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Im Sommer 2003 wurde der Kaufvertrag für 18 Eurofighter Typhoon unterschrieben, 17 Tage davor traf eine Briefkastenfirma eine Vereinbarung mit Hersteller EADS, die acht Millionen Euro einbrachte. Ob das Untreue war, wird nun vor Gericht verhandelt.

Foto: Reuters / Dominic Ebenbichler

Wien – Auf die beiden Angeklagten in einem Nebenstrang der Affäre um die Beschaffung von 18 Stück Eurofighter Typhoon durch die Republik trifft der Ausspruch "Sic transit gloria mundi" zweifelslos zu. Zumindest beim Erstangeklagten Doktor W. , der von 2003 bis 2009 insgesamt 7,99 Millionen Euro von Kampfjethersteller EADS erhalten hat, ist von Ruhm und Glanz wenig über – mittlerweile ist der 74-jährige Pensionist nach eigenen Angaben in Privatinsolvenz und lebt von 1.380 Euro Pension. Auch der zweite Angeklagte im Prozess um Untreue und falsche Beweisaussage, der 58 Jahre alte Herr Ö., macht derzeit keine großen finanziellen Sprünge, wie er dem Schöffengericht unter Vorsitz von Christian Böhm verrät: Er verdiene als Immobilienberater rund 1.000 Euro netto.

Was haben die beiden distinguierten Herrn für die acht Millionen Euro gemacht? Die Vertreterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beantwortet die Frage in ihrem Eröffnungsplädoyer aus ihrer Sicht: "Ich kann es Ihnen sagen: nichts", erklärt sie dem Senat. Die Angeklagten und ihre Verteidiger Johann Pauer und Heinz Wolfbauer widersprechen: Es habe sehr wohl Lobbying- und Beratungsleistungen gegeben, sagt Pauer.

Verteidiger sehen legitimes Erfolgshonorar

Und vergleicht die Sachlage mit einem Immobilienmakler: Der bekomme auch ein vom Verkaufspreis abhängiges Erfolgshonorar, egal, ob er nur einen oder 100 Besichtigungstermine organisieren müsse. Der Verteidiger ist aber ohnehin davon überzeugt, dass die ganze Angelegenheit längst verjährt sei und gar nicht verfolgt werden dürfe. Wolfbauer wiederum betont, es gebe keinen einzigen Beweis, dass Herr Ö., sein Mandant, mit der britischen Firma City Chambers Ltd., über die das Geld lief, irgendetwas zu tun habe. Er sei lediglich ein Angestellter des Erstangeklagten gewesen.

Die Angeklagten selbst sind weniger gesprächig. Sie bekennen sich lediglich nicht schuldig und machen im Übrigen vorerst von ihrem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Das bedeutet, dass auf den Vorsitzenden ein paar Lesestunden zukommen: Böhm gibt also die bisherigen Aussagen und Stellungnahmen der Angeklagten zum Besten.

Sondierung der Stimmungslage von Landeshauptmann Haider

W. argumentiert demnach, er sei im Jahr 2001 von EADS kontaktiert worden, um beim damaligen Landeshauptmann Jörg Haider zu lobbyieren. Der sei ursprünglich ein Eurofighter-Gegner gewesen. Der Erstangeklagte schrieb 2017, er sollte "Haiders Stimmungslage sondieren und vorsichtig auf die Vorzüge des Eurofighter Typhoon" hinweisen. Dabei habe er Erfolg gehabt, schließlich sei die Typenentscheidung 2002 gefallen, im Sommer 2003 sei der Kaufvertrag unterzeichnet worden, und er habe das versprochene Erfolgshonorar erhalten.

Beisitzer Georg Olschak versteht das nicht ganz. "Der Vertrag zwischen EADS und City Chambers wurde 17 Tage vor der Unterzeichnung des Eurofighters-Kaufvertrags geschlossen. Da stellt sich mir die Frage: 'Wo woar Ihr Leistung?' – Das ist ja wie wenn eine Fußballmannschaft sechs zu null führt und in der 89. Minute ein Erfolgshonorar aushandelt", zieht er einen sportlichen Vergleich. W. beruft sich auf sein Aussageverweigerungsrecht.

Gelaufen ist der 2003 geschlossene Beratervertrag bis 2009. Das Honorar sei pro ausgelieferten Jet gekommen, lautet eine Begründung. Außerdem sei er auch im Bereich Gegengeschäfte tätig gewesen, behauptete der Erstangeklagte. Vorsitzendem Böhm fällt aber auf, dass es in den bisherigen Aussagen W.s nur einen Bezug zu Gegengeschäften gab: eine Betriebsbesichtigung bei einem Bekannten, dessen Angebot später von einem deutschen Autobauer abgelehnt wurde.

Verbrannte Berichte

Die Einträge zu in einem Outlook-Kalender vermerkten angeblichen Meeting mit "Dr. Lüssel", "J. Laider" und "KH Lasser" stammten nicht von ihm, beteuerte der Erstangeklagte auch. Es habe solche Treffen auch in Bezug auf den Eurofighter nicht gegeben. Er habe aber mehr gemacht, als nur geredet, und für seinen Auftraggeber 20 bis 30 Berichte erstellt, deren Kopien allerdings leider bei einem Lagerbrand vernichtet worden seien.

Auch der Vorsitzende versucht sein Glück: "Auch mir stellt sich die Frage: Wenn Sie bis 2009 acht Millionen Euro bekommen haben, und jetzt sind Sie in Privatinsolvenz – wie geht sich das aus?", interessiert ihn. W. verweigert die Aussage.

Das Spiel wiederholt sich beim Zweitangeklagten Ö., bei diesem ist Böhm aber noch skeptischer. Ö.s völlige Ignoranz bezüglich City Chambers mag der Vorsitzende nicht recht glauben. Erstens gibt es von der Firma ausgestellte Rechnungen, die die Unterschrift des Zweitangeklagten tragen dürften. In einem Aktenvermerk einer deutschen Großbank ist auch festgehalten, dass Ö. dort sogar persönlich erschien, um im Name der City Chambers aktiv zu werden. Bei einer anderen Firma sei er zwar selbst Gesellschafter und Geschäftsführer gewesen, will aber über die übrigen Gesellschafter wieder nichts gewusst haben.

Und dann ist da noch ein offenbar ebenfalls vom Zweitangeklagten unterzeichnetes Schreiben, in dem wieder auf die Treffen mit "Dr. Lüssel" und "J. Laider" Bezug genommen wird. Hier hakt neuerlich Beisitzer Olschak nach: "Warum sind denn diese Namen so raffiniert verschlüsselt ...", er stoppt kurz, "... oder verlüsselt worden?", kann er sich nicht verkneifen. Antwort erhält er keine.

Das Verfahren wird am 18. Mai mit Zeugeneinvernahmen fortgesetzt. (Michael Möseneder, 4.5.2022)