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Müdigkeit und Abgeschlagenheit – auch bekannt als Fatigue-Syndrom – sind eines der möglichen Symptome von Long Covid.

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Long-Covid-Symptome hängen offenbar mit dem Vorhandensein von Virusbestandteilen im Körper zusammen. Zu diesem Schluss kommt eine klinische Studie an Patienten mit chronischen Darmerkrankungen unter der Führung von Herbert Tilg, Direktor für Innere Medizin der Innsbrucker Uni-Klinik. "Dass Virusreste anscheinend mit Long-Covid-Symptomen korrelieren, ist human bisher noch nie gezeigt worden", sagt Tilg.

Bei der Studie wurden 46 Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im Zuge einer Magen-Darm-Spiegelung auch auf Corona untersucht, so der Internist und Gastroenterologe, der als federführend in der Forschung gilt. Bei diesen eher jüngeren Patienten – die meisten zwischen 20 und 30 Jahre alt – werde regelmäßig eine solche Spiegelung gemacht. 65 Prozent der Patienten mit festgestellten Virusresten im Darm hätten Long-Covid-Symptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit gezeigt. "Und dort, wo keine Virusreste gefunden wurden, gab es auch keine Long-Covid-Symptome", so Tilg. Die Long-Covid-Symptome hätten übrigens unabhängig von der vorliegenden Grunderkrankung bestanden.

Die Vermutung, dass Virenreste die Ursache von Long Covid sein könnte, stellte auch bereits ein Team des Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin an, der STANDARD berichtete.

Virusreste monatelang nachweisbar

Das Team rund um Tilg konnte auch zum Verlauf der Infektion Ergebnisse liefern: 90 Prozent der Untersuchten hatten im Vorfeld eine milde Corona-Erkrankung durchgemacht. Das zeige erneut, dass auch bei Menschen mit leichtem Krankheitsverlauf Long Covid auftreten könne.

Weitere Erkenntnisse der Studie, die soeben in der Fachzeitschrift "Gastroenterology" veröffentlicht wurde, waren: Bei 32 Patienten, also rund 70 Prozent, wurden im Schnitt 7,3 Monate nach der Infektion noch Virusbestandteile oder Virusreste in der Dünn- oder Dickdarmschleimhaut gefunden, in über 50 Prozent der Fälle noch das Viruseiweiß.

Überdies wurden auch Blutuntersuchungen gemacht, um die Antikörperantwort gegen das Virus zu messen. "Die Patienten, bei denen am meisten Viren im Gewebe gefunden wurden, haben weniger Antikörper", so der Internist.

Andere Viruserkrankungen liefern ähnliche Hinweise

"All das ist noch kein Beweis, aber ein starker Hinweis darauf, dass der Körper offenbar ein Problem hat, diese Virusbestandteile endgültig zu eliminieren", betont der Mediziner. Woran das genau liege und wie man die Bestandteile komplett ausradieren könne, darauf habe die Medizin noch keine Antwort. Es gebe andere Viruserkrankungen, bei denen Ähnliches vermutet werde, aber diese seien wesentlich seltener, so Tilg.

Insgesamt sei es naheliegend gewesen, eine solche "Patientengruppe" für die Studie heranzuziehen. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen bzw. das Instrument der Magen-Darm-Spiegelung seien dafür quasi prädestiniert, da eine solche Untersuchung bei diesen PatientInnen wiederholt notwendig ist. Bisher gibt es zwar keine Beweise dafür, aber es sei naheliegend, dass solche Virusreste auch in anderen Organen wie Lunge, Niere oder Leber vorhanden sein könnten. (APA, 2.5.2022)