Für viele ist es das große Angstfach: An 737 Schulstandorten in Österreich ging am Dienstag die Zentralmatura für Mathematik über die Bühne. Rund 46.000 Schülerinnen und Schüler stehen in diesen Tagen an AHS, BHS und im Zuge der Berufsreifeprüfung vor dem Abschluss ihrer Schullaufbahn. 1.000 von ihnen haben Mathematik als Maturagegenstand abgewählt – sie traten in diesem Fach nicht an.

Die restlichen rund 45.000 Kandidatinnen mussten im dritten Corona-Matura-Durchgang zur Prüfung nicht nur Stift und Taschenrechner, sondern auch einen aktuellen negativen Covid-Test mitbringen. Dafür durfte während des Tests auf die FFP2-Maske verzichtet werden. Wie 2020 und 2021 durften sie eine Stunde länger tüfteln.

Fach der Fünfer

Mathe ist eine der größten Hürden – auch wenn die Zahl der negativen Klausuren im vergangenen Jahr zurückgegangen ist. Damals schrieben nur 11,4 Prozent der AHS-Schülerinnen und neun Prozent der BHS-Maturanten ein Nicht Genügend. Zum Vergleich: 2020 waren es noch 21 beziehungsweise 14 Prozent. Am anderen Ende der Notenskala konnten 24 Prozent (AHS) beziehungsweise 14 Prozent (BHS) ein Sehr gut abstauben. Das waren ähnlich viele Glanzleistungen wie in den restlichen Maturafächern.

Eine Stunde mehr hatten Maturantinnen auch heuer – Corona-bedingt – wieder
für die Mathe-Aufgaben Zeit.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Zu tun hat das nicht nur mit der besseren Vorbereitung der Antretenden, sondern auch mit einer Reform der Mathematura, die vergangenes Jahr in Kraft getreten ist. Damals wurde der Punkteanteil des komplexeren Maturaparts verringert, Textaufgaben verständlicher gemacht sowie halbe Punkte und eine "Best-of-Wertung" bei manchen Fragen eingeführt – dann zählen von drei Antworten nur die besten beiden. Bei der mündlichen Mathematura wird es heuer Erleichterungen geben, an den AHS werden Stoffgebiete per Erlass gestrichen: Konfidenzintervalle, Normalapproximation und Differenzengleichungen kann man auslassen.

Heute, Mittwoch, haben die Maturantinnen übrigens Pause. Dann geht es weiter mit Deutsch und Englisch. Ende Mai steht – anders als in den vergangenen beiden Jahren – wieder die mündliche Matura an.

Erfahrungen bei der Mathematura

Esther Györi: "Ein bisschen frustriert" über die mündliche Matura

Während bei manchen der Stresspegel am Tag vor der Mathematura ins Unermessliche steigt, spricht Esther Györi von der Zwi-Perez-Chajes-Schule mit ruhiger Stimme ins Telefon. Wenn sie sich vor etwas fürchte, dann sei das schon Mathe, aber nicht wegen des Fachs per se; sondern weil es für sie der Startschuss für die Maturawoche sei. Vorbereitet fühlt sie sich: Die vergangenen Wochen habe sie hauptsächlich mit Freunden gelernt. Auch von den Lehrerinnen an der Schule habe sie Verständnis erhalten, dass die Corona-Zeit nicht die einfachste für die Schülerinnen war. Eine Nachtschicht wollte sie vor der Mathematura nicht mehr einlegen. Stattdessen wollte sie sich die Zeit nehmen, um sich mental darauf vorzubereiten, und "früh schlafen gehen".

Ob ihr das – einen Tag später – gelungen ist? "Ja tatsächlich", lacht Györi. Nun liegt die erste schriftliche Prüfung hinter ihr: Sie sei sehr erleichtert, dass es vorbei sei. Auch weil sie die vollen sechs Stunden ausgeschöpft hat: "Ich wollte unbedingt bis zur letzten Minute bleiben, für den Fall, dass mir noch was einfällt." In Summe habe sie aber ein "gutes Gefühl". Dass die mündliche Matura das erste Mal seit zwei Jahren wieder verpflichtend stattfindet, frustriert sie etwas. Im Jänner ging sie mit hunderten Schülerinnen dagegen auf die Straße.

Mati Randow: Erste Mathe-Aufgaben "erweckten keine Euphorie"

Knapp fünf Stunden hat Mati Randow für die Aufgaben gebraucht. "Ich bin so froh, endlich draußen zu sein", sagt er unmittelbar danach. Wobei er und seine Klassenkollegen gehangen sind? Bei Algebra, sagt Randow, "die ersten Aufgaben haben keine Euphorie erweckt". Generell kam ihm diese Mathematura deutlich schwieriger vor als die letztjährige, aber sein Gefühl sage ihm, dass es "in Ordnung" gewesen sei. Vorbereitet hat er sich mit Youtube-Videos. "Da wurden die Grundkompetenzen gut vermittelt", sagt Randow.

Spricht man ihn auf die Mündliche an, so kann er dieser immer noch wenig abgewinnen: "Um uns herum ist nichts normal, und trotzdem haben wir eine normale Matura", das passe einfach nicht zusammen, sagt der Schulsprecher der Rahlgasse. Immerhin hätten sie die Hälfte der Oberstufe in der Pandemie verbracht und Stoffgebiete nicht ausreichend vermittelt bekommen. Die zusätzlich gewährte Zeit bei der Schriftlichen oder die Stoffkürzung bei der Mündlichen um 30 Prozent gleichen das in Randows Augen nicht aus – zu Letzterem sind die Lehrer auch gar nicht verpflichtet. "Ich habe schon das Gefühl, dass uns die Lehrerinnen eine freiwillige Mündliche gewünscht hätten." Nun geht es aber für seine Klasse in den Burggarten: "Wir versuchen uns jetzt gegenseitig zu beruhigen."

Melissa Plunger: "Ich kenne niemanden, der nicht nervös ist"

Auch bei Melissa Plunger vom SacréCoeur-Gymnasium ist am Dienstagnachmittag der erste Druck abgefallen. Weil sie vor Prüfungen generell sehr nervös sei, lerne sie eben viel, um ihre Nervosität in die Schranken zu weisen. Allein mit dieser Emotion fühlt sie sich nicht: "Ich kenne wirklich niemanden, der nicht nervös ist", sagt Plunger.

Wie sie während der Matura damit umgegangen ist? "Ab dem Zeitpunkt, als ich in die Welt der Mathematik eingetaucht bin, war ich schon fokussierter." Es sei besser gelaufen als erwartet, "aber verschreien will ich nichts", lacht Melissa. Ihr Tipp an andere: tief durchatmen und negative Gedanken abdrehen. Geholfen hat ihr zudem die zusätzliche Stunde, die den Maturanten dieses Jahr zur Verfügung steht, "so konnte ich sogar alles zwei Mal durchgehen". Auch ihre Klassenkolleginnen hätten keine Zeitprobleme gehabt. Dass ihnen die Extrastunde überhaupt etwas gebracht habe, liege aber auch am Mathe-Lehrer, der "sich viel Mühe gegeben hat". Letztlich hänge es von den Lehrerinnen ab, ob der Stoff während Corona ausreichend vermittelt wurde – daher seien die Chancen auf eine positive Matura sehr unterschiedlich, sagt Plunger. Heute sei ihr jedenfalls ein Stein vom Herzen gefallen, mit Blick auf die nächsten Prüfungen "aber nicht so ein großer". (Elisa Tomaselli, Oona Kroisleitner, 3.5.2022)