Werner Kogler hat die Grünen aus dem Tal der Tränen in Regierungsämter gebracht. Entsprechend dankbar bedachten ihn die Delegierten auf dem Villacher Parteitag wieder mit Jubel und Standing Ovations.

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Applaus, Applaus. Es war ein richtiger Wohlfühlparteitag der Grünen an diesem Wochenende im kärntnerischen Villach. Die Delegierten gaben sich minutenlangen Ovationen für ihren Parteichef Werner Kogler hin, den sie mit 96,41 Prozent bestätigten.

Während sich der skandalgeschüttelte große Regierungspartner ÖVP momentan mit sich selbst beschäftigen muss, konnte sich Koglers grüne Truppe als professioneller, stabiler Faktor in dieser Koalition inszenieren. Es war der Parteitag des Selbstlobs, gerade einmal drei Anträge wurden gestellt. Diskussionen – wie früher – fielen aus. Niemand wollte wohl die gute Stimmung vermiesen.

Gefallen an der Macht

"Die Grünen", sagt die an der Kärntner Universität und FH lehrende Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle, "sind eine stinknormale Partei geworden." Das solle nicht abwertend rüberkommen, es sei als Feststellung gemeint, dass sich die Grünen eben schmiegsam an das etablierte Parteigefüge angepasst hätten. Da sei wenig Außergewöhnliches mehr, wenig Esprit, sondern Abgeklärtheit und Pragmatismus. "Die Grünen haben Gefallen an der Macht gefunden und stellen weniger grundsätzliche Fragen", sagt Stainer-Hämmerle

Mit dem Wiedereinzug ins Parlament und der anschließenden Regierungsbeteiligung habe die Partei stark an Professionalität zugelegt. Dass sie sich in gewissem Sinne auch in eine Schönwetterpartei gewandelt habe, sei auch auf dem Parteitag am Wochenende zu beobachten gewesen. "Viel Jubel und Applaus" gab es da – "Diskussionen, inhaltliche Positionskämpfe: Das war früher", sagt Stainer-Hämmerle. Das habe aber diesmal auch keinen Platz gehabt, zumal der Parteitag in Villach auch als Unterstützung für die Grünen in Kärnten, die nächstes Jahr ihren Wahlkampf zu schlagen haben, gemeint war. Da war Harmonie angesagt. "Eine auch nur in Ansätzen hochkommende Diskussion würde den Kärntner Grünen sicher schaden, die um den Wiedereinzug in den Landtag kämpfen." Sie mussten sich in diesem Vorfeld von Landtagswahlen "professionell geben und auch den Erfolg als Regierungspartei transportieren", sagt die Politikexpertin. Momentan ist der Einzug laut Umfragen noch in keiner Weise gesichert.

"In Tirol und Salzburg müssen sich die Grünen als Juniorpartner der Wahl stellen. Auch das sprach gegen Diskussionen auf dem Parteitag, die in der Folge ja sofort als Streit unter den Grünen interpretiert worden wären." In Kärnten geht es aber auch um viel Geld. Die grüne Parteienförderung, um die einiger Streit ausgebrochen ist, nachdem die Grünen aus dem Landtag geflogen waren, liegt zurzeit auf einem Treuhandkonto: 483.000 Euro. Sollten die Grünen den Wiedereinzug nicht schaffen, müssen sie die Summe zurückzahlen.

Grüne als stabiler Faktor

Die Hochstimmung bei den Grünen habe jedenfalls gute Gründe, sagt Stainer-Hämmerle: "Sie sind momentan in einer durchaus komfortablen Situation. Denn die ÖVP mit all ihren Problemen hat weniger Spielraum als vorher. Diese Schwächephase der ÖVP, in der die Volkspartei schwer mit sich selbst beschäftigt ist, können die Grünen gut nutzen und sich als stabiler Faktor und inhaltlicher Taktgeber der Regierung in Position bringen. Parteichef Kogler kann sich als krisenfester Manager profilieren."

Im allgemeinen, inszenierten grünen Jubel gehe freilich unter, dass die Grünen Kernthemen wie Bildung oder Frauen "völlig vernachlässigen. Davon ist überhaupt nichts mehr zu hören", sagt die Politikwissenschafterin. "Beim Thema Transparenz hingegen dürfte nun endlich etwas weitergehen, Vorarlberg sei Dank", so Stainer-Hämmerle. (Walter Müller, 1.5.2022)