Jürgen Elsässer tritt am 23. Mai in Altlengbach und am 24. Mai in Pucking bei Linz auf. Weitere Auftritte sollen in Planung sein. Elsässer gilt als Populist der Neuen Rechten. In seinem "Compact"-Magazin schreibt unter anderen der Identitären-Chef Martin Sellner.

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"Ja zur Neutralität – Frieden mit Russland!", steht auf dem Flyer, der auf der Corona-Demonstration am 1. Mai in Wien verteilt wurde. Es ist eine Einladung zu Vorträgen des deutschen Publizisten Jürgen Elsässer, eines glühenden Verteidigers des russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Panzerpolitik. In seinem Compact-Magazin ist vieles zu finden, was auch von der russischen Propaganda verbreitet wird. Nach dem Überfall auf die Ukraine war dort zu lesen, die Aggression gehe "von der Nato unter Führung der USA" aus.

Hinter der Veranstaltung mit Elsässer steht die "Initiative Heimat und Umwelt", eine weit rechts stehende Gruppierung, die spöttisch als "Blut-und-Boden-Grüne" bezeichnet wird. Gemeinsam mit Elsässer sollen auch ein ehemaliger Universitätsprofessor und eine Anwältin bei den Veranstaltungen reden.

Heinz-Christian Strache im Gespräch mit Jürgen Elsässer bei einer Pegida- Veranstaltung in Dresden im Jahr 2021.
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Der 65-jährige Elsässer ist eine zentrale Figur der sogenannten Neuen Rechten. In dieser Szene ist er der Populist, der in seinem Magazin und bei Vorträgen Trends und Stimmungen aufgreift, diese aufheizt und in verständlicher Form aufbereitet. Aus seinen Kontakten zur deutschen AfD, zu Pegida, den Identitären und dem rechtsextremen Verein Ein Prozent macht er kein Hehl.

Tiefgründiges ist in seinem Compact-Magazin nicht zu finden, dafür Interviews mit dem ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache oder Beiträge des Identitären-Chefs Martin Sellner. Seit Jahren wird von Putin geschwärmt, der Russland zu einem Gegenpol zur "Dekadenz des Westens" gemacht habe, wie Elsässer schreibt. Sein Handwerk hat Elsässer in der Linken gelernt. Bevor er 2010 Compact gründete und eine politische Kehrtwende vollzog, schrieb er für die links angesiedelten Blätter Konkret, Junge Welt, Neues Deutschland und Freitag. Vor wenigen Tagen hat er ein Buch über sein Leben veröffentlicht.

Russische Fahnen bei der Corona-Demonstration am 1. Mai in Wien.
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Die von Elsässer verbreiteten Erzählungen über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine werden von dem überwiegenden Teil organisierter Rechtsextremisten im deutschen Sprachraum aufgegriffen. Auch seine Forderung nach der Aufhebung der Sanktionen. Sellner teilte derartige Beiträge auf Telegram. Die Erzählung, die Nato beziehungsweise die Ukraine wären (selbst) schuld am Überfall der russischen Armee, war auch auf der Corona-Demonstration am vergangenen Sonntag von Teilnehmenden zu hören. Dazu wurden russische Fahnen geschwenkt, und es war ein Plakat mit dem berüchtigten Z zu sehen – dem Buchstaben, der zum Symbol des Angriffskriegs geworden ist.

Z bei der Corona-Demonstration in Wien.

Es zahlt sich für Russland aus, seit Jahren enge Kontakte zu Europas Rechten zu unterhalten. Putin gilt im rechtsextremen Milieu schon seit Jahren als Identifikationsfigur, seine Politik und sein autoritäres Auftreten imponieren diesen Kreisen. "Wir wollen einen wie Putin", titelte die in Oberösterreich erscheinende rechtsextreme Zeitschrift Info Direkt bereits im Jahr 2015.

Nur wenige Rechtsextreme stehen auf der Seite der Ukraine. Dabei stechen militante Neonazis in Deutschland und Österreich hervor, die offen das neonazistische Asow-Regiment unterstützen, das im Osten der Ukraine gegen die russische Armee kämpft.

