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Auf der Baustelle am Pass Thurn im Salzburger Pinzgau sind die Arbeiten für die autarke Villensiedlung im Gange.

Foto: Johann Groder / Expa / picturedesk.com

In Kärnten entsteht eine Wohnsiedlung, die laut Angaben der Betreiber bei einem totalen Blackout einen Monat lang "überleben" kann. Sie ist unter anderem mit Notstromaggregaten und Tanks voller "Bundesheer-Diesel" ausgestattet.

Foto: Hofstellen GmbH

Es ist eines der österreichweit umstrittensten Tourismusprojekte: das Six-Senses-Resort am Pass Thurn in Mittersill auf rund 1200 Metern Höhe an der Grenze von Salzburg zu Tirol. Die geplanten Luxus-Chalets stehen seit drei Jahren im Zentrum der Öffentlichkeit und erfinden sich jetzt komplett neu.

Statt mit einem E-Porsche als Draufgabe wirbt die thailändische Luxus-Hotelgruppe nun mit Endzeitstimmung. Es entstehe eine "autarken Arche Noah, die den Fokus auf Unabhängigkeit und Sicherheit legt", heißt es auf der Website des Projekts. Wohl um die Dringlichkeit eines solchen Zweitwohnsitzes zu unterstreichen, sind auf der Homepage Bilder wie aus einem Weltuntergangsfilm zu sehen. Umweltverschmutzung, genmanipulierte Lebensmittel, soziale Isolation, Krieg, Blackout und Virus werden dort als Bedrohungen angeführt.

"The world is changing. Hieraus leitet sich das symbolträchtige Akronym TWIC ab", heißt es weiter. Das Resort trägt deshalb nun den Namen TwicGarden. Entstehen sollen 13 Villen und 37 Apartments mit Zweitwohnsitzwidmung sowie ein Hotel mit 3000 Quadratmeter Wellnessbereich. Damit dürfte ein Neuanfang des Kitzbühel-Alps-Projekt, das eigentlich in der Pinzgauer Gemeinde Hollersbach gebaut wird, geplant sein. Das mittlerweile negativ konnotierte Wort Chalet wird nicht weiter bedient.

Bisher lief es für den Betreiber nicht rund im Oberpinzgau. Alleine die Ankündigung der Luxus-Chalets neben der geschützen Moorlandschaft, dem Wasenmoos, hat zu massiven Protesten von Alpenverein und Naturschutzorganisationen geführt. Seit Anbeginn im Jahr 2019 wird das Vorhaben zudem von Demonstrationen von Bewohnern gegen den Ausverkauf der Heimat begleitet. Nach andauernden Negativschlagzeilen rund um den "geschenkten" E-Porsche wurde die Partnerschaft mit Porsche schließlich einvernehmlich beendet.

Baustelle in Betrieb

Während der Corona-Lockdowns standen die Bauarbeiten für die Chalets und Appartements unmittelbar neben einem großen Naturschutzgebiet, dem Wasenmoos, still. Gerüchte über fehlende Investoren und gar eine Absage des Projekts machten in den angrenzenden Gemeinden die Runde. Im August 2021 wurde dann der Neustart des Projekts per Pressekonferenz ausgerufen. Die Finanzierung von rund 180 Millionen Euro stehe, der Betreiber habe alle Genehmigungen, und die neue Baufirma Lindner könne loslegen. So sieht es derzeit auch auf der Baustelle aus: Die Bagger sind bereits aufgefahren und die Bauarbeiten voll angelaufen. Die Eröffnung des Resorts ist für Dezember 2024 geplant.

Autark und nachhaltig soll das Luxusdorf durch die Nutzung von Erdwärme und Solarenergie sein. Die Wasserversorgung kommt laut Website aus zwei Alpenquellen, zudem sind ein hauseigener Bio-Gemüse- und Kräutergarten sowie eine Hühnerhütte und ein wöchentlicher Bauernmarkt geplant.

