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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach in einem Interview mit der "Presse am Sonntag" über Vorwürfe des ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seinem Besuch in Kiew, wonach Österreich "tote Kinder für russisches Gas in Kauf" nehme. Außerdem zeigte er Verständnis für die jüngst von Deutschland beschlossene Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Nehammer wies darauf hin, dass Russland "derzeit kein Interesse" an Friedensgesprächen habe. "Also passt es wieder, dass die Ukraine mit schweren Waffen unterstützt wird." Österreich sieht er militärisch nicht unmittelbar bedroht, wie er dem "Kurier" sagte.

"Jeder Tag, den der Krieg länger dauert, erhöht die Gefahr eines großen Krieges", sagte er auf die Frage, wie groß die Gefahr sei, dass der Krieg bis nach Mitteleuropa getragen werde. "Eine Rakete Richtung Österreich ist nicht zu befürchten", fügte er hinzu. Bei einer atomaren Wolke "kommt es auf das Wetter und die Windrichtung an", doch dürfte es laut Experten mit den heutigen Reaktoren keine Kettenreaktion wie bei der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 geben.

Russland habe kein Interesse

Der Presse sagte der Kanzler, bezüglich der Lieferung schwerer Waffen schlügen "zwei Herzen in meiner Brust". "Es ist richtig, der Ukraine Defensivwaffen zur Verfügung zu stellen. Aber in der Kriegslogik heißt das: Solang die Waffen sprechen, treten die Gespräche des Friedens in den Hintergrund. Daran hat aber auch Russland derzeit kein Interesse."

Erschüttert zeigte sich Nehammer über die Vorwürfe Selenskyjs: "Das war einer der schlimmsten Momente, den man als Kanzler erleben kann, wenn man selbst Familienvater ist. Und es ist trotzdem für mich nicht abänderbar", sagte Nehammer und argumentierte mit seiner Verantwortung für die Energiesicherheit Österreichs. Zudem betonte er, dass Kreml-Chef Wladimir Putin "von sich aus" das Gas-Thema bei dem Zweier-Treffen in Moskau angesprochen habe. Mit einem "selbstverständlich" beantwortete der Kanzler in beiden Interviews die Frage, ob die Bundesregierung für den Fall eines russischen Gaslieferstopps einen Plan habe. (APA, red, 30.4.2022)