Fisch mag vergleichsweise teuer sein, seine vielleicht köstlichsten Stücke aber bekommt man oft sogar geschenkt: den Kopf und die vorderen Flossen. An ihnen sitzt herrlich geschmacksintensives, gelatine- und fettreiches Fleisch, also genau jener Teil, der in wenig fischaffinen Kulturen oft weggeworfen wird. Während sie auch bei kleineren Fischen köstliche Bissen abgeben, wird bei einem größeren Tier eine ganze Mahlzeit daraus.

Die besten bzw. ergiebigsten Bissen sitzen einerseits auf der Innenseite der Schulterblätter (falls Sie ein Fischbiologe sind, bitte ich um Entschuldigung für den wahrscheinlich anatomisch falschen Ausdruck), also auf der Innenseite jener Knochenblätter, an denen die Vorderflossen ansetzen (Fußnote), und im hinteren Teil des Kopfes, vom Nacken bis fast hinauf zum Scheitel. Auch der Rest ist köstlich, selbst wenn er nicht unbedingt so aussieht, zugegeben aber eher für Leute mit Lust und Muße und Freude am Zuzeln und Saugen: Wenn etwa Chinesen mit so einem Fischkopf fertig sind, ist er blank geputzt.

Foto: Tobias Müller

Ich habe in den vergangenen Wochen vermehrt große Fische gekauft und bin daher öfter in den Genuss anständiger Köpfe gekommen. Die (Süd-)Italiener, mein Fischhändler inklusive, schmoren Fischköpfe gern zu Ragù di Pesce und servieren es mit Pasta. Ich halte es aber lieber mit den (Südost-)Asiaten, die riesige Fischkopfverehrer sind, und mache Curry draus.

Der intensive Fischgeschmack des Kopfs und sein Fettgehalt vertragen meiner Meinung nach kräftige Gewürze und Chili. Es ist eine der simpelsten Arten, Fisch zuzubereiten: Im Gegensatz zum Filet muss sich hier keiner fürchten, den Fisch mit ein paar Sekunden Hitze zu viel zu übergaren oder dass die Haut nicht knusprig wird – und außerdem lässt sich der Kopf so wunderbar im Ganzen präsentieren.

Foto: Tobias Müller

Für zwei Esser brauchen Sie einen Kopf und die Vorderflossen eines etwa drei Kilogramm schweren Fisches. Das Curry lässt sich außerdem ergiebiger gestalten, wenn Sie auch noch die Karkasse darin mitkochen und danach das Fleisch von ihr lösen – bei Fischen dieser Größe kommt da noch einmal eine ordentliche Portion zusammen (auch wenn es von der Saftigkeit und dem Schmelz nicht an das Kopffleisch herankommen wird).

Ich benutze es auch gern als Vehikel für andere Köstlichkeiten, die man bekommt, wenn man größere Fische kauft: die Eiersäcke etwa oder den mitunter unschlagbar cremigen Milchner. Falls Sie die haben: einfach am Ende der Garzeit ins Curry legen und ein paar Minuten mitziehen lassen.

Zugegeben: Am Meer tun Sie sich leichter, ein schönes Fischkopfcurry zu kochen. Aber erstens gibt es auch in Wien immer wieder ausreichend große Meeresfische zu kaufen, und zweitens gibt es überhaupt keinen Grund, Fischkopfcurry nicht auch aus großen Süßwasserfischen wie Karpfen, Welsen oder Hechten zu machen – der Lukas Nagl, Österreichs vielleicht bester Fischkoch, macht das regelmäßig. Wer nicht gerade an einem See ist: Die Fischerie in Wien hat immer wieder schöne, große Exemplare im Programm. (Bloß von zweifelhaften Zuchtlachsköpfen täte ich hingegen abraten: Der Kopf schmeckt intensiv, und wenn der Fisch nicht gut ist, dann ist der Kopf noch schlechter.)

Foto: Tobias Müller

Das folgende Rezept ist ein ziemlich einfaches Curry (wenn auch nicht ganz so einfach wie das), mehr oder weniger inspiriert von Fischkopfcurrys, wie ich sie in Malaysia genießen durfte – zwar weniger gefinkelt, aber dafür ziemlich problemlos nachkochbar.

Wie immer gilt: Zutaten und Mengenangaben sind Empfehlungen und Richtwerte und sollten Sie nicht davon abhalten zu experimentieren. Selbst den Fischkopf können Sie mit Fischfilet ersetzen, und das Ergebnis wird immer noch ziemlich gut sein.

Saures Fischkopf-Kokos-Curry für zwei bis vier, je nach Hunger, Zuspeisen und Fischgröße

  • 2 EL Kreuzkümmel
  • 2 EL Koriandersamen
  • 1 EL Bockshornkleesamen
  • 2 EL gemahlener Kurkuma
  • 1 daumengroßes Stück Ingwer, geschält und in Scheiben geschnitten
  • 3 Knoblauchzehen, gehackt
  • 2 rote Thaichili (oder nach Geschmack)
  • 1/2 Dose Tomaten
  • 1 Dose Kokosmilch (mein aktueller Favorit ist Billa Bio – stolze 80 Prozent Kokosnussanteil und sonst keine Zusätze)
  • ca. 1/2 EL Tamarindenmark
  • Kopf und Vorderflossen samt Schultern eines mindestens 3 Kilo schweren Fisches

Die Gewürze bis auf den Kurkuma kurz trocken rösten und im Mörser mahlen. Ingwer, Knoblauch und Chili kurz in Öl anschwitzen, dann Kurkuma und restliche Gewürze zugeben und eine Minute braten, bis alles duftet. Mit den Dosentomaten ablöschen, Tomaten zerdrücken und ein paar Minuten ein wenig einkochen lassen. Tamarindenmark (gut!) einrühren, dann mit Kokosmilch aufgießen.

Foto: Tobias Müller

Erst die vorderen Flossen, dann den Fischkopf in den Topf geben und alles zum Köcheln bringen. Bei geschlossenem Deckel auf niedriger Hitze sieden lassen, bis der Fischkopf ganz weich ist, je nach Größe etwa 15 bis 20 Minuten. Nach der Hälfte der Garzeit den Kopf einmal wenden.

Foto: Tobias Müller

Mit Grünzeug nach Wahl und reichlich Reis für die köstliche Sauce servieren. Flossen mit den Händen essen, Fischkopf mit Stäbchen oder Löffel zerpflücken. Und keine Angst vor glibbrigen Teilen: Es lohnt sich! (Tobias Müller, 1.5.2022)

Fußnote: Wer will und kann und einen richtig großen Fisch hat, der kann die Flossen auch separat grillen. Das Ergebnis kann orgiastisch gut sein. Eines meiner schönsten Fischerlebnisse war eine gegrillte Schwertfischflosse in Süditalien.