Autolärm und Ölpipeline

Die Idylle-Versprechen der "autarken Arche Noah" auf dem Pass Thurn trügen angesichts der Gegebenheiten am Standort. Das erste fertige Bauwerk des Gesamtprojekts ist eine Lärmschutzgalerie, die vor dem Autolärm der viel befahrenen Landstraße zwischen dem Salzachtal und Kitzbühel schützen soll. Unter der Erde des "geschützten Refugiums", wie es im Werbeversprechen heißt, läuft außerdem mit der Transalpine Pipeline, eine der zentralen Erdölleitungen in Europa. Außerdem wird nur ein paar Hundert Meter neben dem "exklusiven Rückzugsort" auf einem Areal neben dem Hotel Breitmoos bereits das nächste Chaletdorf geplant.

Exklusivität wird trotzdem hergestellt. Denn die Villen und Appartements zwischen drei und 15 Millionen Euro können nicht einfach so gekauft werden. Da die Gemeinschaft auf nur 50 Einheiten begrenzt ist, gibt es ein Reservierungsverfahren. Interessierte Käufer müssen sich bewerben. Inklusive Fragebogen, der Eigentümerfamilien aus aller Welt selektieren soll, "die innerhalb Six Senses Kitzbühel Alps eine dynamische und einflussreiche Community für die Zukunft bilden", wie es im Bewerbungsprozess heißt. Menschen, die den Eingangskriterien entsprechen, erhalten dann eine Einladung für einen einstündigen Zoom-Call mit dem Geschäftsführer Michael Staininger.

Schutz vor Blackouts

Zwar keine Arche Noah mit ausgewählten Bewohnern, aber ebenso von einer gewissen Endzeitstimmung inspiriert, versucht in Kärnten Kurt Strasser von der niederösterreichischen Wohnbaufirma MC Hofstellen GmbH, eine Art krisenfeste Wohnanlage zu realisieren. Nahe Villach ist bereits ein entsprechendes Blackout-Wohnprojekt im Entstehen. "Ich habe in der Covid-Zeit beobachtet, wie sehr sich die Stimmung in der Bevölkerung durch diese Pandemie und jetzt auch den Ukraine-Krieg verändert hat. Da hat sich einiges gedreht. Man sucht wieder Sicherheit und will sich zurückziehen, ‚back to the base‘, und wenn möglich auch selbst versorgen", sagt Projektleiter Kurt Strasser im Gespräch mit dem STANDARD. Und er ist überzeugt, mit diesem autarken Wohnpark den Nerv der Zeit getroffen zu haben.

Jede Wohneinheit verfügt über einem eigenen Kamin, der den Wohnbereich erwärmen und auch einen Kochherd erhitzen kann. Spezielles Kaminholz werde bereitgestellt. "Das System ist so eingestellt, dass es extrem abgasreduziert ist", verspricht Strasser. Für die Elektrik, zum Betrieb des Kühlschranks, zur Beleuchtung oder Handyaufladen stehen Akkus und ein Notstromaggregat parat, gespeist mit "Bundesheerdiesel". "Der hält viel länger", sagt Strasser.

Photovoltaik und eigener Brunnen

Das auch mit Photovoltaik versorgte Wohnareal, ein alter Bauernhof, verfüge zudem über einen eigenen Trinkwasserbrunnen. Die ganze Anlage, sieben Wohnhäuser samt Badeteich, sei darauf ausgerichtet, zumindest einen Monat lang bei einem eventuellen totalen Blackout völlig autark zu funktionieren. Zudem verfügen die Erdgeschoßwohnungen über einen eigenen Garten mit Hochbeeten zum Anbau von Obst und Gemüse. Besitzerinnen und Besitzer von Wohneinheiten im ersten Stock können ein kleines Gartengrundstück zukaufen. Der Preis der Blackout-Wohnungen: zwischen 3600 und 4100 Euro pro Quadratmeter.

Strasser hat bereits ein zweites, etwas höher in den Bergen gelegenes Blackout-Projekt im Auge. "Wir wollen das Konzept um einen größeren Freizeitbereich rund um die Wohnanlage erweitern." Warum wird in Kärnten gebaut? "In den Tiroler Bergen wären die Projekte doppelt so teuer", sagt Strasser. (Stefanie Ruep, Walter Müller, 3.5.2022)