Pipettieren für die Forschung. Je nach Betrachtung ist die Petrischale halb leer oder halb voll. Das gilt mit entsprechenden Abänderungen auch für die Fördertöpfe des FWF.

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Es waren erfreuliche, aber auch nicht ganz so erfreuliche Nachrichten, die FWF-Präsident Christof Gattringer am Donnerstag im Haus des Meeres mit Blick über Wien verkündete. Einerseits verzeichnete Österreichs wichtigster Förderer von Grundlagenforschung Rekorde bei der Zahl der geförderten Projekte und den dafür bewilligten Mitteln. Andererseits steigen die Umfänge der beantragten Fördermittel deutlich stärker als das zur Verfügung stehende Budget.

Der FWF hat trotz dieser etwas angespannten Budgetsituation für die Zukunft ambitionierte Pläne, die Gattringer bei der Jahrespressekonferenz im Beisein von Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) präsentierte.

Bundesminister Polaschek (links) und FWF-Präsident Gattringer bei der Präsentation der FWF-Bilanz und der Zukunftspläne.
Foto: FWF / Daniel Novotny

Unter dem Titel "Emerging Fields" startet der FWF heuer ein neues Exzellenzprogramm, zudem werden die Mittel für Wissenschaftskommunikation auf 500.000 Euro pro Jahr verdoppelt. Und das Programm "Cluster of Excellence", mit dem Großprojekte gefördert werden, befindet sich in einer fortgeschrittenen Auswahlphase.

Beeindruckende Zahlen ...

Doch zunächst zum Blick zurück auf 2021: Im zweiten Corona-Jahr bewilligte der FWF insgesamt 732 Forschungsprojekte im Umfang von 256 Millionen Euro. Davon gingen 104 Millionen Euro in den Bereich Naturwissenschaften und Technik, 94 Millionen Euro in Biologie und Medizin und 57 Millionen Euro in die Geistes- und Sozialwissenschaften. Diese abstrakten Summen lassen sich auch in weniger abstrakte Zahlen umrechnen: So finanziert der Forschungsfonds aktuell nicht weniger als 4.458 Wissenschafterinnen und Wissenschafter in 2.588 laufenden Projekten an Österreichs Universitäten und anderen Forschungsstätten. Das sind mehr als jemals zuvor.

Trotz aller Rekorde bleibt die budgetäre Situation im FWF angespannt: Dem fünfprozentigen Zuwachs bei den zugesprochenen Fördermitteln steht ein Anstieg der beantragten Fördersumme von 14 Prozent gegenüber 2020 auf mehr als 1,2 Milliarden Euro gegenüber. Die logische Konsequenz: Die Bewilligungsquote bewegt sich bei 18 bis 22 Prozent je nach Forschungsbereich. Zum Vergleich: Beim ERC, der pro Projekt höhere Summen ausschüttet, beträgt die Quote etwa 14 Prozent. "Tiefer darf das nicht mehr gehen", appellierte Gattringer an den Bund, das künftige FWF-Budget an den Bedarf anzupassen.

Links: Der sehr viel schnellere Anstieg der beantragten (mittelblau) und tatsächlich bewilligten Projektsummen (dunkelblau).
Grafik: FWF

... und fehlende Gelder

Denn diese geringeren Quoten bedeuten auch, dass es eine wachsende Zahl von Einreichungen gibt, die trotz exzellenter Beurteilung nicht gefördert werden können. Die (Fehl-)Summe dieser exzellenten, aber letztlich nicht finanzierbaren Projekte macht laut FWF immerhin 64 Millionen aus. Das ist eine klassische Lose-lose-Situation, um es auf Neudeutsch zu formulieren: Die Antragstellerinnen und Antragsteller sind frustriert, aber auch die Begutachtenden und natürlich auch die Forschungsförderungsagentur selbst. Sie allen haben viel Aufwand in einen Antrag gesteckt, für den es dann doch kein Geld gibt.

Den Grund dafür sieht FWF-Präsident Christof Gattringer in einem an sich erfreulichen Wachstums- und Innovationsschub bei den Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen: "Die Spitzenforschung in Österreich gewinnt weiter an Dynamik, die Qualität der Anträge sowie die Nachfrage steigt von Jahr zu Jahr." Dazu kämen neue Institutionen wie die Central European University (CEU), die sich im Vorjahr in Wien ansiedelte und ebenfalls Projekte beim FWF einreicht.

Pläne für die Zukunft

Gattringers Jahresbilanz umfasste neben dem Rückblick auch Ausblicke in die nähere Zukunft: So wird der FWF im September das neue Programm "Emerging Fields" erstmals ausschreiben, das Teil der im Vorjahr gestarteten Exzellenzinitiative "excellent=austria" ist. Gefördert werden damit – noch etwas vage umrissen – "Forschungsvorhaben, die das Potenzial haben, in ihrem Feld einen Paradigmenwechsel auszulösen".

Die Pfeiler der Exzellenzstrategie für dieses Jahr und die weitere Zukunft.
Grafik: FWF

Ziel ist es, Teams aus drei bis sieben Personen mit einer Förderung von vier bis sechs Millionen Euro zu ermöglichen, gänzlich neue Ansätze umzusetzen und so in Folge die Chancen auf Durchbrüche zu erhöhen. In der ersten Ausschreibungsrunde stehen dafür 24 Millionen Euro zur Verfügung, erste Förderentscheidungen werden Ende 2023 getroffen.

Gerade die Projekte dieser Exzellenzinitiative, die zum nicht geringen Teil von Geldern des neuen Fonds Zukunft Österreich gespeist werden, können auch interdiziplinär sein, während bei den "normalen" Projekten der FWF aus verschiedenen Gründen (auch der Begutachtung) nach wie vor stark disziplinär strukturiert ist – stärker womöglich an vergleichbare Förderinstitutionen in anderen Ländern.

Wider den Vertrauensverlust

Schließlich gab es noch einen weiteren Schwerpunkt der Präsentation am Mittwoch: die Stärkung des Vertrauens in die Wissenschaft. Die eher miserablen Ergebnisse Österreichs bei der Eurobarometerumfrage, über die DER STANDARD ausführlich berichtete, hat bei vielen Verantwortlichen im Wissenschaftsbereich allem Anschein nach doch die Alarmglocken läuten lassen.

So wird etwa das Wissenschaftsministerium eine Studie ausschreiben, mit der die Ursachen dieser Skepsis erforscht werden sollen, wie Minister Polaschek am Mittwoch bestätigte. Die Vorarbeiten dafür seien aber noch ganz am Anfang. Der FWF wiederum will die Mittel seines Förderprogramms für Wissenschaftskommunikation, das auf FWF-Projektforschende zugeschnitten ist, auf 500.000 Euro pro Jahr steigern. (tasch, 28.4.2022)