Windräder sind vor allem in den Bergen umstritten. Im Westen dreht sich deshalb noch immer kein einziges.

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Was als leichter Gegenwind beginnt, wächst sich in Sachen Windenergie meist rasch zu einem Proteststurm aus. So lässt sich auch die Großwetterlage der vergangenen Jahre in Oberösterreich beschreiben: An vielen Orten wurde der Kampf gegen Windräder mit Vehemenz geführt. Ehe auch nur ein Mast an einen geeigneten Platz – und von denen gibt es durchaus welche in Oberösterreich – gesetzt wurde, war meist Don Quijote in Gestalt einer protestlaunigen Bürgerbewegung schon zur Stelle.

Womit sich wohl auch die ausbaufähige Zwischenbilanz rund um die Windkraft erklären lässt: Aktuell gibt es in Oberösterreich nämlich nur 30 Windkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 47 Megawatt. Zum Vergleich: Niederösterreich verfügt über 735 Windkraftanlagen, im Burgenland drehen sich 437 Räder, in der Steiermark immerhin 104, in Wien neun und in Kärnten zwei Anlagen.

Artenvielfalt mit Blinklicht

Die größte und somit ertragreichste Anlage in Oberösterreich befindet sich im oberen Mühlviertel und trägt den durchaus klingenden Namen Sternwald. Neun Anlagen liefern dort aktuell windigen Strom. Anfänglich massive Proteste sind nach mehreren Ausbaustufen mittlerweile verstummt. Wohl auch weil ein Blick in den Sternwald zeigt, dass sich heute dort Elche, Wölfe, Luchse, seltene Fledermausarten sowie unzählige Vögel wohlfühlen und mit den rotierenden Nachbarn gut leben gelernt haben.

Auf politischer Seite findet jedenfalls aktuell ein durchaus spannender Umdenkprozess statt. Oberösterreichs Grünen-Chef Stefan Kaineder ist überzeugt, dass es künftig Windräder brauche, die man nicht länger als Störung des Landschaftsbildes betrachten dürfe, sondern als "Zeichen für Freiheit und Demokratie", weil sie "unabhängig von einem Despoten" machen würden. Konkret fordern die Grünen 100 Windräder mit einer Gesamtleistung von 500 Megawatt bis 2030 in Oberösterreich. "Ein Drittel der Haushalte könnte so mit Strom versorgt werden", ist Kaineder überzeugt.

Zudem könne ein Ausbau entsprechend rasch gehen, da es konkrete Pläne für Windparks oder deren Erweiterung gebe. Als Beispiel nennt der Grünen-Chef die Windparks Saurüssel und Sternstein, wo aber laut dem neuen Windkraftmasterplan keine weiteren Windräder möglich seien. "Aber es gilt, den Windmasterplan des Landes zu überdenken. Denn der ist ja eigentlich ein Windkraftverhinderungsplan geworden."

Grenzen der Machbarkeit

De facto zeigt ein Blick in den Masterplan aus dem Jahr 2017, wie eng die Windkraftgrenzen in Oberösterreich gesteckt sind. Vor allem in Zonen, in denen es genug Wind gäbe, trifft der Traum der Energiewende auf die harte Realität mit Landschaftsschutz, Naturschutz, geschlossenen Waldflächen, vorgeschriebenen Abstandsregeln zu Wohngebieten. Aber man müsse "komplett raus aus Öl und Gas, die fossilen Ketten endgültig sprengen". Derzeit arbeite Oberösterreich jedenfalls "nur mit der Nagelfeile" an diesem Vorhaben, kritisiert Kaineder.

In Salzburg kommt die Windkraft nicht so wirklich in die Gänge. Auch wenn das Land nun elf Vorrangzonen für Windparks in das räumliche Entwicklungsprogramm schreibt, für die öffentliches Interesse bestehe. Das Programm befindet sich noch in der Begutachtung. Das Ziel ist, bis 2030 zumindest 25 Windräder im Bundesland zu errichten. Doch noch immer dreht sich in Salzburg – ebenso wie in Tirol und Vorarlberg – kein einziges großes Windrad.

