden hier gebaut, welche wiederum die weitere Expansion ermöglichen. Das strategische Erobern von Dörfern und damit verbundenen Regionen ist somit essentiell für die Expansion.

Zahlreiche Ressourcen

Dabei gilt es zu beachten, dass es in Dune: Spice Wars zahlreiche unterschiedliche Ressourcen gibt, die miteinander verbunden sind – wodurch irgendwas gezwungenermaßen immer Mangelware ist. So kann das abgebaute Spice zum Beispiel in Solari, die offizielle Währung des Imperiums, getauscht werden. Mit diesem Geld können Militäreinheiten rekrutiert werden, was wiederum eine entsprechende Bevölkerungszahl voraussetzt. Diese Bevölkerungszahl kann durch das Errichten von Rekrutierungszentren in den Dörfern gesteigert werden.

Die Gebäude in den Dörfern brauchen Baustoffe, das sogenannte Plascrete. Um dieses zu erlangen werden spezielle Fabriken benötigt. Allerdings kann es vorkommen, dass die ersten beiden Slots zum Errichten eines Gebäudes in einem Dorf schon ausgefüllt sind – und ein weiterer Slot kostet weiteres Plascrete. Alternativ dazu kann man natürlich auch ein neues Dorf erobern, wozu jedoch eine immaterielle Ressource namens Autorität benötigt wird, die man unter anderem durch Intrigen erlangt.

Außerdem braucht jedes Dorf Wasser – das man durch das Errichten von Windfängen bekommt, die ebenfalls Ressourcen benötigen. Der Wind weht auf Arrakis nicht überall gleich stark, weshalb der Wasserertrag nicht überall derselbe ist. Auch das gilt es also zu beachten. Genauso machen Fabriken zum Abbauen von Rohstoffen nur in bestimmten Regionen Sinn.

Sie sind verwirrt? Keine Sorge, das ist ganz normal. Nach ein paar Stunden Spielzeit kommt man aber allmählich in das Thema rein und entwickelt eine Strategie, die zur gewählten Fraktion und zum eigenen Spielstil passt. Außerdem ist es möglich, bestimmte Rohstoffe mit anderen Fraktionen zu handeln – sofern man sich also nicht komplett verrannt hat, können kurzfristige Engpässe so ausgeglichen werden.

Der Landsraad als politisches Zentrum

Die Computergegner selbst kontaktieren den Spieler übrigens ebenfalls, um besagte Handelsdeals vorzuschlagen oder auch das Verhalten des Spielers zu kommentieren – etwa, wenn dieser die vereisten Polkappen erobert, die wegen ihrer nutzbaren Wasservorräte strategisch besonders wichtig sind. Und auch sonst wird man von dem Spiel immer wieder aus der aktuellen Tätigkeit herausgerissen.

So poppen in regelmäßigen Abständen Meldungen zu Abstimmungen im Landsraad auf: hier wird entschieden, ob zum Beispiel die Produktion einer gewissen Ressource in den kommenden Tagen aufwändiger ist oder welche Fraktion zusätzliche Einheiten erhalten soll. Hier stimmen die Fraktionen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Stimmrechten ab, die Entscheidung mit den meisten Zusagen gilt für die kommenden Tage.

Wer den Landsraad lange genug beherrscht, gewinnt das Spiel.
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Abseits dieser Abstimmungen können im Landsraad auch Titel erlangt werden: Erfüllt man bestimmte Voraussetzungen, so erlangt man mit Titeln wie "Speaker of the Council" oder "Eye of the Council" entsprechende Vorteile für das laufende Spielgeschehen. Entscheidend ist hier der Titel "Dune Governship": Wer ein hohes Landsraad-Standing hat und sich mit mindestens zwei Sietches anfreundet, wird zum Herrscher über Arrakis ernannt – und hält man diesen Titel, so gewinnt man das Spiel.

Spione, Entwicklungen und Sietches

"Sietches"? Welche Sietches? Hierbei handelt es sich um einheimische Warlords, die einem das Leben schwer machen können, indem sie permanent die Dörfer angreifen. Allerdings sind sie auch scharf auf die Ressource namens Wasser, weshalb man mit ihnen einen Handel eingehen und so die Beziehung verbessern kann. Um wirklich eine Partnerschaft mit einem Sietch zu bilden, ist ein Spion nötig, der als Diplomat entsandt wird.

Spione? Ja, die gibt es auch. Sie werden schrittweise ausgebildet und können bestimmten Aufgaben zugeordnet werden – so infiltrieren sie etwa andere Fraktionen oder helfen dabei, immaterielle Ressourcen wie zum Beispiel die zuvor erwähnte Autorität anzuhäufen.

Spione sind vielfältig einsetzbar.
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Weiters gibt es die "Develoments", auf die man in Dune: Spice Wars ebenfalls ein Auge haben sollte. Hier werden wie in einem RPG-Skilltree regelmäßig neue Entwicklungen freigeschaltet, etwa aus den Bereichen Militär und Bauen. Wichtig ist hier zum Beispiel das Warenlager, das zur Errichtung einer Fabrik zur Verarbeitung seltener Mineralien gebraucht wird – welche wiederum frische Solari in die eigene Kriegskasse spült.

Wie geht es hier weiter?
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Ist man in der aktuellen Partie außerdem ausreichend fortgeschritten und hat genug Land erobert, so werden wieder neue Möglichkeiten freigeschaltet. Dazu gehört etwa die Option, das eigene Headquarter gegen mühsam erschuftete Solari aufzurüsten, was – Sie ahnen es schon... – zu einem effizienteren Einsatz der Ressourcen führt.

