Was im Ranking von Reporter ohne Grenzen ein Zufriedenstellend ist, ist in Wirklichkeit ein glattes Nicht genügend für die Regierung. Österreich rutscht in der Rangliste der Pressefreiheit von Platz 17 im Vorjahr auf Rang 31 von 180 Staaten ab. Das ist mehr als alarmierend, auch wenn die Journalistenorganisation betont, dass die Werte aufgrund einer geänderten Erhebungsmethode nur bedingt vergleichbar seien. Die Tendenz ist klar: Es geht bergab, und das hat viel, aber nicht nur, mit dem türkisen Medienverständnis der vergangenen Jahre zu tun. Die Inseraten- und Umfrageaffäre ist dabei nur ein Aspekt von vielen.

Wer unter Medienpolitik hauptsächlich Message-Control versteht, sieht in den Medien reine Erfüllungsgehilfen statt Kontrollore. Damit das Credo aufgeht, braucht es aber zwei Seiten. Um das zu akzeptieren, wird vor allem der Boulevard mit üppigen Regierungsinseraten bei Laune gehalten. Objektive Kriterien für die Vergabe, etwa die Koppelung an Qualitätsstandards, fehlen nach wie vor. Und die Grünen spielten zuletzt beim unwürdigen Schauspiel namens ORF-Wahl mit, als sie sich via Sideletter das Direktorium mit der ÖVP aufteilten.

Dass Regierungen nicht unbedingt großes Interesse daran haben, kritische Medien zu stärken, liegt auf der Hand. Jetzt ist aber Feuer am Dach. Von einer Reform der Presseförderung über Inseratentransparenz bis zu einem zeitgemäßen ORF-Gesetz mitsamt fälliger Gremienreform: Die Liste der Versäumnisse ist lange. Und während alle anderen EU-Länder ein Informationsfreiheitsgesetz verankert haben, zementiert in Österreich noch immer das Amtsgeheimnis den Unwillen zur Auskunftspflicht. Dazu kommen noch die Attacken auf Journalistinnen und Journalisten auf den Corona-Demos.

Bewegung in den medienpolitischen Stillstand könnte das Antikorruptionsvolksbegehren bringen. Jede Initiative zur Stärkung der Pressefreiheit ist willkommen. (Oliver Mark, 3.5.2022)