Zwei Drittel der in Grundversorgung befindlichen Ukraine-Flüchtlinge sind bei privaten Helfern untergekommen – auf staatliche Gelder und Verbesserungen warten viele aber immer noch.

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Wien – Trotz einer Reihe von Verbesserungsankündigungen sind die Hürden für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Österreich nach wie vor hoch. 67.491 Menschen, vorwiegend Frauen und Kinder, wurden seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar bis dato behördlich erfasst, sagt Flüchtlingskoordinator Michael Takacs am Mittwoch.

In Grundversorgung, die der Staat hilfsbedürftigen Ausländerinnen gewährt, befinden sich rund 42.700 dieser Vertriebenen. Ihre sozialrechtliche Situation ist in wichtigen existenziellen Bereichen unsicher und ungeklärt.

Auszahlungspannen

Hinzu kommen Pannen, etwa bei der Auszahlung des Grundversorgungsgeldes: "Ich kam mit meiner Mutter und meinem zehnjährigen Sohn am 12. März in Österreich an. Bis dato haben wir keine Zahlungen bekommen", schreibt eine von der Flüchtlingsunterstützerin Tanja Maier auf Twitter zitierte Betroffene.

Woran liegt das? Ein dem STANDARD zugespieltes Protokoll der letzten Landesflüchtlingsreferentinnenkonferenz am 30. März lässt erkennen: Wichtige Entscheidungen, für die es das Okay des Bundes und aller Bundesländer bräuchte, stehen 70 Tage nach Kriegsbeginn weiter aus.

Tagsätze per Beschluss erhöht – aber nicht wirklich

Beim Flüchtlingsreferententreffen Ende März waren sich alle Anwesenden einig: Die Tagsätze für organisierte Quartiergeber und privat untergebrachte Flüchtlinge sind zu niedrig, um die grundlegenden Lebenshaltungskosten zu decken. Entsprechend problemlos ging denn auch der davor lang verschleppte Beschluss auf Tagsatzerhöhung durch. 25 statt bis dato 21 Euro für organisierte Quartiergeber, 60 Euro pro Monat mehr für privat Wohnende.

Allein, auch sechs Wochen später erhalten Quartiergeber, die bei zuständigen Bundeslandbehörden anfragen, die Auskunft: Von erhöhten Tagsätzen wisse man nichts. "Das Problem ist wohl, dass die Tagsatzerhöhung noch in jedem Bundesland einzeln beschlossen werden muss", erklärt sich das Lukas Gahleitner von der Asylkoordination. Für die Betroffenen sei das inakzeptabel, kommentiert die Neos-Asylsprecherin Stephanie Krisper. "Wenn Frauen mit Kindern letztlich wieder auf Spenden angewiesen sind, um sich Essen kaufen zu können, ist das beschämend", sagt sie.

Zuverdienstgrenze weiter viel zu niedrig

Wer in Grundversorgung lebt, darf höchstens 110 Euro pro Monat verdienen, andernfalls verliert er oder sie die Ansprüche. Beim Treffen der Flüchtlingsreferentinnen wurde diese Regelung einhellig als inakzeptabel für die im Unterschied zu Asylwerbern jobberechtigten Ukrainerinnen erkannt. Auf eine Erhöhung dieser Summe bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro einigte man sich trotzdem nicht. Die Kärntner Flüchtlingsreferentin sprach sich gegen den eingebrachten Vorschlag aus.

Hinter diesem Nein verbirgt sich ein grundlegendes Problem. Die vorgeschlagene Zuverdienstgrenzenerhöhung sollte für Ukraine-Flüchtlinge allein gelten, während etwa das Tagsatzplus allen Geflüchteten zukommt. Das mahnte die Kärntner Vertreterin auch in Sachen Zuverdienst ein.

Wie nun weiter? Für kommenden Dienstag ist das nächste Landesflüchtlingsreferentinnentreffen angesetzt. Dem Vernehmen nach sollen dort Kompromissvorschläge präsentiert werden, auch für den Zuverdienst. Wie sie aussehen, ist bis dato nicht bekannt, es heißt weiter warten.

(Keine) Sozialhilfe für Ukraine-Vertriebene

Der Vorstoß von ÖVP-Klubobmann August Wöginger kam unerwartet. Ukraine-Flüchtlinge sollten aus der Grundversorgung herausgenommen und ins Sozialhilfesystem überführt werden, sagte er vor eineinhalb Wochen. Damit hätten die Betroffenen Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung.

Zwei Tage später jedoch kam die ÖVP-interne Absage: Gegen die Sozialhilfelösung gebe es verfassungsrechtliche Bedenken, meinte ÖVP-Integrationssprecher Ernst Gödl.

Was heißt das genau? Beschlossen werden könnte die Sozialhilfeausweitung vom Bund, bezahlt jedoch werde sie von den Ländern – also brauche es eine Bund-Länder-Vereinbarung, sagt Gödl. Die müsse jetzt erst verhandelt werden. Für die Ukraine-Flüchtlinge bedeutet das: Geduld haben. (Irene Brickner, 5.5.2022)