Über den Flughafen Klagenfurt ist ein Streit in der Regierung ausgebrochen. Die ÖVP will ihn zurückkaufen, die SPÖ ist dagegen.

Foto: Neumüller

Es ist eine vertrackte Sache, eine hochpolitische noch dazu, die sich zu einem veritablen Thema für den Landtagswahlkampf – in Kärnten wird Anfang 2023 gewählt – hochschaukeln könnte.

Es geht um den Flughafen Klagenfurt, einen Dauerbrenner in der Landespolitik. Der Regionalairport liegt im Abseits, kam nie in die Gänge, zumal er auch umgeben ist von starker Konkurrenz in unmittelbarer Nähe: Graz, Ljubljana, Venedig oder Maribor. In der Not holte sich das Land als Eigentümer des Flughafens – auch Klagenfurt ist minderheitsbeteiligt – 2018 den Kärntner Immobilienentwickler Franz Peter Orasch mit seiner Lilihill-Gruppe herein, der knapp 75 Prozent der Land-Stadt-Anteile übernahm und den Millionenaufbau eines multifunktionalen Flughafencenters versprach.

Es ging aber nicht viel weiter. Die Entwicklung des Airports blieb unter den Erwartungen. Die Passagierzahlen, die im Vertrag festgelegt wurden, wurden nicht erreicht.

Wahlkampfthema

Orasch argumentiert mit der Pandemie, die den Flugverkehr zeitweise zum Erliegen gebracht hatte. Im Land macht der zuständige Landesrat Martin Gruber (ÖVP) den Mehrheitseigentümer dafür verantwortlich und – als Koalitionspartner von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) –ordentlich Druck und im Hintergrund auch kein Hehl daraus, den Flughafen als Topthema im Wahlkampf hochzuziehen.

Gruber hatte argumentiert, weil Orasch die Passagierzahlen in den letzten Jahren nicht erreicht habe, werde das Land die Call-Option eines Rückkaufs des Flughafens ziehen. "Man muss sich erst einmal die Fakten anschauen, warum wir überhaupt über die Call-Option reden: In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres hatten wir am Kärnten Airport nur rund 6.000 Passagiere, im Jahr 2021 waren es insgesamt unter 30.000. In den letzten 30 Jahren unter öffentlicher Verwaltung wurden rund 200.000 bis 500.000 Passagiere pro Jahr verzeichnet. Vom Investor und Mehrheitseigentümer haben wir uns nach großen Ankündigungen Maßnahmen und Investitionen wie bei anderen Bundesländerflughäfen erwartet, um vorbereitet aus der Krise zu kommen. Passiert ist wenig bis nichts. Als Landesaufsicht muss ich hier klar die Interessen Kärntens schützen", hatte Gruber in einem STANDARD-Gespräch argumentiert.

Der Aufsichtsrat der Kärntner Beteiligungsverwaltung unter ÖVP-Vorsitz hat nun diesen von Gruber vorgegebenen Schritt eines Rückkaufs beschlossen.

Diese Wendung muss natürlich noch in der Landesregierung abgesegnet werden, da hat aber die SPÖ mit Peter Kaiser die Mehrheit. Kaiser warnt vor diesem "Call-Options"-Abenteuer, denn es seien auch rechtliche Auseinandersetzungen zu erwarten, die den gesamten Flughafen gefährden könnten. Er halte nichts davon, den Flughafen wieder vollständig ins Land zurückzuholen. "Was wäre denn die Folge? Mit Sicherheit ein langjähriger Rechtsstreit, der das Image des Flughafens, aber auch des Landes Kärnten und der Stadt Klagenfurt massiv beschädigen und auch potenzielle Investoren abschrecken würde", sagt Kaiser. Zudem bestehe die Gefahr, dass der Streit sogar die Fortführung des Flugbetriebs bedrohe und damit auch die Bewilligungen zum Thema werden könnten. Kaiser wirft Gruber zudem vor, bisher keinen Plan für "das Danach" vorgelegt zu haben.

Eigentümer will klagen

Es könnte rechtlich tatsächlich haarig werden. Auf STANDARD-Nachfrage bestätigt Orasch juristische Konsequenzen: "Dieser Versuch der Verstaatlichung des Flughafens ist völlig unverständlich. Immerhin waren wir im Jahr 2021 inmitten der Corona-Pandemie. Natürlich sind diese Vorgänge nicht gut für den Airport Klagenfurt. Lilihill muss und wird sich mit allen rechtlichen Mitteln gegen diese Verstaatlichung und Enteignung zur Wehr setzen."

Kasernen-Megaprojekt

Im Streit unterzugehen droht das Megaprojekt des Verteidigungsministeriums, das auf dem Flughafenareal eine Kaserne bauen möchte. Das Ministerium plant, auf einer für den Flughafenbetrieb nicht relevanten Fläche (zehn Hektar) eine Großkaserne (120 Millionen Euro) zu errichten, eine sogenannte "Sicherheitsinsel für Krisen und Katastrophenfälle". Auf dem Flughafengrundstück soll zudem ein ständiger Bundesheer-Hubschrauberstützpunkt – dem Vernehmen nach – auch für das Innenministerium eingerichtet werden. Es soll in Summe eine "ökologische Musterkaserne" werden, samt Photovoltaikanlage und "Green-Power-Speicher". Die Kaserne werde zudem als Forschungs- und Technologiestandort für die Entwicklung alternativer Energieformen und -speicher verwendet werden, heißt es. Eingerichtet werde auch ein Forschungszentrum für Drohnen. Diese Pläne hängen nun nach Ziehen der Call-Option womöglich wieder in der Luft. (Walter Müller, 3.5.2022)