Wenig Einheiten – gefräßige Würmer

Vergleichsweise uninspiriert wirkt der militärische Aspekt dieses Strategiespiels. So werden die Einheiten genutzt, um neutrale oder feindliche Dörfer zu erobern. In den Dörfern selbst kann dann eine Milz ausgebildet werden, welche die Dörfer dann verteidigt. Und ja, das kostet natürlich wieder Ressourcen, die latent knapp sind. Die Miliz in den Siedlungen kann nicht genutzt werden, um andere Siedlungen anzugreifen.

Das ist insofern relevant, als die mobilen Einheiten nur in der Zentrale ausgebildet werden und ihre Anzahl durch eine weitere Ressource – die Command Points – beschränkt ist. Neben den Erntemaschinen und den Ornithoptern gibt es nur Infanterieeinheiten, die sich relativ langsam über die große Karte bewegen.

Mehr Vielfalt bei den Einheiten wäre wünschenswert.
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Das kann in mehreren Situationen äußerst frustrierend sein. Etwa, wenn man sich schon recht weit in feindliches Territorium vorgewagt hat, dann aber alle Einheiten verliert und nochmal mit den frisch rekrutierten Männlein über die halbe Landkarte pilgern muss. Oder wenn man am einen Ende der Karte gerade eine Siedlung erobern will, am anderen Ende aber von Plünderern attackiert wird oder einen Aufstand niederschlagen muss. Recht schnell kann es da passieren, dass die richtige Einheit definitiv am falschen Ort steht.

Sterben können die Einheiten dabei übrigens nicht nur im Kampf. Es kann auch sein, dass sie beim Marsch durch die Wüste schlichtweg verdursten – oder natürlich, dass der berüchtigte Sandwurm kommt und sie auffrisst. Hier hilft, sich bei der erstbesten Sandwurm-Aktivität in Sicherheit zu begeben, auch wenn man sich eigentlich gerade mitten in einem Gefecht befindet.

Multiplayer?

Die Karte des Spiels ist übrigens so gestaltet, dass sie ein wenig an das Brettspiel "Smallworld" erinnert: Schrittweise breiten sich die einzelnen Fraktionen in den Gebieten immer weiter aus, bis es irgendwann im Kampf um die Regionen und Ressourcen gezwungenermaßen zu einem Konflikt kommen muss. Das Spiel ist aktuell noch ausschließlich im Singleplayer-Modus spielbar, ein Multiplayer-Modus soll nachgereicht werden.

Hier darf man gespannt sein, wie selbiger gestaltet wird. Geht man vom aktuellen Singleplayer-Setting aus, dann wären in jeder Partie nur vier Spieler möglich, also einer für jede Fraktion – was ein wenig schade wäre, weil es bei Spielen wie Age of Empires 4 erst recht Spaß macht, zu viert gegen vier Computergegner zu spielen. Hier wäre möglichst viel Gestaltungsspielraum wünschenswert, auch natürlich in Bezug auf Größe und Gestaltung der Map.

Fazit

Die Ankündigung von Dune: Spice Wars hatte unter Fans von Echtzeitstrategiespielen für große Augen gesorgt – was wenig verwunderlich ist, zumal hier ein legendäres Franchise endlich auf den PC zurückkehrt. Es sei hier aber gewarnt, dass vergleichsweise simple Mechaniken wie bei Dune 2 oder auch beim im vergangenen Jahr erschienenen Age of Empires 4 nicht zu erwarten sind: Das simple Draufkloppen mit möglichst vielen Einheiten wird hier nicht stattfinden, stattdessen wird auf mehreren Ebenen clever mit Ressourcen und diplomatischen Entscheidungen hantiert. Damit ist Dune: Spice Wars zwar noch längst nicht so komplex wie etwa Crusader Kings, aber durchaus vielfältiger als die Genreklassiker.

Hat man dieses Wechselspiel der Kräfte einmal durchschaut, so macht es durchaus Spaß, immer weiter die Grenzen des eigenen Territoriums auszubauen und dabei mit neuen Herausforderungen zu kämpfen – es lässt sich also nicht leugnen, dass hier viel Potenzial liegt. Nachbessern müssen die Developer aber definitiv noch am militärischen Aspekt des Spiels: Das Fehlen von fahrenden Einheiten ist für ein Sci-Fi-Spiel ein No-Go, mehr fliegende Einheiten wären ebenfalls im Sinne der Kreativität zu begrüßen. Und wenn sich allgemein mehr Einheiten auf der Karte tummeln würden, würde das dem Spiel eine zusätzliche Dynamik verleihen. Ähnliches gilt für die Absenz militärischer Gebäude: Mauern wie bei Age of Empires 4 sucht man bei Dune: Spice Wars vergebens.

Was aber nicht ist, das kann noch werden. Insofern gilt: Wer es nicht abwarten und mit den erwähnten Kritikpunkten leben kann, der darf dem Spiel freilich schon in seiner jetzigen Form eine Chance geben. Wer aber ein fertiges Spiel sehen möchte, der sollte noch den finalen Release abwarten – angesichts der bisherigen rund 20 Jahre Wartezeit sind die paar Monate dann auch schon wurscht.

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Ein Exemplar des Spiels wurde von Funcom zur Verfügung gestellt.