Der Jurist Johannes Mitterecker gibt in seinem Gastblog Einblick in die Reform der Spielerleihe.

Die Fußballsaison geht gerade in die heiße Phase. Damit rücken aber nicht nur die richtungsweisenden Spiele immer näher, sondern auch das Sommertransferfenster. Hinter den Kulissen basteln die Klubs daher schon fleißig am Kader für die neue Saison. Dabei ist in Zukunft vor allem bei den Leihgeschäften aufzupassen. Denn die Fifa hat die Regelungen für die Ausleihe von Spielern verschärft. Die Reform soll vor allem die Anzahl und die Dauer von Leihgeschäften beschränken. Die neuen Regelungen für internationale Leihen treten am 1.7.2022 in Kraft.

Im Idealfall profitieren von einem Leihgeschäft alle

Spielerleihen haben im Fußballtransferkarussell mittlerweile einen Stammplatz. Im Sommertransferfenster 2021 haben Leihgaben 13,2 Prozent und die Rückkehr von Leihen 13,4 Prozent der gesamten internationalen (rein inländische Transfers und Leihen sind daher nicht von dieser Statistik umfasst) Transferaktivitäten ausgemacht. Spielerleihen bieten eine willkommene Alternative zum fixen Transfer.

So sind die Kosten für den entleihenden Verein deutlich geringer als bei einem Fixtransfer. Viele Klubs können es sich nicht leisten, die horrenden Transfersummen für die fixe Verpflichtung eines Spielers aufzubringen. Die Leihe stellt einen Ausweg dar, um relativ kostengünstig an einen guten Spieler zu kommen. Auch für den verleihenden Klub macht eine Spielerleihe Sinn, wenn er einem Nachwuchstalent die nötige Spielpraxis gewähren möchte, dem Spieler aber im eigenen Kader derzeit keinen Stammplatz garantieren kann. Letztlich kann auch der Sportler profitieren, weil er Spielpraxis erhält und nach der Leihe gestärkt zu seinem Stammklub zurückkehren kann.

Ein Beispiel einer für alle Seiten erfolgreichen Spielerleihe ist das des österreichischen Ausnahmespielers David Alaba. So gelang ihm der richtige Durchbruch bei Bayern München nach einer halbjährigen Leihe bei der TSG 1899 Hoffenheim.

Geschäftsmodell Spielerleihe

Spielerleihen sind also grundsätzlich keine schlechte Sache. Sie können auch ein einträgliches Geschäft sein. Es verwundert daher nicht, dass viele Vereine aus dem Verleihen von Spielern ein Geschäftsmodell entwickelt haben. Dies ist gerade in England und Italien zu beobachten. In England hat sich für Vereine mit einer besonders ausgeprägten Leihspieler-Strategie der Begriff "Loan Army" durchgesetzt. Paradebeispiel ist der (noch) amtierende Champions League Sieger FC Chelsea. Die Blues aus der englischen Hauptstadt sind berühmt und berüchtigt für ihr reges Verleihen am Transfermarkt. Dem steht der Ligakonkurrent Manchester City in nichts nach; bei den Citizens kommt noch hinzu, dass sie zur weltweit operierenden City Football Group gehören, deren zehn Mitglieder emsig Spieler untereinander hin- und herverleihen. Extrembeispiel für Leihspieler-Armeen ist aber Atalanta Bergamo. Der italienische Klub verleiht derzeit über 60 Spieler.

Um gegen die Leihspieler-Armeen ins Feld zu ziehen, hat die Fifa vor kurzem neue Bestimmungen für Leihgaben verabschiedet.
Foto: APA/Sandro Schuh

So sehr Leihen für alle Involvierten vorteilhaft sein können, so steht bei vielen Leihgeschäften nicht immer die Förderung der Talente im Vordergrund, sondern ein profitorientiertes Motiv. Spieler werden nicht selten zu regelrechten Spekulationsobjekten degradiert. Gerade dagegen möchte die Fifa mit der aktuellen Reform vorgehen und hat folglich den "Loan Armies" den Kampf angesagt.

