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Deutschland erwartet im Streit um Entschädigungen aber keinen Schaden für die Beziehungen mit Italien. (Symbolbild)

Foto: Andrew Medichini

Deutschland verklagt Italien in der Auseinandersetzung um Entschädigungsforderungen wegen deutscher Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Die Bundesregierung reichte die Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag ein, wie das Organ der Vereinten Nationen mitteilte. Berlin wirft italienischen Gerichten vor, rund 25 neue Verfahren gegen Deutschland zugelassen zu haben.

Dies sei geschehen, obwohl der IGH im Jahr 2012 geurteilt hatte, dass Deutschland italienische Militärinternierte und andere italienische NS-Opfer nicht individuell entschädigen müsse. Das geht aus dem eingereichten Schriftsatz beim Internationalen Gerichtshof hervor.

Im deutschen Auswärtigen Amt wurde am Samstag betont, dass man keine politischen Spannungen mit der Regierung in Rom erwarte. "Unabhängig von dieser jetzt anstehenden, rein rechtlichen Klärung ist klar – und da sind wir uns mit unseren italienischen Partner einig -, dass die enge und vertrauensvolle deutsch-italienische Zusammenarbeit von dem Vorgang nicht beeinträchtigt wird", heißt es im Auswärtigen Amt.

Grundstücke zwangsversteigert

Die Bundesregierung steht unter Zeitdruck, weil in Italien eine Zwangsversteigerung deutscher Grundstücke in Rom am 25. Mai droht. Auf den Grundstücken stehen etwa das Goethe-Institut und die deutsche Schule. Deshalb setzt die Bundesregierung auf eine vorläufige Entscheidung des IGH vor dem 25. Mai. Hauptsache-Verfahren können sich beim Internationalen Gerichtshof Jahre hinziehen.

Deutschland hatte den Internationalen Gerichtshof bereits 2008 angerufen, um zu prüfen, ob früher in Italien gefällte Urteile auf Entschädigung rechtens sind. Der IGH hatte 2012 dann abschließend zugunsten Deutschlands entschieden. 2014 hatte das italienische Verfassungsgericht allerdings wiederum entschieden, dass private Klagen zulässig sind. Um Zahlungen zu erzwingen, hatten italienische Justizbehörden seither in zwei Fällen sogar angeordnet, die besagten Vermögenswerte Deutschlands in Italien zu beschlagnahmen.

Bilaterale Abkommen

Deutsche Truppen hatten Italien von September 1943 bis Mai 1945 besetzt, nachdem sich das Land im Zweiten Weltkrieg den Alliierten angeschlossen hatte. Die Urteile bezogen sich auf Entschädigungszahlungen für diese Zeit. Deutschland verweist auch im Rechtsstreit mit anderen Staaten wegen der NS-Verbrechen stets darauf, dass über bilaterale Abkommen mit betroffenen Ländern bereits Milliarden Euro an Entschädigungszahlungen geleistet worden seien. Deshalb seien individuelle Klagen nicht zulässig.

Auch andere Staaten wie Polen, Griechenland oder Namibia beanspruchen wegen Verbrechen in der deutschen Nazi- oder Kolonialzeit Entschädigungszahlungen. Dabei geht es aber meist nicht um private Klagen von Betroffenen gegen Deutschland. (APA, 30.4.2022)