Alpenverein lehnt acht Standorte ab

Der Alpenverein lehnt acht der elf vom Land beschlossenen Vorrangzonen ab. Vor allem die Standorte in den Bergen sind ihm ein Dorn im Auge. Die Gründe reichen von der Beeinträchtigung des Landschaftsbilds über die Gefährdung von Natur und Tieren bis zu bestehenden Wander- und Skitourenrouten.

Für die elf Standorte könnten künftig die Verfahren ohne Änderung des Räumlichen Entwicklungskonzepts (REK) abgewickelt und so um ein bis drei Jahre abgekürzt werden. Zudem wurde im Vorfeld bereits eine strategische Umweltprüfung durchgeführt.

Das stieß auf Kritik von Naturschutzorganisationen und von Landesumweltanwältin Gishild Schaufler. Sie sah die Anforderungen für eine strategische Umweltprüfung (SUP) nicht erfüllt, da es eine artenschutzrechtliche Untersuchung brauche. "Doch die Daten fehlen oder sind öffentlich nicht zugänglich", sagt Schaufler. Darüber hinaus beanstandete Schaufler, dass sie sowie andere Umweltschutzorganisationen nicht in die Auswahl der Zonen eingebunden waren.

Gemeinden haben das letzte Wort

Vom zuständigem Raumordnungslandesrat Josef Schwaiger (ÖVP) heißt es, die Umweltschutzorganisationen würden in die SUP nicht geladen. Sie hätten dann bei der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ohnehin Parteienstellung. Der Entwurf sei dem Alpenverein, dem Naturschutzbund und Schaufler vorgestellt und auch die der SUP zugrundeliegenden Daten präsentiert worden.

Trotzdem haben künftig auch in den Vorrangzonen die Gemeinden das letzte Wort – und die haben in der Vergangenheit mehrere Projekte wegen Bürgerprotesten abgedreht. Etwa in Thomatal und St. Margarethen im Lungau, wo die Bürger gegen Vorsorgeflächen für Windräder stimmten. 2018 wurden dann erneut Windräder im Lungau geplant. Die acht Windräder, die im Skigebiet am Fanningberg entstehen sollten, scheiterten, obwohl die Standortgemeinde Weißpriach dafür war. Touristiker, Bürgerinitiativen und die Kronen Zeitung kampagnisierten gegen das Projekt, was die Entwickler aufgeben ließ.

Politische Rückendeckung

Ein Jahr später kam es im windreichen Lungau zur Abstimmung aller Bürgermeister, die sich mehrheitlich gegen Windräder aussprachen – mit einer Bedenkzeit von zehn Jahren. Der grüne Energielandesrat Heinrich Schellhorn bringt den Fanningberg wieder ins Spiel und möchte die Liste mit den Vorrangzonen darum erweitern: "Dort befindet sich ein Skigebiet, und es gibt auch schon einen Betreiber für Windräder an diesem Standort. Dieses Projekt hat meine volle Unterstützung", sagt Schellhorn. Auch Schwaiger kann sich eine Ausweitung prinzipiell vorstellen.

Auch beim aktuell einzigen konkreten Projekt auf dem Windsfeld ist die Gemeinde Flachau grundsätzlich mit an Bord. Auf 2000 Meter Seehöhe östlich der Nordeinfahrt des Tauerntunnels soll ein Windpark entstehen. Projektentwickler ist die Windsfeld GmbH, die Grundeigentümer und die Salzburg AG sind als Gesellschafter beteiligt. Der Salzburger Landesverband des Alpenvereins stemmt sich massiv gegen dieses Projekt. "Der Standort wird bereits vor der UVP stark kritisiert und ohne vorliegende genaue Projektunterlagen für nicht gut geheißen und eine Ausgleichsfähigkeit abgesprochen. Das finde ich sehr bedenklich und äußerst schade", sagt Raumordnungslandesrat Schwaiger. (Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, 3.5.2022)