Die Neuerungen der Fifa-Reform im Überblick

Um gegen die Leihspieler-Armeen ins Feld zu ziehen, hat die Fifa vor Kurzem neue Bestimmungen für Leihgaben verabschiedet. Diese Leihreform soll zur Förderung von Nachwuchsspielern beitragen, ein sportliches Gleichgewicht fördern und das Horten von Spielern verhindern. Damit die FIFA diese hochgesteckten Ziele tatsächlich erreichen kann, hat der Weltfußballverband überblicksartig folgende Reformvorhaben umgesetzt:

  • Pflicht zum Abschluss einer schriftlichen Leihvereinbarung
  • Laufzeit einer Leihgabe über mindestens den Zeitraum zwischen zwei Registrierungsperioden (Transferfenster) sowie von maximal einem Jahr
  • Verbot, ausgeliehene Berufsspieler an Drittvereine weiterzuverleihen
  • Beschränkungen der Zahl der Leihgaben

Beschränkungen der Leihen im Detail

Besonders einschneidend sind die künftigen Beschränkungen bei der Anzahl der Leihen. So darf ein Verein zu einem beliebigen Zeitpunkt während einer Spielzeit höchstens drei Berufsspieler an einen bestimmten Verein bzw. von einem bestimmten Verein ausleihen. Darüber hinaus ist überhaupt die Gesamtzahl der Leihgaben pro Spielzeit für jeden Verein begrenzt, wobei folgende Übergangsfristen gelten:

  • Vom 1.7.2022 bis zum 30.6.2023 darf ein Verein höchstens acht Berufsspieler an bzw. von anderen Vereinen ausleihen
  • Vom 1.7.2023 bis zum 30.6.2024 dürfen es sieben Berufsspieler sein
  • Ab dem 1.7.2024 gilt eine Obergrenze von sechs Berufsspielern

Es gibt allerdings Ausnahmen: Spieler unter 21 Jahren sind von den Beschränkungen genauso nicht betroffen wie die bei einem Verein ausgebildeten Spieler.

Anpassung des nationalen Normengefüges

Die neuen Regeln treten ab 1.7.2022 für internationale Leihen – also Leihen zwischen Klubs unterschiedlicher Nationalverbände – in Kraft. Allerdings müssen diese Neuerungen auch binnen drei Jahren von jedem Fifa-Mitgliedsverband in die nationalen Bestimmungen übernommen werden. Dann sind die strikteren Regelungen also nicht nur mehr auf internationale Leihen beschränkt, sondern finden auch Anwendung auf Leihgeschäfte innerhalb Österreichs.

Für Österreich bedeutet dies vor allem einen Anpassungsbedarf der Spielbetriebsrichtlinien der Österreichischen Bundesliga. Diese legen zwar bereits heute Obergrenzen für die Leihe von Spielern fest, sie sind aber doch liberaler als die neuen Regelungen der Fifa: Ein verleihender Klub darf derzeit pro Saison maximal zwei Spieler an einen Klub und maximal zehn Spieler an mehrere Klubs derselben Spielklasse verleihen. Ein ausleihender Klub darf pro Saison maximal zwei Spieler von einem Klub und maximal sechs Spieler von mehreren Klubs derselben Spielklasse ausleihen.

Derzeit besteht noch Interpretationsspielraum, ob nach Umsetzung der Reform ins nationale Verbandsrecht insgesamt (also national und international) nur sechs Leihen zulässig sein sollen oder ob sechs nationale plus sechs internationale Leihen zeitgleich möglich sein werden. Dem Regelungsziel der Fifa folgend, wird es sich wohl um eine Beschränkung auf insgesamt sechs Leihen handeln.

Ausblick

Die Reform wird vor allem für jene Vereine, die das Verleihen von Spielern zum Geschäftsmodell gemacht haben, einschneidende Konsequenzen haben. Auch in Österreich müssen sich Vereine darauf einstellen. Insbesondere Red Bull Salzburg hat eine größere Zahl an Spielern verliehen (wenn auch der Großteil unter die Ausnahmeregelung für die Spieler unter 21 Jahren fallen würde). Laut transfermarkt.at haben die Mozartstädter derzeit 14 Spieler an andere Vereine (davon sechs Spieler an das Kooperationsteam FC Liefering) verliehen.

Kritik an den neuen Regelungen kommt vor allem von der Gilde der Spielerberater. Das ist nur verständlich, greift eine Einschränkung der Spielerleihen doch in ihr Geschäft ein. Es verwundert daher nicht, dass die Berater bereits raffinierte Umgehungsstrategien austüfteln. Statt einer Leihe wird beispielsweise über einen Transfer mit Rückkaufsoptionen und anderen Umgehungskonzepten nachgedacht. Nicht auszuschließen ist auch, dass jemand den Weg zum EuGH suchen und mit dem "Schwert" der Arbeitnehmerfreizügigkeit gegen die Reform ins Feld ziehen wird.

Es wird daher auch abseits des grünen Rasens nicht langweilig. Für die Rechtsberater der Vereine heißt es, die Umsetzung der Fifa-Reform genau im Auge zu behalten, um sich im Regelungsdickicht des Transferwesens weiter zurechtzufinden und zu vermeiden, dass Leihen an juristischen "Fallen" scheitern. (Johannes Mitterecker, 3.5.2022)