Bewunderer Putins

Die Bewunderung Putins ist im rechtsextremen Milieu seit einigen Jahren zu bemerken. Russische Propagandamedien sind schon länger ein Stichwortgeber, und Vertraute Putins treten bei Veranstaltungen auf. So besuchte der ehemalige Präsident der russischen Eisenbahn, Wladimir Jakunin, vor einigen Jahren eine Konferenz des Compact-Magazins. Elsässer war 2016 in Linz bei einer Veranstaltung, bei der auch der aktuelle FPÖ-Chef Herbert Kickl und der deutsche Publizist Manuel Ochsenreiter Reden hielten.

Frau mit schwarz-weiß-roter Reichs- und russischer Flagge bei der Corona-Demonstration am 1. Mai in Wien. Die deutsche Reichsflagge ist ein Symbol rechtsextremer Gruppen wie der sogenannten Reichsbürger.
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Ochsenreiter verstarb im vergangenen Jahr in seinem Exil in Moskau. Dorthin hatte er sich abgesetzt, weil deutsche und polnische Behörden gegen ihn ermittelten. Ihm wurde zur Last gelegt, Drahtzieher eines Brandanschlags in der Ukraine gewesen zu sein, den polnische Rechtsextreme ausgeführt hatten und der ukrainischen Neonazis in die Schuhe geschoben werden sollte.

Der "Philosoph hinter Putin"

Vor seiner Flucht nach Russland hat Ochsenreiter für die deutsche AfD gearbeitet, er schrieb für die Deutsche Militärzeitschrift und war für Kreml-Medien ein gern zitierter Stichwortgeber. Er verfügte auch über gute Drähte zu Alexander Dugin, dem ideologischen Großmeister der russischen Neuen Rechten. Dieser stieg von einer obskuren Randfigur zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der Sowjetunion in den Nullerjahren zum Stichwortgeber der jüngeren postsowjetischen Eliten auf. Die Taz bezeichnete ihn kürzlich als den "Philosophen hinter Putin".

"Das Ziel des vollendeten Eurasismus ist ein Europa von Lissabon bis Wladiwostok, ein großes eurasisches Kontinentalreich", sagt Dugin. Die Vormachtstellung fällt dabei der russischen Ethnie zu. Seine Vorstellungen sind durch antiliberales Denken, die Ablehnung des Westens, Traditionalismus, Nationalismus und Überlegenheitsfantasien geprägt. Das passt zu Putin, der den Überfall auf die Ukraine auch völkisch rechtfertigte und davon sprach, dass es in der Ukraine eigene russische "historische Gebiete" gebe.

Alexander Dugin im Jahr 2007 in Moskau, 2009 besuchte der den Ball deutschnationaler Burschenschaften in Wien. Er gilt als der "Philosoph hinter Putin".
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Kontakte unterhält Dugin auch nach Österreich. Im Jahr 2009 nahm er am Ball der deutschnationalen Burschenschaften in Wien teil, im Juni 2014 besuchte er eine Veranstaltung im noblen Palais Liechtenstein. Organisiert wurde dieses Treffen von dem russischen Oligarchen Konstantin Malofejew, dessen Privatvermögen auf rund zwei Milliarden US-Dollar geschätzt wird. Mit dabei war auch der damalige FPÖ-Chef Strache.

"Ich habe die allerbesten Beziehungen zur FPÖ"

Malofejew ist Chef des Moskauer Investmentfonds Marshall Capital. Er bezeichnet sich selbst als "orthodoxen Monarchisten". Er tritt gegen "Homosexuellenpropaganda", Gleichstellungspolitik und Schwangerschaftsabbrüche auf, in Interviews fordert er, Russland zum "Rechtsnachfolger des russischen Imperiums" zu erklären. Auch er kannte Ochsenreiter.

Im April wurde Malofejew von den USA angeklagt, da er gegen die gegen Russland verhängten Sanktionen nach dem Einmarsch in die Ukraine verstoßen haben soll. Er habe Russen finanziert, die den Separatismus auf der ukrainischen Halbinsel Krim unterstützten, teilte das US-Justizministerium mit. Nach der Besetzung der Krim belegte die Europäische Union Malofejew mit Sanktionen. "Ich habe die allerbesten Beziehungen zur FPÖ", sagte Malofejew 2016 in einem Interview. (Markus Sulzbacher, 6.5.2022)