Der Rubel rollt. Die russische Währung hat deutlich an Wert gewonnen, seit "unfreundliche Staaten" ihre Gasrechnung zwar in Euro oder Dollar zahlen können, die Devisen aber anschließend in Rubel konvertiert und auf das Konto von Gazprom überwiesen werden müssen.

Foto: epa/kochetkow

Die Art der Bezahlung für Importe von russischem Öl und Gas hat in den vergangenen Tagen erneut für viel Wirbel gesorgt. Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte im März an, er werde Öl und Gas an "unfreundliche Staaten" nur noch liefern, wenn diese dafür in Rubel bezahlen. Der Westen hatte diese Forderung aber vom Tisch gewischt. Das Putin-Dekret mit einem Umweg über die Gazprombank, die Euro und Dollar des Westens in Rubel konvertiert, brachte die vorerst gesichtswahrende Lösung für beide Seiten. Dennoch gibt es neue Probleme.

Bulgarien wollte sich auf die Lösung mit der Gazprombank nicht einlassen, heißt es. Bulgariens Energieminister Alexander Nikolow erklärte, dass man bei dieser Konstruktion die Kontrolle über das Geld nach der Überweisung verliere. Die Folge: ein Stopp der Lieferungen nach Bulgarien. Auch Unsicherheit bezüglich des Wechselkurses an der Börse merkte Nikolow als Hürde an. Bulgarien müsste zudem Euro (oder Dollar) selbst erst kaufen, das Land ist noch nicht Mitglied der Eurozone.

Aufwertung

Aufgewertet hat Putins Konstrukt jedenfalls den Rubel. Anfang März kostete ein Dollar noch bis zu 120 Rubel – aktuell sind es etwa 74 Rubel je Dollar und damit so viel wie zu Jahresbeginn. Doch Experten warnen, diese Rubel-Stärke sei künstlich herbeigeführt. Einerseits hat die russische Notenbank mit einer drastischen Erhöhung des Leitzinses von 9,5 auf zwischenzeitlich 20 Prozent auf die Währung eingewirkt, zudem wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Exporteure etwa müssen 80 Prozent ihrer Fremdwährungsumsätze in Rubel umwandeln. Die Notenbank verbot, mehr als 10.000 Dollar ins Ausland zu überweisen – auch der Verkauf von Fremdwährungen an Privatkunden durch Banken war untersagt. Sparer durften maximal 10.000 Dollar von ihren Valutakonten abheben, alles darüber hinaus bekamen sie in Rubel ausgezahlt. Hier gab es wieder Lockerungen. Dass die russischen Exporte auf hohem Niveau blieben, während die Importe drastisch zurückgingen, stärkte den Rubel ebenso. In Summe habe der Rubel aufgrund der Sanktionen des Westens aber seine freie Konvertierung verloren, sagen Experten.

Gazprom wirkte auf Putin ein

Das Putin-Dekret sorgt ebenfalls für Rubel-Nachfrage. Aus der Branche ist zu hören, dass Gazprom hier auf Putin eingewirkt haben soll, damit die Lösung über die Gazprombank und die Konvertierungskonten entstehen konnte. Doch es gibt Detailfragen, die noch einer juristischen Klärung bedürfen. Etwa: Ab wann gilt eine Rechnung als bezahlt? Wenn etwa die OMV Euro an Gazprom überweist? Oder erst, wenn dieser Betrag konvertiert auf dem Rubel-Konto landet? Wer trägt bis wohin die Haftung? Gibt es Wechselspesen durch die Konvertierung in Rubel, und wenn ja, wer bezahlt diese?

Letztere gebe es nicht, sagte Putin-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch, weder Mehrbelastungen noch Wechselspesen. Peskow wies auch Vorwürfe von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurück, wonach es sich bei der Rubel-Konvertierung um ein Erpressungsinstrument handle. Russland verlange laut Peskow lediglich, dass die Kunden Konten bei der Gazprombank eröffnen, um die Zahlungen abzuwickeln. Sie könnten dort wie bisher weiter in Euro oder Dollar einzahlen, die Bank konvertiere den Betrag und überweise die Rubel an Gazprom. Die EU-Kommission stellte am Donnerstag zudem klar, dass die Annahme des Putin-Dekrets (also Konvertierung via Gazprombank) nicht gegen die Sanktionen verstoße. Allerdings sieht die EU-Kommission es als inakzeptabel an, dass der Kauf vonseiten Russlands erst als vollständig angesehen werde, wenn das Geld in Rubel umgerechnet ist.

Dennoch kommt keine Ruhe in das Thema. Donald Tusk, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP), wirft Österreich, Ungarn und Deutschland vor, sich für die Zahlung von russischem Gas in die "Rubel-Zone" begeben zu haben. Die Länder seien bereit, russische Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen, wie Moskau es verlange, kritisierte der Ex-EU-Ratsvorsitzende und polnische Ex-Ministerpräsident.

Kein OMV-Rubel-Konto

Am Donnerstag hieß es auch, die OMV eröffne ein Rubel-Konto in der Schweiz, was nicht im Einklang mit den Sanktionen wäre. Laut STANDARD-Recherchen stimmen die Informationen der Financial Times bezüglich des Kontos nicht. Die OMV kommentiert das nicht, verweist nur darauf, dass der Vorschlag von Gazprom vor dem Hintergrund der EU-Sanktionen geprüft wurde und man bei Detailfragen eine sanktionenkonforme Lösung suche. (Bettina Pfluger, 28.4.2022)