OGH-Vizepräsidentin Eva Marek am Mittwoch bei ihrer Ankunft im U-Ausschuss. Ihre Bestellung gilt als Auslöser für eine Reform bei der Auswahl der Höchstrichterinnen und Richter.

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Es ist eine langjährige Forderung der Richterschaft, die nun in Erfüllung gehen soll: Wie berichtet plant das Justizministerium eine Reform des Bestellvorgangs für Richterinnen und Richter am Obersten Gerichtshof (OGH). Ein neuer Personalsenat soll demnach künftig die Eignung potenzieller Höchstrichter bewerten. Richterinnen und Richter zeigen sich daher mit der Ankündigung zufrieden.

"Letzte Lücke" wird geschlossen

Michael Schwanda, Präsident am Oberlandesgericht Graz, spricht von einem "wichtigen Schritt", auch für die Außenwirkung als unabhängige Justiz. Die Reform schließe nun die "letzte Lücke im System der Besetzungsvorschläge für richterliche Planstellen", sagt Schwanda. Denn dass bei der Bestellung von Höchstrichterinnen am OGH bislang kein unabhängiger Personalsenat Bewerber reihte, war eine jahrelange Ausnahme – für alle anderen Stellen ist dies auch jetzt schon vorgesehen. Schwanda zufolge hatte diese Ausnahme – die Bestellung nahm das Justizministerium direkt vor – rechtsheoretische bzw. historische Gründe.

Warum die Reform nun kommt, ist klar – warum sie just am Dienstag publik wurde, ebenfalls: Denn am Mittwoch befragten die Abgeordneten im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss OGH-Vizepräsidentin Eva Marek. Ihre Bestellung – der scheidende Justizminister Wolfgang Brandstetter, der Marek gut kannte, ernannte sie einst kurz vor seinem Abgang noch zur Vizepräsidentin – gilt als Anlass der geplanten Änderungen.

Griss: Geplante Regeln hätten Fall Marek verhindert

"Natürlich hat mich diese Bestellung damals absolut gewundert", erinnert sich Irmgard Griss, die von 2007 bis 2011 Präsidentin des Obersten Gerichtshofs war. Die ehemalige Neos-Politikerin bezeichnet die damalige Entscheidung für Marek als "mehr als erstaunlich", denn die sei allein schon aufgrund ihres für diese Position geringen Alters eigentlich keine geeignete Kandidatin gewesen. Eine Bestellung ins Präsidium des Obersten Gerichtshofs sei immer eine Art Auszeichnung für besonders verdiente Senatspräsidentinnen und Senatspräsidenten gewesen. "Und dann wird jemand vorgezogen, der nie Senatspräsidentin am Obersten Gerichtshof war", fasst sie zusammen. Griss ist überzeugt, dass die Regeln, die nun kommen sollen, einen Fall Marek verhindert hätten.

Natürlich könne es auch in Zukunft sein, dass Bewerber ausgewählt werden, die nicht die optimale Wahl seien. "Das kommt vor. Aber im Regelfall sind das dann trotzdem qualifizierte Leute", sagt Griss. Denn die Mitglieder des Personalsenats würden die Bewerber aus ihrer Arbeit ja bereits gut kennen und wissen, wie die Richterinnen und Richter arbeiten. Entscheidend ist für Griss, wie der Personalsenat in Zukunft genau zusammengesetzt werden soll.

Breitere Senate

Diesbezüglich lobt Katharina Lehmayer, Präsidentin des Oberlandesgerichts Wien, die Reformpläne: "Zukünftig machen die Besetzungsvorschläge für die Riachteramtsanwärter nicht mehr die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte alleine, sondern der Außensenat des Oberlandesgerichts." Ganz allgemein bezeichnet Lehmayer die geplante Reform als "sehr erfreulich" – auch weil die Regelung, die von den OLG-Präsidentinnen unterstützt werde, so rasch in einen Gesetzesentwurf Eingang gefunden habe. "Der Vorschlag passt ausgezeichnet zu unserem schon bestehenden und bewährten System der Besetzungsvorschläge der Personalsenate."

Luft nach oben im europäischen Vergleich

Luft nach oben gibt es natürlich trotzdem noch. In einer Mehrzahl europäischer Länder treffe beispielsweise nicht der Minister oder die Ministerin die Letztauswahl bei Bestellungen, sagt Griss. Stattdessen überwache dort der sogenannte Rat der Gerichtsbarkeit den Bestellvorgang. Die Mehrheit in diesem Rat stellten nicht Politiker, sondern Richterinnen. "So ein Rat würde in Österreich die Unabhängigkeit der Justiz natürlich wesentlich absichern." Die Forderung habe es immer wieder gegeben, nur habe die Politik Vorstöße in diese Richtung nie akzeptiert. Auch dass die zuständige Ministerin die Reihung, die der Personalsenat abgibt, nicht befolgen muss, gehört laut Griss reformiert. Es komme immer wieder vor, dass sich ein Minister nicht für die erstgereihte Person entscheide. "Aber der Personalsenat kennt sich ja aus." (Lara Hagen, 4.5.2022)