Justizministerin Alma Zadić reformiert den Bestellungsprozess für Präsidentin und Vizepräsidenten am Obersten Gerichtshof.

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Es war ein außergewöhnlicher Vorgang: Im Jänner wandte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) an die Öffentlichkeit, um eine Reform seiner selbst zu fordern. Es wäre ein Gewinn für den Rechtsstaat, würde der Bestellung von Präsidentin und Vizepräsidenten die Bewertung der Kandidaten durch eine Personalkommission vorausgehen, argumentierte der OGH. Das sieht das Justizministerium auch so, wie DER STANDARD am Dienstag erfuhr: Dort plant man eine Reform des Bestellungsvorgangs.

Ein Personalsenat, dem Höchstrichter und Richter der Oberlandesgerichte angehören, soll künftig nach Anhörung der Bewerber einen Besetzungsvorschlag erarbeiten und dem Justizministerium übermitteln. Bislang bestellte das Ressort die Präsidentschaft am OGH direkt. Mit dieser Reform würden "letzte Lücken in den richterlichen Besetzungsverfahren geschlossen", sagt Justizministerin Alma Zadić (Grüne).

Dass die Pläne nun publik werden, ist kein Zufall: Am Mittwoch wird der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss OGH-Vizepräsidentin Eva Marek befragen – und deren Bestellung gilt als Anlassfall für die Reformbemühungen. So erhellt sich aus Chats, wie intensiv Marek für ihren Aufstieg innerhalb der Justiz lobbyierte. Die Nachrichten stammen aus dem Handy von Michael Kloibmüller, der bis 2018 Kabinettschef im Innenministerium war.

Anlassfall Marek

In den Chats geht es um Mareks Ambitionen, Chefin der Generalprokuratur zu werden. Als das im Jahr 2016 nicht klappte, beschwerte sie sich beim damaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter. Die Nachrichten implizierten, sie habe sich auf dessen Drängen 2014 für die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien beworben und sollte dann mit der Generalprokuratur belohnt werden – was Brandstetter im U-Ausschuss bestritten hat. Kurz vor dessen Abgang aus dem Ministerium Ende 2017 ernannte er Marek zur Vizepräsidentin des OGH, eine Woche nach Ablauf der Bewerbungsfrist.

"Warum Dr. Brandstetter seine Entscheidung so rasch getroffen hat, ist nicht bekannt", heißt es aus dem Justizressort. Der Antrag wurde allerdings nicht abgefertigt und von dessen Nachfolger Josef Moser neu unterschrieben. Im U-Ausschuss gab Brandstetter an, sich an diesen Vorgang rund um die "hektische" Zeit der Amtsübergabe nicht erinnern zu können, und strich Mareks Kompetenz hervor. (Fabian Schmid, Renate Graber, 3.5.2022)