(April 2023. Büro in der Parteizentrale der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. Der stellvertretende Klubobmann Leichtfried, in der Hand mehrere Zettel haltend, geht unruhig auf und ab.

Parteivorsitzende Rendi-Wagner
und Klubobmann Leichtfried.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Pause.

Es klopft, die Tür geht auf, die Parteivorsitzende Rendi-Wagner sowie der Bürgermeister von Wien Ludwig treten ein.)

LEICHTFRIED: Ah, da seid ihr ja. Danke für euer Kommen. Also … Wie ihr wisst, habe ich nach dem Desaster vom vorigen Jahr, wo so wenige Menschen zu unserer 1.-Mai-Kundgebung gekommen sind, ein Konzept ausarbeiten lassen für eine Neugestaltung, das ich euch gern vorstellen möchte. Und wenn ich euch schon dahabe, können wir es auch gleich einmal durchproben, es ist nämlich vorgesehen, dass wir zu dritt am Podium stehen und uns abwechseln beim Reden beziehungsweise beim Singen. Weil unser neuer PR-Berater meint, wir sollen auf jeden Fall singen, mit Musik geht alles besser.

LUDWIG: Ich kann nur "Die Arbeiter von Wien".

RENDI-WAGNER: Ich könnt’ dieses eine vom Udo Jürgens mit dem Vaterland.

LEICHTFRIED: Nein, es ist was anderes, nicht so politisch. Er meint, die Leute haben genug von der Politik, wir müssen uns neu positionieren. (Reicht Rendi-Wagner und Ludwig jeweils einen Zettel.) Die Melodie ist ganz einfach. Also los, ich fang’ an.

(Sie singen abwechselnd:)

LEICHTFRIED: Ei, was für ein Freudentag, / ein Tag, wie ihn ein jeder mag, / jedes Kind, auch jede Frau, / das ist der erste Mai, genau!

RENDI-WAGNER: Auch ich als Ärztin weiß gewiss, / dass der erste Mai das is’, / der schönste Tag im ganzen Jahr, / immer schon und immerdar.

LUDWIG: Erster Mai, wie wunderschön! / Ach, würd’ der Tag doch nie vergehn! / Jeder trinkt ein Glaserl Wein / und schenkt sich noch ein zweites ein.

LEICHTFRIED: Man hört die Menschen singen, lachen, / heiter plaudern, Witze machen.

LUDWIG: Niemand denkt an seine Sorgen / und vergessen ist das Morgen.

RENDI-WAGNER: Denn in unserm Land zumal / sind alle lustig und neutral.

ALLE: Und darum grüßen heut’ wir drei / mit einem lautstarken Mai Mai.

(Pause. Sie lassen die Zettel sinken.)

LUDWIG: Mai Mai?

LEICHTFRIED: Der Neue meint, das kommt besser als "Freundschaft" oder etwas in der Art.

RENDI-WAGNER (nachdem sie den Text noch einmal durchgelesen hat): Ich finde das grundsätzlich nicht schlecht, aber ich würd’ doch gern persönlich mit ihm sprechen.

LUDWIG: Wie heißt er überhaupt?

LEICHTFRIED: Weiß ich nicht. Wir haben ihn erst vor ein paar Tagen eingestellt. Ein Villacher.

(Vorhang)

(Antonio Fian, 1.5.2022)